AfD-Politiker Höcke zu 16.900 Euro Geldstrafe verurteilt

Das Landgericht Halle hat den Thüringer AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke erneut zu einer Geldstrafe verurteilt. Höcke hatte vor Monaten bei einer Stammtischrede „Alles für“ gesagt und gestikuliert. Damit hatte er nach Auffassung des Gerichts seine Zuhörer animiert, eine verbotene SA-Parole zu vollenden.
Björn Höcke muss sich erneut wegen der Verwendung einer verbotenen Losung der Sturmabteilung (SA) verantworten.
Der thüringische AfD-Chef Björn Höcke (Archivfoto) musste sich in Halle (Sachsen-Anhalt) erneut wegen der Verwendung einer verbotenen Losung der SA verantworten – und unterlag am 1. Juli 2024 abermals.Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Von 1. Juli 2024

Der Thüringer AfD-Landessprecher und Spitzenkandidat Björn Höcke (52) hat auch seinen zweiten Prozess vor dem Landgericht Halle verloren. Landrichter Jan Stengel verurteilte den Politiker am 1. Juli 2024 wegen der Verbreitung von Propagandamitteln beziehungsweise von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation dazu, 130 Tagessätze à 130 Euro Strafe zu zahlen. Insgesamt soll Höcke also 16.900 Euro Strafe zahlen.

Das Urteil ist weiterhin nicht rechtskräftig. Nach Angaben der „Deutschen Presse-Agentur“ ist eine Revision möglich. Es ist damit zu rechnen, dass Höckes Verteidiger auch dieses Mal zur nächsten Instanz gehen werden.

Staatsanwalt wollte Bewährungsstrafe

Der Anklagevertreter Benedikt Bernzen hatte am Vormittag in seinem Schlussplädoyer nach Informationen der „Welt“ eine achtmonatige Freiheitsstrafe für den AfD-Landesfraktionsvorsitzenden gefordert, die allerdings auf 24 Monate Bewährung ausgesetzt werden sollte.

In dieser Zeit hätte Höcke nach dem Willen des Staatsanwalts laut „Bayerischem Rundfunk“ (BR) auch keine öffentlichen Ämter bekleiden dürfen. Unabhängig davon hätte Höcke 10.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen sollen – etwa an die KZ-Gedenkstätte Buchenwald.

Doch das Gericht hielt eine Bewährungsstrafe für „nicht angezeigt“. Höcke selbst hatte erklärt: „Ich bin unschuldig und bitte um Freispruch.“

Richter: „Grenzen des Sagbaren ausgetestet“

Das Gericht sah es nach Informationen des BR als erwiesen an, dass Höcke am 12. Dezember 2023 sein Publikum beim AfD-Stammtisch in Gera bewusst mit einer widersprüchlichen Armbewegung animieren wollte, die beiden Wörter „Alles für …“ durch das Aussprechen des Wortes „Deutschland“ zu ergänzen.

In einem Video des Auftritts, unter anderem auf YouTube zu sehen, habe Richter Stengel keine ablehnende Haltung des Beschuldigten, „sondern eher mimische Zustimmung“ erkannt. Damit habe Höcke „die Grenzen des Sagbaren ausgetestet“, so der Richter laut BR. Ob es sich bei „Alles für Deutschland“ um einen bekannten SA-Spruch handele, spiele dabei keine Rolle. Es genüge, dass die sogenannte Sturmabteilung eine verfassungswidrige Organisation war. Die SA war vor rund 100 Jahren als paramilitärische Kampforganisation der NSDAP gegründet worden.

Höcke hatte bereits am ersten Verhandlungstag mit einer Strafe gerechnet und die Justiz kritisiert: „Ich bin auch in diesem Sachverhalt völlig unschuldig. Ich weiß, dass ich verurteilt werde. Aber das fühlt sich für mich nicht gerecht an. Und das ist für mich dann auch kein Rechtsstaat mehr.“

Anträge der Verteidigung abgelehnt

Schon zum Auftakt des dritten, kurzfristig anberaumten Prozesstages hatte das Landgericht Halle nach Angaben des „Münchner Merkur“ sämtliche früheren Beweisanträge der beiden Höcke-Verteidiger abgelehnt. Nach Informationen des mdr war es dabei unter anderem um eine mögliche Befangenheit des Richters und die mediale Vorverurteilung Höckes gegangen, die nach Ansicht des Beklagten ein faires Verfahren verunmögliche.

Außerdem lehnte Richter Stengel es laut „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ ab, weitere Zeugen zu hören oder womöglich entlastende Fachliteratur oder Videos zur NS-Zeit zur Kenntnis zu nehmen. Auch auf den Schutz vor Strafverfolgung gemäß Artikel 55 Thüringer Landesverfassung könne sich der Beschuldigte nicht berufen, weil sein Auftritt in Gera keinen Bezug zu seiner Rolle als Parlamentarier gehabt habe, argumentierte das Gericht.

Anträgen der Gegenseite hatte Stengel stattgegeben, berichtete „Merkur“. Staatsanwalt Bernzen habe unter anderem ins Feld geführt, dass Höckes Auftritt über dessen X-Kanal viele Abonnenten erreicht habe. Überhaupt habe das Video in der Szene hohe Aufrufzahlen erzielt.

Revision gegen vorausgegangenes Urteil eingelegt

Der AfD-Politiker war in der besagten Szene auf ein schon damals anhängiges Ermittlungsverfahren zu sprechen gekommen: Er hatte am 29. Mai 2021 während einer Rede in Merseburg die Spruchfolge „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ eingebaut. Dafür wurde Höcke am 14. Mai 2024 von Jan Stengel zu einer Strafzahlung von 13.000 Euro verurteilt. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig: Höcke ließ Revision einlegen, Ausgang ungewiss.

Der ehemalige Geschichtslehrer hatte zuvor immer wieder betont, dass er den historischen Bezug bis zur Strafanzeige vom Herbst 2023 nicht gekannt habe. Höcke sei stets davon ausgegangen, dass er einen „Allerweltsspruch“ benutze. Landrichter Stengel hatte Höcke aber schon damals nicht glauben wollen: „Sie sind ein redegewandter, intelligenter Mann, der weiß, was er sagt“, so der Jurist.

Am Nachmittag des 26. Juni 2024 war der zweite Verhandlungstag überraschend ohne Urteil zu Ende gegangen. Richter Stengel hatte die kurzfristige Ansetzung eines dritten Prozesstages damit begründet, dass mehr Zeit nötig sei, um über die Antragsflut zu entscheiden.

Weiteres Verfahren in Mühlhausen anhängig

Björn Höcke wird sich demnächst einem weiteren Verfahren stellen müssen – dann vor dem Landgericht im thüringischen Mühlhausen. Hintergrund sind einige Sätze, die der Politiker im Jahr 2022 auf seinem Telegram-Kanal gepostet hatte.

Damals hatte er sich zu einem Messerangriff in Ludwigshafen geäußert, bei dem ein Somalier zwei Handwerker auf offener Straße getötet hatte. Gegen Höcke steht deswegen der Vorwurf der Volksverhetzung im Raum. Ein Termin für den Auftakt dieser Verhandlung steht noch nicht fest.

Landtagswahl am 1. September

In Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. Nach einer aktuellen INSA-Umfrage vom 26. Juni führt Björn Höckes Partei (29,0 Prozent) mit sieben Punkten Abstand vor der CDU: Mario Voigts Landesverband steht bei 21,0 Prozent. Da keine der nennenswerten übrigen Parteien ein Regierungsbündnis mit der AfD eingehen will, könnte es auf eine Koalition zwischen der CDU und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW, 20,0 Prozent) hinauslaufen.

Höcke hatte sich bereits mehrfach offen für eine Regierungspartnerschaft mit der CDU gezeigt. Sollte sich die CDU Thüringen aber für das BSW entscheiden, werde sie „als ehemals konservative Kraft in die politische Bedeutungslosigkeit verabschiedet werden“, so Höcke jüngst auf dem AfD-Bundesparteitag in Essen (Video auf YouTube).

Die AfD Thüringen wird wie die Landesverbände in Sachsen und Sachsen-Anhalt vom jeweiligen Landesverfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Auch Höcke selbst wird als „Rechtsextremist“ geführt.

Umfragen wie jene von INSA weisen immer eine gewisse Fehleranfälligkeit von bis zu plus/minus drei Prozent aus.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion