Ampelregierung: Kabinett Olaf Scholz steht fest
Die Pläne für das neue Bundeskabinett stehen fest: Als letzte der drei Ampel-Parteien nominierte die SPD am Montag die von ihr gestellten Ministerinnen und Minister.
Der künftige Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat außerdem eine Schlüsselposition im Kanzleramt besetzt: Jörg Kukies soll sein Wirtschaftsberater und Leiter der Abteilung Finanz- und Wirtschaftspolitik werden. Das berichtet das „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf Koalitionskreise. Bisher war Kukies als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium für Finanzmarkt- und Europapolitik zuständig.
Kukies folgt damit im Kanzleramt auf Lars-Hendrik Röller, der unter Angela Merkel (CDU) zehn Jahre lang die Wirtschaftsabteilung leitete und auch der Sherpa der Kanzlerin für die G7- und G20-Gipfel war. Vor Röller hatte der scheidende Bundesbank-Präsident Jens Weidmann den Posten inne.
Der Leiter der Finanz- und Wirtschaftsabteilung hat viel Einfluss im Kanzleramt. Er berät den Bundeskanzler bei Fragen der internationalen Wirtschaftspolitik und hält den Kontakt zu den Chefs der deutschen Konzerne.
Kukies gilt mittlerweile als einer der engsten Berater von Scholz. Der Wirtschaftswissenschaftler war zunächst auch als Nachfolger von Weidmann als Bundesbank-Präsident im Gespräch, aber bereits vor einigen Tagen hieß es aus Koalitionskreisen, dass Kukies mit Scholz in das Kanzleramt wechseln werde. Er sei für den künftigen Kanzler unentbehrlich.
Alle nominierten Minister im Überblick:
Es galt lange als ungewiss, ob ihn der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in sein Kabinett holen wird. Nun ist es offiziell: Karl Lauterbach wird Bundesgesundheitsminister.
Die Gewerkschaft Verdi forderte Lauterbach auf, möglichst rasch das im Koalitionsvertrag vorgesehene „bedarfsgerechte Pflegepersonalbemessungsinstrument“ auf den Weg zu bringen. Dadurch sollen die Arbeitsbedingungen für die Pflegerinnen und Pfleger verbessert werden.
„Schon vor Corona war die Lage aufgrund der viel zu dünnen Personaldecke mehr als angespannt. Die Pandemie hat die Lage nochmal verschärft; inzwischen brennt die Hütte und die Nerven liegen blank“, erklärte dazu Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler. Eine Kehrtwende in der Krankenhauspflege sei „überfällig“.
Die 51-jährige Nancy Faeser, eine bundesweit bislang kaum bekannte SPD-Landespolitikerin aus Hessen, soll als erste Frau an die Spitze des Bundesinnenministeriums treten. Faeser leitet damit eines der größten und wichtigsten Bundesministerien, dessen Aufgabenbereich von der inneren Sicherheit über Integration und Bevölkerungsschutz bis hin zur Sportförderung reicht – eine Mammutaufgabe.
Die Juristin legte im Jahr 2000 ihr zweites Staatsexamen ab und arbeitete seither neben ihrem Mandat als Rechtsanwältin. In die SPD eingetreten war sie schon mit 18 Jahren.
In der hessischen Landespolitik zeigte Faeser bislang als Oppositionsführerin in der aktuellen Legislaturperiode durchaus ein gesteigertes Interesse an der Innenpolitik – dies allerdings vor allem als scharfe Kritikerin. Intensiv arbeitete sie sich immer wieder am hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) ab, dessen Rücktritt Faeser schon wiederholt – erfolglos – forderte.
Die SPD-Vorsitzende Klara Geywitz übernimmt das Bundesbauministerium. Die 45-jährige Politologin muss damit auch ein neues Ministerium aufbauen, denn bisher gehört der Bereich zum Bundesinnenministerium.
Bezahlbares Wohnen ist ein großes Thema, gerade für die SPD, das die Potsdamerin nun angehen muss. „Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen“, heißt es im Ampel-Koalitionsvertrag.
Einer größeren Öffentlichkeit war Geywitz im Jahr 2019 bekannt geworden, als sie gemeinsam mit Olaf Scholz für den SPD-Parteivorsitz kandidierte – letztlich erfolglos.
Die 45-Jährige gewann dreimal hintereinander das Direktmandat in Potsdam und war von 2004 bis 2019 Mitglied des Brandenburger Landtags. In diese Zeit fällt auch ihr Amt als Brandenburger Generalsekretärin von 2013 bis 2017.
Christine Lambrecht übernimmt das Verteidigungsressort. Es ist das zweite Mal, dass die Nominierung der Juristin für ein Ministeramt für Überraschung sorgt. Im Sommer 2019 suchte die SPD händeringend nach einer Nachfolge für Justizministerin Katarina Barley, die ins EU-Parlament wechselte.
Letztlich fiel die Wahl auf Lambrecht, damals Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium. Nun überrascht Lambrecht erneut: Eigentlich wollte sie nach der Bundestagswahl die Bundespolitik verlassen. Stattdessen arbeitet sie sich dort in einen völlig neuen Zuständigkeitsbereich ein und muss die Probleme der Bundeswehr anpacken.
Die gebürtige Mannheimerin saß seit 1998 im Bundestag. Sie befasste sich dort vor allem mit Rechtspolitik, war zudem ab 2013 bis zu ihrem Wechsel ins Finanzministerium 2018 parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion. Nach dem Rücktritt von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) im Mai 2021 übernahm Lambrecht deren Haus zusätzlich zum Justizressort.
Der 49-Jährige Arbeits- und Sozialminister gehört zu den wenigen, dessen Zugehörigkeit mit gleicher Funktion auch zur neuen Ampel-Regierung nie ernsthaft infrage gestellt wurde.
Ein Eckpunkt seiner Arbeit in der vergangenen Legislaturperiode war die umgesetzte Einführung der Grundrente.
Ansonsten wurde vor allem die zweite Hälfte der bisherigen Amtszeit Heils, der auch stellvertretender SPD-Chef ist, stark durch die Corona-Pandemie geprägt. Als Krisenmanager organisierte Heil die Ausweitung und dann die wiederholte Verlängerung der Pandemie-Regelungen zur Kurzarbeit, kämpfte für Homeoffice und bessere Pflege-Tarife. Kommende Aufgaben dürften nun die Anhebung des Mindestlohns und die Stabilisierung des Rentenniveaus sein. Vor seiner Tätigkeit als Minister war Heil SPD-Generalsekretär und Fraktionsvize im Bundestag.
Wolfgang Schmidt gilt als Olaf Scholz’ wichtigster Vertrauter, Stratege und Strippenzieher. Wie erwartet wird nun der Hamburger Chef des Kanzleramts.
Er studierte Jura in der Weltstadt an der Elbe, arbeitete zwischenzeitlich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg und absolvierte sein Referendariat am Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg.
Im Jahr 2002 holte ihn Scholz, gerade zum Generalsekretär der SPD gewählt, nach Berlin und machte ihn zu seinem persönlichen Referenten. Wenig später wurde Schmidt sein Büroleiter.
Seitdem sind die Wege der beiden eng verschlungen. Als Scholz nach Berlin wechselte, folgte ihm Schmidt ins Bundesministerium für Arbeit und Soziales und wurde dort 2010 Direktor der Vertretung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Deutschland.
Koalitionsvertrag wird am Dienstag unterschrieben
FDP und Grüne hatten ihr Personal schon vorher präsentiert. Die Ministerposten der Grünen gehen an Robert Habeck (Wirtschaft und Klimaschutz), Annalena Baerbock (Auswärtiges), Cem Özdemir (Landwirtschaft), Anne Spiegel (Familie) und Steffi Lemke (Umwelt). Für die FDP kommen Christian Lindner (Finanzen), Marco Buschmann (Justiz), Volker Wissing (Verkehr) und Bettina Stark-Watzinger (Bildung und Forschung) ins Kabinett.
Nachdem SPD, Grüne und FDP den ausgehandelten Koalitionsvertrag gebilligt haben, soll das Dokument am Dienstag um 9 Uhr in Berlin unterschrieben werden. Für die SPD unterschreiben Olaf Scholz, Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans, Rolf Mützenich und Lars Klingbeil. Für die Grünen unterschreiben Robert Habeck, Annalena Baerbock, Michael Kellner, Katrin Göring-Eckardt und auch Anton Hofreiter – der selbst bei der Vergabe der Ministerposten leer ausgegangen war.
Für die FDP setzen Christian Lindner, Marco Buschmann und Volker Wissing ihre Unterschrift unter den Vertrag. Am Mittwoch soll dann der Bundestag Olaf Scholz als Bundeskanzler wählen, unmittelbar danach werden die Minister ernannt. (afp/dts/dpa/nw/dl)
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