Ampel beschließt Verschärfung des Abschieberechts – Widerstand aus eigenen Reihen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, um die Abschiebungspraxis in Deutschland zu verschärfen. Dieser Entwurf wurde heute im Bundeskabinett beschlossen. Zuvor hatte schon Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem Interview Abschiebung im großen Stil gefordert. Diese Pläne dürften nicht leicht umzusetzen sein. Widerstand droht der Ampel vor allem aus den eigenen Reihen.
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser möchte Ausreisepflichtige zukünftig schneller abschieben.Foto: Michele Tantussi/AFP via Getty Images
Von 25. Oktober 2023

Hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Thema irreguläre Migration zur Chefsache gemacht? In einem Interview im „Spiegel“ vom vergangenen Freitag hatte Scholz sich für eine schnelle und konsequente Abschiebung in Deutschland ausgesprochen. Im Interview hatte der Bundeskanzler gesagt: „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben. Wer keine Bleibeperspektive in Deutschland hat, weil er sich nicht auf Schutzgründe berufen kann, muss zurückgehen.“

80 Prozent der Ausreisepflichtigen können nicht abgeschoben werden

Derzeit sind laut dem Ausländerzentralregister 279.000 Menschen ausreisepflichtig, etwa 50 Prozent von ihnen sind abgelehnte Asylbewerber. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu Abschiebungen und Ausreisen im ersten Halbjahr 2023 hervor. Wie es weiter heißt, können rund 80 Prozent dieser Menschen nicht abgeschoben werden. Sie werden „geduldet“. Stand Juni 2023 waren fehlende Reisedokumente der häufigste Grund für „Duldungen“. Das geht ebenfalls aus einer Kleinen Anfrage der Linken hervor. Die Ausländerbehörden gehen allerdings laut Antwort der Bundesregierung nur bei etwa neun Prozent der Menschen davon aus, dass diese ihre Abschiebung aktiv verhindern möchten.

Dass die Bundesregierung in Zukunft verstärkt abschieben möchte, ist nicht neu. Schon im Februar hatte Olaf Scholz im Bundestag angekündigt: „Wer hier kein Bleiberecht erhält, der muss Deutschland auch wieder verlassen.“

Im Sommer stellte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erste Ideen vor, wie eine Rückführung effektiver durchgeführt werden könnte. Vor zwei Wochen dann der erste Gesetzentwurf der SPD. Heute hat das Bundeskabinett diesen Gesetzentwurf beschlossen.

Faeser: Menschen ohne Bleiberecht müssen schneller unser Land verlassen

Zukünftig ist vorgesehen, dass die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams von derzeit 10 auf 28 Tage zu verlängern. Weiter soll die Polizei mehr Befugnisse erhalten. Zudem sollen auch Schleuser schneller ausgewiesen werden können.

Außerdem sollen Polizisten in Gemeinschaftsunterkünften auch in Räumen von Mitbewohnern nach Ausreisepflichtigen suchen dürfen. Und schließlich sollen Abschiebungen zuvor Geduldeter nicht mehr vorher angekündigt werden, außer bei Familien mit Kindern unter zwölf Jahren. Die Ministerin erhofft sich davon einen Rückgang irregulärer Migration.

„Mit dem Gesetzentwurf sorgen wir dafür, dass Menschen ohne Bleiberecht schneller unser Land verlassen müssen. So stärken wir den gesellschaftlichen Rückhalt für die Aufnahme der geflüchteten Menschen in Deutschland“, sagte Faeser auf der Pressekonferenz im Anschluss an die heutige Kabinettssitzung. Um das Grundrecht auf Asyl zu schützen, müsse man die irreguläre Migration deutlich begrenzen.

 

Der heute von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf muss nun den Bundestag passieren. Dabei dürften Scholz und Faeser es vor allem schwer mit den Kritikern in den eigenen Ampelreihen haben. Diese liefen sich schon am Wochenende, kurz nachdem das Interview mit Scholz veröffentlicht wurde, warm. So sagte die grüne Innenpolitikerin Filiz Polat im Hinblick auf den Gesetzentwurf: „Aus unserer Sicht sind das massive Eingriffe in die Grundrechte. Das Abschieberecht soll verschärft werden – meiner Wahrnehmung nach unverhältnismäßig und zu gravierend.“

Jusos werfen Scholz vor, sich aus dem „Vokabular des rechten Mobs“ zu bedienen

Aber auch im linken Parteiflügel der SPD rumort es. Der Co-Vorsitzende der linken Parteigruppierung „Forum DL21“, Sebastian Roloff, etwa sagte dem „Tagesspiegel“: „Maßnahmen, die vor allem staatliche Härte zeigen sollen, die Situation aber nicht konkret verbessern, helfen nicht weiter.“ Stattdessen müsse man sich „jetzt politisch auf die Entlastung von Kommunen und schnellere Verfahren konzentrieren“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete.

Auch von der SPD-Jugend kam massive Kritik am Vorstoß von Scholz und Faeser. Auf dem offiziellen X-Account (früher Twitter) der Jusos kann man lesen, Scholz bediene sich „direkt aus dem Vokabular des rechten Mobs“. „Was dabei komplett verloren geht? Dass Sozialdemokratie Politik mit humanitären Werten bedeutet. Genau diese braucht es jetzt im großen Stil“, twitterten die Jusos an die Adresse von Scholz.

 

Der Widerspruch von den Jusos ist für Scholz nicht zu unterschätzen. Der Nachwuchs ist ein Machtfaktor in der SPD-Bundestagsfraktion: 49 Bundestagsabgeordnete sind Mitglied der Jugendorganisation. Hat Scholz diese gegen sich, dann wird das Regieren zukünftig schwerer.

Kanzler bietet Union um Unterstützung

Auch Scholz selbst scheint mit Widerstand aus den eigenen Reihen zu rechnen. In einem Schreiben an CDU-Fraktionschef Friedrich Merz warb Scholz deshalb um Unterstützung der Union im Gesetzgebungsverfahren. Viele der Maßnahmen seien auch in dem Unionspapier vom 13. Oktober enthalten. Er unterstütze ausdrücklich Änderungen wie Geldkarten statt Barzahlungen oder vermehrte Sachleistungen für Asylantragsteller. In dem Papier hatte die Union von Scholz allerdings unter anderem auch ein „gemeinsames Verständnis“ verlangt, dass Deutschland eine Asylzuwanderung bis maximal 200.000 Personen pro Jahr vertrage. 2023 ist diese Zahl bereits jetzt überschritten. Im Schreiben an Merz äußert sich der Kanzler zu diesem Thema nicht.

Inzwischen hat laut „Tagesschau“ der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, auf das Schreiben reagiert. „Es ist Trippelschritt in die richtige Richtung“, so der Bundestagsabgeordnete.

Vor sechs Tagen hatte sich schon AfD-Fraktionschefin Alice Weidel auf einer Pressekonferenz zum Gesetzentwurf geäußert. Sie sprach mit Blick auf die Pläne der Bundesregierung von einer Kopie der Forderungen ihrer Partei: „Aus blanker Panik werden jetzt natürlich AfD-Forderungen übernommen.“



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