Andree Wolff bei Bauernprotesten: Versorgungssicherheit gefährdet – Blanke Ignoranz von Politikern

Landwirt Wolff aus Ostfriesland ist von der deutschen Politik enttäuscht. Persönlich hat er sogar mit Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner gesprochen. Die Gespräche verliefen immer positiv, nur wenn die politischen Entscheidungen kommen, sei alles wieder hinfällig. Dabei ist er sicher: Wenn die Landwirtschaft in Deutschland auseinanderfällt, bricht ein richtig großer Wirtschaftsfaktor weg.
Von 18. Februar 2021

In Berlin fanden zwischen dem 25. Januar und dem 10. Februar eindrucksvolle Bauern-Demonstrationen gegen die Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes und die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungs-Verordnung statt. Täglich rollten hunderte Traktoren bei Eiseskälte und Schneetreiben durch die Straßen der Hauptstadt. Viele Landwirte werden noch bis Ende März die Stellung in Berlin halten, trotz des kalten Wetters.

Auch Landwirt Wolff aus Ostfriesland hat sich auf den Weg gemacht. Er ärgert sich, „Wir Bauern werden immer dargestellt, als wenn wir unsere Böden verseuchen wollen.“ Dabei bestehe ihr Betrieb seit Generationen. Die nächste Generation sei auch schon da. „Es ist überhaupt nicht das Ansinnen, dass wir irgendwie unsere Böden schlechter machen. Im Gegenteil, eher wollen wir die ja verbessern“, sagt er. Doch die Aussichten sind nicht rosig, neue Verordnungen machen den Bauern das Leben schwer. Manche Regelungen kommen einer Enteignung gleich.

Epoch Times sprach mit Andree Wolff, Landwirt aus Ostfriesland, und wird in weiteren Interviews und Berichten auf das Thema eingehen. Unser Interview fand am 10.2.2021, um 13 Uhr statt.

Epoch Times: Herr Wolff, die Epoch Times freut sich, Sie zu einem Interview hier vor dem Brandenburger Tor zu begrüßen. Seit wann sind Sie hier und weshalb? Haben Sie einen eigenen Landwirtschaftsbetrieb, den Sie hier vertreten?

Wolff: Na ja, wir haben zu Hause einen Betrieb mit Ackerbau und Schweinen. Und wir sind am 25. Januar angereist mit Schleppern aus Ostfriesland. Ja, gute 550 Kilometer, das ist schon eine ordentliche Strecke. –  ET: Wie lange braucht man dafür? –  Das kommt auf die Höchstgeschwindigkeit an. Unser Tross, so zwölfeinhalb Stunden in etwa.

ET: Und haben Sie noch Freunde mit, Kollegen, die Sie abwechseln?

Wolff: Ja, wir sind mit ein paar Berufskollegen zusammen hierhergefahren und sind dann zwischenzeitlich mal vier Tage zu Hause gewesen mit einem Mietwagen. Und weil wir ja alles Familienbetriebe sind, familiengeführte Höfe, muss man mal eben nach dem Rechten gucken.

Die anderen Familienmitglieder fangen jetzt die Arbeit auf. Aber irgendwo muss man dann doch mal nach dem Rechten schauen. Es gibt doch ein paar Sachen, die der Betriebsleiter machen muss. Und jetzt sind wir seit Samstag wieder da.

ET: Sie hatten auch Treffen mit Politikern hier in Berlin. Mögen Sie dazu etwas erzählen?

Wolff: Es gab ein paar Treffen mit Bundestagsabgeordneten aus den verschiedenen Wahlkreisen, zu denen Landwirte den Kontakt hergestellt hatten. Wir haben mit Gero Hocker gesprochen. Wir haben mit der Frau Klöckner gesprochen, bereits am zweiten Tag. Gestern haben wir noch mit der Staatssekretärin von der Frau Schulze aus dem Umweltministerium gesprochen, da haben schon ein paar Gespräche stattgefunden.

ET: Ich hab das Gefühl, Sie haben immer noch etwas auf dem Herzen, was Sie gern gesagt hätten.

Wolff: Ja, also da ist einiges. Die Gespräche verlaufen in der Regel immer so, dass sie unsere Situation verstehen. Aber wir finden es halt in den politischen Entscheidungen nicht wieder. Sie zeigen alle Verständnis. Und ja, es ist alles richtig. Nur wenn dann die politischen Entscheidungen so wie heute kommen, so wie jetzt aus dem Kabinett, dann ist das wieder alles hinfällig, hab ich dann das Gefühl.

ET: Können Sie mal etwas konkret sagen dazu, wo Sie das erlebt haben, dass das so anders wurde?

Wolff: Das beste Beispiel haben wir heute mit der Entscheidung zum Insektenschutz-Programm. Wir haben unseren Standpunkt erklärt und ich habe gestern nochmal in einem Interview gesagt, wir sind nicht gegen Insektenschutz, in keinster Weise. Wir leben mit Insekten. Das ist genauso ein Tierschutz. Umweltschutz, Tierschutz ist für uns essenziell wichtig.

Wir werden immer dargestellt, als wenn wir unsere Böden verseuchen wollen. Wir arbeiten in Generationen. Unser Betrieb besteht seit Generationen. Die nächste Generation ist auch schon da. Und das ist überhaupt nicht das Ansinnen, dass wir irgendwie unsere Böden schlechter machen. Im Gegenteil, eher wollen wir die ja verbessern.

Und jetzt mit dem Insektenschutz. Wir haben das schon mehrfach dargestellt, auch die anderen Problematiken mit den ganzen Verordnungen. Und trotzdem ist heute durchs Kabinett das Insektenschutz-Programm so beschlossen worden. Und das ist so ein Unding.

ET: Was ist daran für Sie so schlimm? Jetzt mal für Ihren Betrieb?

Wolff: Unser Grund war früher eine Moorgegend. Die ist dann Anfang des 19. Jahrhunderts abgetorft worden. Im Kraftwerk ist dann das Moor verheizt und Strom produziert worden. Danach wurden die Flächen kultiviert und müssen halt auch entwässert werden.

Das ist in vielen Regionen so. Gerade wenn man Richtung Küste guckt, wird viel entwässert. Und deswegen haben wir viele Gräben, die auch ein großes Einzugsgebiet haben. Und jetzt haben wir zehn Meter Randstreifen, die nicht mehr mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden dürfen.

ET: Heißt es Randstreifen um Ihre ganze Ackerfläche, rund um?

Wolff: Ja, zehn Meter breit komplett außen rum. Da dürfen wir nicht mehr spritzen und keine Pflanzen-Schutzmaßnahmen ausführen. Oder man schraubt das auf fünf Meter runter, darf das aber dann nicht mehr bewirtschaften. Und das ist in meinen Augen eine kalte Enteignung. Da wird einfach eine Verordnung oder ein Gesetz übergestülpt.

Man könnte hier auf Freiwilligkeit gehen. Wenn jemand das gern will, dann kann man einen finanziellen Anreiz dafür schaffen. Das kann er dann freiwillig machen. Das ist ja alles gut. Aber uns wird immer alles von oben aufgedrückt, und das funktioniert nicht mehr. Die Erzeugerpreise sind seit 30, 40 Jahren gleich geblieben und unsere Kosten explodieren. Sie können nicht weiter so drücken. Wir können nicht mehr produzieren, das geht nicht mehr.

ET: Was können Sie dann machen?

Wolff: Auch das ist eine gute Frage. Weiß ich nicht. Ich sage mal, im vor- und nachgelagerten Bereich der Landwirtschaft kann ich sicherlich wohl irgendwo einen Job kriegen. Nur, wenn die Landwirtschaft hier auseinanderfällt und die Betriebe wegbrechen, dann bricht auch noch der vor- und nachgelagerte Bereich weg.

Und das ist vielleicht nochmal ganz wichtig zu sagen: Der vor- und nachgelagerte Bereich des landwirtschaftlichen Sektors beinhaltet pro landwirtschaftlicher Betrieb etwa zehn Arbeitsplätze. Also da bricht ein richtig großer Wirtschaftsfaktor weg. In Niedersachsen der zweitgrößte, im Cloppenburger Land der größte Wirtschaftszweig mit Abstand.

ET: Dabei wird immer so getan, als trüge die Landwirtschaft gar nichts zum Volksvermögen bei.

Wolff: Mein Opa hat früher schon immer gesagt: Hat der Bauer Geld, hat‘s die ganze Welt. Und das ist auch so. Wir sind die Produktion. Jeder braucht uns dreimal am Tag. Wir haben von Urzeiten her immer gesehen, dass wir das Volk satt kriegen. Die Versorgungssicherheit wird jetzt gefährdet. Die Fläche ist das Kapital und die haben wir jetzt. Dadurch sind wir irgendwo immer greifbar. Und auch jetzt mit den Gesetzen kommen wir schnell mal dran.

Wenn die uns kaputt machen, dann bricht das weg. Wir sind zwar nur 250.000 Betriebe, hinzu kommt aber der vor- und nachgelagerte Bereich, und das wird immer verkannt. Dann heißt es, wir Bauern machen nur zwei Prozent der Wählerstimmen aus, zum Beispiel. Das ist nur eine kleine Bevölkerungsgruppe. Aber die Leute vergessen einfach alle diesen vor- und nachgelagerten Bereich. Die Anwesenden kommen hier nicht alle aus Berlin. Aber auf dem Land herrscht Dorfleben. Das lebt von den Bauern, das ist einfach so.

ET: Das war immer so.

Wolff: Ja natürlich. Das ist schon von je her so. Ich sage mal, dadurch sind die ländlichen Strukturen ja auch aufgebaut worden. Und dazu zählt eben auch Wirtschaftlichkeit. Auch die Infrastruktur ist damit aufgebaut worden.

ET: Sind Sie jetzt mit anderen hier besser in Verbindung gekommen als vorher? Sie waren ja lange hier. Also mit Kollegen von Ihnen.

Wolff: Man hat viele Leute kennengelernt, die man vielleicht vorher nur mal per WhatsApp kontaktiert oder telefoniert hat. Der Punkt ist, wir sind ja schon seit fast eineinhalb Jahren noch auf der Straße. Viele Leute kennt man auch schon. Es sind bekannte Gesichter, oder die, die man immer wieder auf Demonstrationen trifft. Wir haben auch viele neue gute Leute kennengelernt und konnten da viele Kontakte schließen.

ET: Da kann ich Ihnen nur Glück wünschen, dass Ihre Anliegen doch gehört werden, und es Kompromisse gibt. Man muss ja nicht immer nur Erfolge haben.

Wolff: Ja, ein Kompromiss, ist ja alles schön und gut. Und dieser Kompromiss sollte dann auch mit uns ausgearbeitet werden. Man muss immer ganz klar sagen: Wir haben hier das Gespräch gesucht. Wir haben tagelang vor dem Umweltministerium gestanden und haben das Gespräch gesucht, auch mit der Frau Schulze oder halt mit Herrn Flasbarth, der hier viele Sachen ausarbeitet. Nur uns wurde ja die blanke Ignoranz entgegengebracht.

Sie haben einmal mit dem Polizeiführer gesprochen und uns mitteilen lassen, dass sie nicht für ein Gespräch bereit sind. Aber wenn man einen Kompromiss finden will, wie man etwas lösen kann, dann muss man miteinander reden.

Das Interview führte Renate Lilge-Stodieck



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