Ampel hofft auf Signal in Meseberg – AfD bei Wahlkreisprognose weiter im Aufwind
Noch bis Mittwoch, 30. August, wollen die Ampelparteien bei der Regierungsklausur in Meseberg ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Schlechte Umfragewerte und öffentlich ausgetragene Konflikte hatten zuletzt sogar Spekulationen über ein vorzeitiges Ende der Koalition ausgelöst. Nutznießer möglicher vorgezogener Wahlen wäre jedoch vor allem die AfD. Das Institut Wahlkreisprognose sieht sie bei bundesweit 22 Prozent und 57 Direktmandaten – darunter sogar bis zu acht in Westdeutschland.
Selbst Verbotsbefürworter würden aus Protest die AfD wählen
Sogar die persönlichen Popularitätswerte der Spitzenpolitiker der Ampel sind katastrophal. Olaf Scholz kommt auf eine Zustimmung von 32 Prozent – und liegt damit hinter AfD-Politikerin Alice Weidel (38 Prozent) und Parteigründerin in spe Sahra Wagenknecht (36 Prozent).
Annalena Baerbock (33 Prozent) und Christian Lindner (31 Prozent) sind mittlerweile ebenfalls deutlich von der Gruppe der Politiker mit der höchsten Zustimmung entfernt. Mit 27 Prozent liegt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sogar nur noch einen Punkt vor AfD-Rechtsaußen Björn Höcke.
Mehr Zustimmung als Ablehnung können derzeit nur noch drei Politiker verbuchen. Es handelt sich dabei um Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (52 zu 25), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (47 zu 31) und – knapp mit 42 zu 40 Prozent – CSU-Chef Markus Söder.
Insgesamt gaben 41 Prozent der Befragten an, die Bundespolitik als ausschlaggebend für ihre Wahlentscheidung zu betrachten. Zudem erklärten 25 Prozent die „Unzufriedenheit mit anderen Parteien“ zu ihrer Hauptmotivation. Neun Prozent der deklarierten AfD-Wähler sind sogar so schmerzfrei, dass sie die Partei wählen würden, obwohl sie gleichzeitig ein Verbotsverfahren gegen diese begrüßten.
Einigung zur Kindergrundsicherung im Vorfeld von Meseberg
Mit einem Kompromiss zur Kindergrundsicherung hat die Ampel in der Nacht auf Montag eine mögliche Koalitionskrise abgewendet. Bundesfamilienministerin Lisa Paus hatte zuletzt das von Bundesfinanzminister Christian Lindner angestrebte Wachstumschancengesetz blockiert. Auf diese Weise wollte sie verbindliche Finanzierungszusagen für die Kindergrundsicherung erzwingen.
Für Paus war es möglicherweise ein Pyrrhussieg. Im ersten Jahr sollen, wie das „Handelsblatt“ berichtet, vorerst 2,4 Milliarden Euro für das Vorhaben zur Verfügung stehen. Die Kindergrundsicherung soll bisherige Einzelleistungen bündeln – und Familien erreichen, die ihre Ansprüche zum Teil noch gar nicht kennen. Dafür soll es sogar eine einheitliche Plattform geben.
Im Vorfeld war die Rede von einem Entwurf, der bis zu 3,5 Milliarden Euro im Jahr vorsehe. Paus hatte ursprünglich jedoch erklärt, für die Finanzierung der Kindergrundsicherung bis zu 12 Milliarden Euro zu benötigen. Immerhin steht die vom Bundesfinanzministerium vorgebrachte Forderung, die Kindergrundsicherung auf 12 Monate zu begrenzen, nicht mehr zur Debatte.
Kosten könnten in den kommenden Jahren explodieren
Bei der Zusage kalkuliert das Bundesfinanzministerium offenbar ein, dass nach wie vor nicht alle berechtigten Familien Leistungen aus der Kindergrundsicherung beantragen werden. Das „Handelsblatt“ hat nachgerechnet und schreibt:
Würden 2028 nur zehn Prozent mehr der berechtigten Familien die Leistungen beantragen und bekommen, schlüge das mit rund sechs Milliarden Euro zu Buche.“
Lindner hatte seine Zurückhaltung bei der Finanzierung der Kindergrundsicherung auch damit begründet, dass in der laufenden Legislaturperiode bereits das Kindergeld erhöht worden sei. Zudem habe man den Kinderzuschlag eingeführt. Dies habe bereits sieben Milliarden Euro Kosten verursacht.
Der Bundesfinanzminister kann nun wiederum auf Zustimmung zu seinem Wachstumschancengesetz hoffen. Dieses soll die Wirtschaft durch Steuererleichterungen für Unternehmen stützen. Zur Finanzierung sei ein Aufwand von etwa sechs Milliarden Euro erforderlich. Dazu soll es auch um den Abbau von Bürokratie gehen.
Welche Rolle wird der Industriestrompreis in Meseberg spielen?
Ungewiss ist, ob es in Meseberg auch Gespräche über den von SPD und Grünen geforderten Industriestrompreis gehen wird. Die FDP lehnt ebenso wie Ökonomen einen solchen subventionierten Strompreis für energieintensive Unternehmen ab. Sogar Bundeskanzler Scholz gilt als Skeptiker hinsichtlich eines solchen Projekts – selbst für den Fall einer zeitlichen Befristung.
Unter anderem die Stahlproduktion in Deutschland befindet sich aufgrund der hohen Strompreise in der Krise. Auch wenn die EU-Kommission jüngst Subventionen für Umrüstung von Betrieben auf „grünen Stahl“ gebilligt hat: Die Strompreise werden auch die Produktion von „grünem Stahl“ teuer halten. Star-Ökonom Daniel Stelter rechnet mit einem weiteren Abwandern von Industrieunternehmen.
In Deutschland würden Hersteller von grünem Stahl nur dann bleiben, wenn sie auf die Subventionen angewiesen seien, so Stelter. Wer auch ohne die Subventionen auf dem Markt überlebensfähig sei, gehe dorthin, wo die Energiepreise von sich aus günstig seien.
Am Mittwoch wollen Bundeskanzler Scholz, Vizekanzler Habeck und Finanzminister Lindner um 11:30 Uhr vor die Presse treten. Dabei wollen sie die Ergebnisse der Klausur präsentieren – und möglicherweise auch über den künftigen Umgang innerhalb der Koalition sprechen.
Jamaika und Schwarz-Grün mit weniger Zustimmung als Koalitionen unter AfD-Einschluss
In der Umfrage von Wahlkreisprognose erklärten nur noch 21 Prozent der Befragten, eine Ampelkoalition zu befürworten. Das sind ebenso viele, wie sich für eine Bahamas-Koalition aus Union, FDP und AfD aussprechen – und zwei Prozent weniger als Befürworter von Schwarz-Blau. Immerhin wäre die Ablehnung beim Bahamas-Modell noch deutlich höher als bei einer erneuten Ampel.
Unbeliebter wären nur noch ein Jamaika-Bündnis und Schwarz-Grün. Dafür sprachen sich lediglich 19 beziehungsweise 16 Prozent der Befragten aus. Auffällig ist, dass sämtliche Koalitionsmodelle, die zur Auswahl standen, auf deutlich mehr Gegner als Befürworter stießen.
Mit 34 Prozent hätte eine Rückkehr zur Großen Koalition der Jahre 2006 bis 2009 und 2013 bis 2021 die verhältnismäßig größte Zustimmung. Dahinter rangieren die – aufgrund der Zahlen unrealistische – schwarz-gelbe Option (28 Prozent) und die Deutschland-Koalition (27).
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