AfD-Politiker zum Demokratie-Bundesprogramm: „Es muss Extremismusbekämpfung sein und kein Kampf gegen Rechts“
Die AfD-Fraktion sieht in dem Bundesprogramm „Demokratie Leben!“ die Gefahr, dass die Förderung sogenannter „Demokratie-Projekte“ seitens der Regierung quasi als Deckmantel genutzt werden, um ideologisch und parteipolitisch Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Auch die Bekämpfung „rechter“ Positionen soll dabei ein Ziel sein.
Dies würde ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot bedeutet, welchem die Regierung untersteht. Daraus ergibt sich für die AfD-Fraktion auch das Risiko, dass Parteien, die politisch anders ausgerichtet sind, benachteiligt würden. Daher richtete die Oppositionspartei eine Anfrage an die Bundesregierung, deren Antwort Epoch Times vorliegt.
Wir sprachen mit Dr. Roland Hartwig, einer der AfD-Bundespolitiker, welcher die Anfrage zur Demokratieförderung an die Bundesregierung stellte. Er ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Ältestenrat.
Hartwig: „Es muss immer um Extremismusbekämpfung gehen“
Epoch Times: Herr Hartwig, in Ihrer Anfrage hatten Sie einen konkreten Schwerpunkt. Eine Frage war, wie und in welcher Hinsicht auch Linksextremismus bei dem Bundesprogramm zur Extremismusprävention berücksichtigt wird. Was ist Ihnen dabei aufgefallen?
Dr. Roland Hartwig: Es scheint nicht allzu viele Projekte gegen den Linksextremismus zu geben, denn es gibt ja auch keinerlei Publikationen, die das irgendwie zusammenfassen – im Gegensatz zu Publikationen die es zur Bekämpfung des Rechtsextremismus gibt. Das kann man ganz klar feststellen. Projekte gegen Linksextremismus fehlen weitgehend, denn grundsätzlich würden unter diesem [Bundes-] Programm allen [Institutionen] im Kampf gegen Extremismus Mittel zustehen.
Unsere Hauptsorge, unser Hauptanliegen geht allerdings in die Richtung, dass Bundesmittel, die für den Kampf gegen Extremismus eingesetzt werden sollen, ganz allgemein auch für einen politischen gesellschaftlichen Kampf gegen Rechts genutzt werden, was unzulässig wäre. Denn der Staat hat sich grundsätzlich neutral zu verhalten.
Auch dürfen Mittel nicht an irgendwelche Teile der Gesellschaft gegeben werden, damit sie politisch gegen andere Teile der Gesellschaft agieren. Es muss also immer ganz klar um Extremismusbekämpfung gehen. Und da haben wir unsere Zweifel, was man ja auch sehr schön an der Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage zur Antonio-Amadeu-Stiftung sieht.
Diese Stiftung hat ja nun auch durchaus Projekte gegen „rechts“ und auch gegen die AfD ausgerufen [Broschüre: „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD“]. Die Bundesregierung sagt, dass sie solche Projekte nicht mit Bundesmitteln finanziert. Das mag so sein, zeigt aber, dass hier offensichtlich eine fließende Grenze im Rahmen der Projekte besteht: Zwischen dem Kampf gegen Extremismus und einem Kampf gegen Rechts. Der Staat darf hier keine Mittel der politischen Einflussnahme anwenden, sondern nur zur Verteidigung der Demokratie gegen Extremismus. Das werden wir weiter ausleuchten.
ET: Die Demokratieklausel wurde ja abgeschafft. In dem Begleitschreiben zu dem Antrag, also wenn man jetzt einen Antrag zur Finanzierung eines Projektes stellt, wird dort hingewiesen, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung eingehalten werden muss. Darüber hinaus würden Sie sich wünschen, dass aber zusätzlich auch politische und parteipolitische Neutralität [von den Projektanbietern] eingefordert wird.
Hartwig: Was das Thema „freiheitliche demokratische Grundordnung“ betrifft, haben wir ja auch an den Antworten der Bundesregierung gesehen, dass man hier noch keinen Überblick hat. Und zwar in welchem Umfang man, aufgrund von Prüfungen, Mittel unter Umständen zurückgefordert hat oder gar Projekte beendet hat. Das wird sich erst 2021 anhand eines Berichtes ergeben. Da werden wir sehr genau hinsehen. Neben diesem Thema Extremismus, ist eben das Gebot des Staates, sich parteipolitisch neutral zu verhalten, genauso wichtig. Und da gibt es keinerlei Hinweise im Begleitschreiben oder in den Zuwendungsbescheiden. Das heißt, es gibt keinerlei Vorgabe an die Projektträger, auch diese Neutralität zu wahren. Das ist sehr bedenklich und nährt unsere Zweifel, dass hier die Grenze zwischen Extremismusbekämpfung und Initiativen gegen „rechts“ nicht eingehalten wird.
ET: Was würden Sie der Bundesregierung aus Ihrer Sicht daher nahelegen?
Hartwig: Es gibt die Rechtssprechung, die das als unzulässig einstuft. Es gibt auch Bewertungen unserer wissenschaftlichen Dienste, die ganz klar sagen: „Das geht nicht, das darf der Staat nicht!“ Aber der Staat muss es eben auch umsetzen. Hier haben wir Anhaltspunkte dafür, dass dies relativ lasch – wenn überhaupt – geschieht. Da muss sich die Bundesregierung natürlich auch schon fragen lassen: Was tut sie denn, um dieses Neutralitätsgebot und demokratische Prinzipien auch bei diesen Projekten umzusetzen? Am Ende werden hier Steuermittel heraus gereicht – und das sind erhebliche Steuermittel – nämlich 115 Millionen Euro pro Jahr.
Die verantwortlichen Beamten, die das tun, müssen sich vergewissern, dass diese Steuermittel eben nur legal verwendet werden. Wenn sie das nicht tun, sind Vorwürfe, die in Richtung Untreue gehen, durchaus denkbar. Wie gesagt, wir werden nachsetzen. Aber die Bundesregierung muss zunächst einmal die Karten auf den Tisch legen, was sie tut, um diese parteipolitische Neutralität der demokratischen Grundordnung sicherzustellen.
ET: Die Regierung macht deutlich, dass es beim Bundesprogramm nicht direkt um Extremismusbekämpfung geht, sondern mehr um Prävention. Man schaut welche Projekte Innovationen beinhalten und was man dann langfristig auch im Schulbereich, im Bildungssystem nutzen kann. Wie sehen Sie das in Verbindung mit einer möglicherweise nicht vorhandenen Neutralität und der Verknüpfung solcher Projekte mit dem Bildungssystem?
Hartwig: Wir haben die Bundesregierung gefragt: „Welche Erfolge habt ihr denn feststellen können im Rahmen der Extremismusbekämpfung? Haben extreme Parteien weniger Mitglieder oder geringere Wahlergebnisse?“ Dazu schweigt man komplett und sagt: „Es ist gar nicht relevant. Relevant für den Erfolg der Projekte unter diesem Demokratie-Förderprogamm ist, dass man sie verstetigt – also weiter ausdehnt. Dass man noch mehr Adressaten erreicht, die man präventiv beeinflusst im Kampf gegen Rechtsextremismus.“
Das wäre ja soweit auch noch akzeptabel. Aber wo ist die Grenze zur Bekämpfung von „rechts“? Wenn ich in die Schulen hineingehe, wenn ich in die Bildungsstätten hineingehe und ganz klar gegen Extremismus kämpfe, ist das in Ordnung. Aber wenn ich über die Grenze gehe und dabei politisch gegen „rechts“ agiere, dann ist es nicht in Ordnung. Deshalb ist es auch sehr fraglich, ob diese Erfolgsparameter, [nämlich] die Verstetigung des Programmes […] das Erreichen weiterer Adressaten und die Entwicklung und Erprobung von innovativen Konzepten wirklich ausreicht, um eine solche jährliche Mittelausgabe von 115 Millionen Euro zu rechtfertigen.
Zu einem normalen breiten demokratischen Spektrum gehört eben auch eine rechte politische Bewegung, eine demokratische rechte politische Bewegung, zu der wir uns zählen. Es wäre ein krasser Missbrauch, sowohl der Bildungsaufträge, als auch der Steuermittel, wenn man Geld dafür ausgeben würde, um bestimmte politische Richtungen zu bekämpfen, vielleicht sogar schon in den Köpfen von Kindern.
ET: Danke für das Interview!
Deutschlandweit: Teilnahme von 300 Projekte in Städten, Gemeinden und Landkreisen
Das Bundesprogramm „Demokratie Leben!“, vom Familienministerium initiiert, fördert bei einem jährlichen Budget um die 115 Millionen Euro, Projekte die „Demokratie fördern“ und „Vielfalt entwickeln“ sollen. In erster Linie geht es dabei um Extremismusprävention im Bereich Rechtsextremismus, Antisemitismus und Islamismus.
Aktuell sind das 300 Projekte in Städten, Gemeinden und Landkreisen in ganz Deutschland. Das Bundesprogramm ist Teil des Strategiepapiers der Regierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung.
Im Interview spricht der AfD-Politiker Dr. Roland Hartwig mehrmals von „rechts“. Nach dem Interview erklärte er näher, was für ihn damit verbunden ist. Darin sieht er einen „normalen Bestandteil des demokratischen Spektrums“, der in erster Linie einer „konservativ geprägten Politik“ folge.
Konkret steht dieser Begriff für ihn für:
- die Bewahrung des Nationalstaats und seiner Gesellschaft als Interessen- und Solidargemeinschaft;
- übergeordnete Werte wie Freiheit, Leistungsbereitschaft, Selbstverantwortung, Solidarität, Sicherheit und Berechenbarkeit;
- die Bewahrung des traditionellen Familienbildes bei Akzeptanz anderer Lebensgemeinschaften;
- die konsequente Durchsetzung von Gesetz und Recht als Grundlagen der gesellschaftlichen Ordnung;
- die Verfolgung nationaler Interessen im globalen Zusammenspiel mit anderen Nationen als Voraussetzung für jeden fairen Interessenausgleich
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