Proteste gegen AfD-Parteitag: Polizei meldet mehrere Festnahmen
Begleitet von Protesten beginnt an diesem Samstag in Essen ein zweitägiger Parteitag der AfD. Rund 600 Delegierte sind zu dem Treffen in der weiträumig abgesperrten Essener Grugahalle eingeladen, um unter anderem einen neuen Bundesvorstand zu wählen. Das Führungsduo Alice Weidel und Tino Chrupalla strebt eine Wiederwahl an. Gegenkandidaten gab es bis zuletzt keine. Es wird auch um den missratenen Europa-Wahlkampf, den Umgang mit Spitzenkandidat Maximilian Krah und den Kurs der AfD in der Europa- und Außenpolitik gehen.
Bei einer Protestkundgebung gegen den Bundesparteitag der AfD hat die Polizei am Samstag mehrere Menschen festgenommen. Im Stadtteil Rüttenscheid im Zentrum der Stadt sei es zu „mehreren gewalttätigen Störaktionen“ gekommen, teilte die Polizei Essen mit. Demonstranten hätten sich teilweise vermummt und Einsatzkräfte angegriffen.
Die Protestkundgebungen hatten bereits am frühen Samstagmorgen begonnen. Die Gruppe Widersetzen will damit die Anreise von AfD-Delegierten verhindern. Das Bündnis Gemeinsam laut hat zudem zu einer Großdemonstration am Vormittag aufgerufen.
Zusammenstoß von Demonstranten und Polizei
Wenige Stunden vor Beginn des AfD-Bundesparteitags hat es am Samstagmorgen einen ersten Zusammenstoß von Demonstranten mit der Polizei gegeben. Eine größere Personengruppe habe gegen 5.45 Uhr versucht, eine Sperrstelle zu überwinden, berichtete eine Polizeisprecherin. Dies sei unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken verhindert worden. Ob es aufseiten der Demonstranten Verletzte gab, wurde zunächst nicht bekannt.
Zu Gegendemonstrationen und -veranstaltungen werden bis zu 100.000 Menschen aus ganz Deutschland und dem Ausland erwartet, darunter rund 1000 Linksextremisten. Die Polizei hat mehrere tausend Beamte im Einsatz. Um 10.00 Uhr soll am Hauptbahnhof eine Großdemonstration beginnen. Einen ersten friedlichen Protest mit Musik und rund 5000 Teilnehmern gab es bereits am Vorabend unter dem Motto „Bass gegen Hass“.
Zuvor hatte es Ankündigungen für Blockaden gegeben, um eine Anreise der AfD-Delegierten zum Parteitag zu verhindern. In der Szene gab es nach Angaben von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) auch sogenannte Aktionstrainings, in denen dies geübt wurde. Die Polizei hat allerdings klargemacht, dass sie eine Blockade nicht dulden würde und einen ungestörten Verlauf des Parteitags ermöglichen will.
Es bleibt wohl beim Chef-Duo
In der Grugahalle steht vor allem ein Thema im Mittelpunkt: die Neuwahl des AfD-Bundesvorstands. Alice Weidel und Tino Chrupalla hatten sich vor dem Treffen gegenseitig demonstrativ den Rücken gestärkt. Sie wollen nach zwei Jahren als Führungsduo weitermachen. Theoretisch könnte der Parteitag vor der eigentlichen Wahl zwar auch dafür stimmen, dass es nur noch einen Chef oder eine Chefin geben soll, das gilt in der aktuellen Situation aber als unwahrscheinlich. Eine solche Wechselstimmung war vor dem Delegiertentreffen nicht erkennbar.
Graben zwischen Krah-Fans und Gegnern
Ein Antrag sieht vor, Abgeordnete künftig parteiintern zu bestrafen, wenn sie ohne Absprache mit der Parteispitze ausländischen Medien Interviews geben, Auslandsreisen „mit politischem Bezug“ machen oder sich dort öffentlich mit Politikern treffen. Hintergrund sind wiederholte Russland-Reisen und Auftritte von AfD-Politikern auch in russischen Propaganda-Medien.
Mit dem Antrag sei aber auch AfD-Europaspitzenkandidat Maximilian Krah gemeint, hieß es seitens der Antragssteller. Krah hatte in einer italienischen Zeitung umstrittene Äußerungen zur nationalsozialistischen SS gemacht – zu radikal für andere Rechtsparteien in Europa, die daraufhin die Zusammenarbeit mit der AfD im Europaparlament aufkündigten. Um wieder Anschluss zu finden, hatte die neu gewählte Gruppe der EU-AfD-Abgeordneten Krah nach der Wahl aus ihrem Kreis ausgeschlossen.
Krah-Fans sauer – er selbst wohl nicht beim Parteitag
Die Krah-Unterstützer kritisierten das scharf und sehen darin eine Anbiederung. Sie hätten sich gewünscht, dass sich die Parteispitze vor und nach der Europawahl klar vor den wegen mutmaßlicher Russland- und China-Verbindungen im Feuer stehenden Spitzenkandidaten gestellt hätte, und auch vor den Zweiten auf der Europawahlliste, Petr Bystron, bei dem es Durchsuchungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Geldwäsche gab.
Der Landesverband Bayern fordert nun in einem Antrag zum Parteitag, in Brüssel sollten „keine faulen Kompromisse mit anderen Parteien, denen Deutschlands Zukunftsfähigkeit nicht am Herzen liegt“, eingegangen werden. Zudem ist die Rede von Schmutzkampagnen gegen von der Parteibasis gewählte Spitzenkandidaten.
Und Krah selbst? Man rechne nicht damit, dass er am Parteitag teilnehmen werde, hieß es vor Beginn aus Vorstandskreisen. (dpa/red)
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