AfD versus Verfassungsschutz: OVG Münster verlängert Berufungsfrist

Kürzlich erwirkte die AfD gerichtlich eine Stillhaltezusage gegen Thomas Haldenwang, Präsident des Verfassungsschutzes. Nun räumt das Oberverwaltungsgericht Münster der Partei mehr Zeit für ihr Berufungsschreiben ein. Es geht um die Frage, ob die Partei ein „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ ist.
Im aktuellen ARD-„Deutschlandtrend“ erzielt die AfD mit 21 Prozent einen neuen Höchstwert.
Im aktuellen ARD-„Deutschlandtrend“ erzielt die AfD mit 21 Prozent einen neuen Höchstwert.Foto: Carsten Koall/dpa
Von 13. August 2023

Die AfD wurde im aktuellen Verfassungsschutzbericht als Verdachtsfall bezeichnet. Nach einer Niederlage der Partei vor dem Kölner Verwaltungsgericht hat jetzt das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster eine wichtige Frist in dem Rechtsstreit verlängert – zugunsten der Partei.

In drei Berufungsverfahren hat die AfD nach Auskunft einer Gerichtssprecherin in Münster jetzt bis Ende September Zeit, sich zu dem im Juli 2023 eingegangenen Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu äußern, mit dem der Verfassungsschutz die Berufung durch die AfD abzuwenden (Berufungserwiderung) versucht.

Wann es dann zu einem konkreten Termin für eine mündliche Verhandlung kommt, könne derzeit weiterhin nicht mitgeteilt werden, teilte das Gericht auf Nachfrage hin mit. Die Gerichtsakten umfassen derzeit rund 10.000 Seiten und mehrere hundert Beiakten, die im Gebäude des OVG einen ganzen Raum füllen würden.

AfD sieht BfV als politisches Instrument

Dabei geht es um die Einstufung des sogenannten AfD-Flügels als Verdachtsfall und als gesichert extremistische Bestrebung (Az.: 5 A 1216/22) sowie die Einstufung der Jungen Alternative als Verdachtsfall (Az.: 5 A 1217/22) und der Einstufung der AfD als Verdachtsfall (Az.: 5 A 1218/22).

Zuvor wird sich das OVG nach eigener Auskunft mit dem am 11. Juli 2023 gestellten Antrag der AfD auf einstweiligen Rechtsschutz befassen (Az.: 5 B 757/22).

Hier geht es um den Verfassungsschutzbericht 2022. Das BfV soll bis zur Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet werden, es zu unterlassen, „die AfD als Verdachtsfall einzuordnen, zu beobachten, zu behandeln, zu prüfen oder zu führen und dies öffentlich bekannt zu geben, sowie es zu unterlassen, die AfD als gesichert extremistische Bewegung einzustufen und dies öffentlich bekannt zu geben.“

Die AfD hatte im Sommer 2022 gegen drei Urteile des Kölner Verwaltungsgerichts Berufung eingelegt, die im März 2022 zugunsten des Verfassungsschutzes ergangen waren. Darüber muss jetzt das OVG in Münster entscheiden.

Die Partei sieht in dem jetzigen Verfassungsschutz ein politisches Instrument, das genutzt würde, um die AfD als Oppositionskraft zu schwächen.

Im Ende Juni vorgestellten Jahresbericht des Verfassungsschutzes erhielt die AfD erstmals einen eigenen Abschnitt als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“. Begründet wurde die Beobachtung mit „zahlreichen ausländer- und muslimfeindlichen Positionen“, die man wahrgenommen hatte. Zudem betrieben, nach Ansicht der Bundesbehörde, Teile der AfD eine „Verächtlichmachung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland“.

AfD gegen Haldenwang vor Gericht erfolgreich

Daher ging die Partei vorletzte Woche auch erneut gegen Äußerungen des jetzigen Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang vor.

Er hatte vorletztes Wochenende behauptet – nachdem auf der AfD-Europawahlversammlung in Magdeburg die ersten 15 Europawahlkandidaten gewählt wurden – dass diese in ihren Vorstellungsreden „rechtsextremistische Verschwörungstheorien“ geäußert hätten, „wie beispielsweise die vom sogenannten großen Bevölkerungsaustausch“.

Die AfD verlangte daraufhin von Haldenwang und seiner Behörde, solche Äußerungen zu unterlassen. Weil er dies nach Angaben der Partei verweigerte, zog die AfD im Eilverfahren vor das Verwaltungsgericht, das der Partei in einer vorläufigen Entscheidung recht gab.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz verpflichtete sich daraufhin per einer an das Verwaltungsgericht Köln adressierten Stillhaltezusage, sich vorläufig nicht mehr über die Europawahlkandidaten zu äußern.

Sie galt bis Montag (8. August), also bis zum Ende der Europawahlversammlung der AfD in Magdeburg. Gewählt wurden 35 Kandidaten für die Europawahl 2024.

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AfD strebt bei Europawahl 20 Sitze an

Bei der Europawahl will die Partei 20 Sitzen erreichen, bislang ist sie mit neun Abgeordneten im Europaparlament vertreten.

Die AfD begründete ihr Vorgehen gegenüber Haldenwang damit, dass er mit seinen Äußerungen aus seinem Amt heraus in die Entscheidungsfindung der Delegierten der Europawahlversammlung eingreifen wolle. Seine Äußerung sei eine „pauschale Diffamierung gewählter Kandidaten“, schrieben die Co-Vorsitzenden der AfD, Tino Chrupalla und Alice Weidel, in einem gemeinsamen Statement.

„Die Entscheidung des Gerichtes bestätigt unsere Kritik, dass der Verfassungsschutz politisch arbeitet“, hieß es dazu aus dem Bundesvorstand.

Mehrfach erfolgreich gegen Verfassungsschutz

Bereits mehrfach ging die AfD erfolgreich juristisch gegen den Verfassungsschutz und Haldenwang vor. Im März 2022 entschied das Verwaltungsgericht Köln, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz den zu diesem Zeitpunkt bereits formal aufgelösten sogenannten AfD-Flügel nicht als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ bezeichnen darf.

Zudem wurde der Bundesbehörde gerichtlich untersagt, die Anhängerschaft des „Flügels“ um Björn Höcke mit „7.000 Mitgliedern“ zu beschreiben.

Dies war in den Augen der AfD eine zu hoch angesetzte Zahl. Allerdings entschied das Kölner Gericht, dass sowohl die Gesamt-AfD als auch ihre Jugendorganisation Junge Alternative durch den Geheimdienst beobachtet werden darf, wogegen die AfD nun vor dem Oberverwaltungsgericht Münster vorgeht.

Bereits im Oktober 2022 erwirkte die AfD gerichtlich, dass der hessische Verfassungsschutz die Oppositionspartei in Hessen bis zum Abschluss eines Eilverfahrens nicht mehr als Verdachtsfall führen darf.

(Mit Material von dpa)



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