Aldi Nord geht voran: Einzelhandel vor kürzeren Öffnungszeiten

Ab 1. November wird Aldi Nord seine Filialen früher schließen, um Energie zu sparen. Kürzere Öffnungszeiten könnten im Einzelhandel generell bevorstehen.
Blick auf ein Firmen-Logo am «neuen ältesten Aldi Markt» in Essen.
Aldi Nord.Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Von 19. Oktober 2022

Die Energiekrise könnte in den kommenden Monaten zu einer Einschränkung der Öffnungszeiten im Einzelhandel führen. Der Großdiscounter Aldi Nord geht dabei voran und wird ab 1. November seine Filialen flächendeckend nur noch bis 20 Uhr öffnen. Dies teilte das Unternehmen auf Twitter mit. Die Regelung gelte „vorläufig“ für die Wintermonate. Als Grund für den Schritt gab Aldi Nord an, einen Beitrag zum Energiesparen leisten zu wollen.

Langfristig könnte das Berufsbild Einzelhandel attraktiver werden

Es ist wenig wahrscheinlich, dass der Konzern mit seiner Entscheidung allein bleibt. Führende Köpfe im Einzelhandel machen bereits seit mehreren Wochen eine mögliche Einschränkung der Öffnungszeiten zum Thema. Tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet hatte in der „Lebensmittel Zeitung“ bereits im September dafür geworben, kürzer zu öffnen.

Dies solle nicht nur helfen, in Zeiten explodierender Energiepreise Kosten zu senken. Die Maßnahme könne auch mehr potenzielle Mitarbeiter für den Einzelhandel begeistern:

Kurzfristig würde eine Reduzierung helfen, Energie zu sparen. Langfristig würde es das Berufsbild im Einzelhandel wieder attraktiver machen.“

Bis in die 1990er-Jahre hinein waren die Geschäftsöffnungszeiten in Deutschland bundesweit streng reguliert. Seit der Ära des Nationalsozialismus durften Geschäfte an Wochentagen nur bis 18:30 Uhr offen halten, an Samstagen bis 14 Uhr. In den 1960er- und 1980er-Jahren kamen Sonderregelungen für Adventssamstage und die Möglichkeit eines „langen Donnerstags“.

Seit 2006 regeln Länder den gesetzlichen Rahmen für Öffnungszeiten

In den Jahren 1996 und 2003 folgten weitere Liberalisierungsschritte. Während deren Befürworter auf andere Länder verwiesen und sich zusätzliche Umsätze und Arbeitsplätze versprachen, warnten Gewerkschaften vor einer Überlastung bestehenden Personals.

Im Zuge der Föderalismusreform 2006 wurde die Regelung der Geschäftsöffnungszeiten alleinige Kompetenz der Bundesländer. Die meisten von ihnen schufen Regelungen, die an Werktagen Öffnungszeiten bis 22 Uhr oder länger ermöglichten. Diese wollen mehrere Großunternehmen im Einzelhandel bis auf Weiteres nicht mehr nutzen.

Rewe schließt eine Einschränkung der Öffnungszeiten aus und will seine Kosten durch den Einsatz von LED-Beleuchtung oder alternativer Energiequellen drosseln. Beim genossenschaftlichen Verbund Edeka, wo die Kaufleute eigenständig entscheiden, denken jedoch viele von ihnen über längere Schließzeiten nach. Neben Energiesparerwägungen weisen Ladenbetreiber auch auf zunehmende Krankenstände hin. Bereits seit der Corona-Krise seien viele Mitarbeiter überlastet.

Hoher Krankenstand belastet den Einzelhandel

Der baden-württembergische Edeka-Unternehmer Dieter Hieber veranlasste für einige Wochen bereits eine Mittwochsschließung ab 13 Uhr. In einem Interview erklärte er:

Die Krankheitsausfälle sorgen dafür, dass diejenigen, die da sind, noch mehr zu tun haben. Viele Mitarbeiter sind an der Belastungsgrenze.“

Auch Kaufland und Lidl erwägen kürzere Öffnungszeiten, schreibt die „Heilbronner Stimme“. Wie Aldi Nord könnte auch in vielen Filialen dieser Ketten ein Ladenschluss um 20 Uhr bevorstehen. Dies sollen jedoch „die Kunden entscheiden, heißt es dort.

Aus mehreren Geschäften des Einzelhandels heißt es, dass spätestens ab 21 Uhr kein signifikanter Umsatzzuwachs zu verbuchen sei. Für Mitarbeiter würden kürzere Arbeitszeiten weniger Überstunden bedeuten. Im Gegenzug könnten sie jedoch weniger Zeitguthaben für Ausgleichstage oder Spätzuschläge ansammeln.

Kürzere Öffnungszeiten auch in Österreich im Gespräch

In Österreich sind ebenfalls eingeschränkte Öffnungszeiten im Einzelhandel mit Blick auf den bevorstehenden Winter im Gespräch. Unternehmen wie „Kastner & Öhler“ oder „IKEA“ haben ihre Geschäftszeiten bereits verkürzt. Auch dort begründen die Betreiber diesen Schritt mit den hohen Energiepreisen – aber auch mit Personalmangel.

Die Meinungsforscher von „Unique Research“ haben zudem Kunden über deren Position zu möglichen kürzeren Einkaufszeiten befragt. Dabei erklärten 30 Prozent, einen Geschäftsschluss am Samstagnachmittag für eine akzeptable Option zu halten. Für frühere Schließzeiten am Abend sprechen sich 23 Prozent aus. Weitere 15 Prozent würden ein späteres Öffnen begrüßen, neun Prozent den Montag als Ruhetag. Gar keine Änderung wünschen 17 Prozent.

Die Unternehmen im Einzelhandel erwägen neben eingeschränkten Öffnungszeiten noch weitere Maßnahmen zur Energieeinsparung. In Österreich haben demnach bereits drei Viertel aller Handelsunternehmen flächendeckend auf LED-Beleuchtung umgestellt. Auf Bewegungssensoren setzen 36 Prozent, 39 von hundert haben die Intensität ihrer Beleuchtung reduziert.
Die Raumtemperatur in den Verkaufsräumen wollen 74 Prozent der Einzelhändler senken. In den Büros soll es bei 63 Prozent nur noch maximal 19 Grad haben und 80 Prozent wollen ihre Lagertemperaturen auf 17 bis 18 Grad reduzieren.



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