Abschiebedebatte: Doch mit den Taliban verhandeln?
In der Debatte um Abschiebungen von Straftätern fordert Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen die Bundesregierung auf, zügig Verhandlungen mit Syrien und auch mit den in Afghanistan herrschenden Taliban voranzubringen.
„Ankündigungen höre ich gerne, nur muss es jetzt endlich auch umgesetzt werden und es müssen jetzt wirklich auch Fakten folgen“, sagte der CDU-Politiker und Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK).
Verhandlungen mit den islamistischen Taliban hält er für vertretbar. Das Bundesinnenministerium verhandelt nach einem „Spiegel“-Bericht aber mit Usbekistan über Abschiebungen von Afghanen aus Deutschland ohne direkte Absprachen mit den Taliban.
Die Innenministerkonferenz wird sich bei ihren anstehenden Beratungen (19. bis 21. Juni) in Potsdam mit dem Kurs in der Asylpolitik beschäftigen. Die tödliche Messerattacke eines Afghanen in Mannheim, bei der ein Polizist starb, dürfte das Treffen prägen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte als eine Folge des Angriffs angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen zu wollen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) prüft es. Stübgen rechnet beim Thema Abschiebungen mit Einigkeit unter den Innenministern.
Stübgen: Sicherheit in Syrien hat sich verbessert
Der IMK-Vorsitzende sagte, die Bundesregierung müsse nun vorankommen und diplomatische Beziehungen nach Syrien aufbauen, um schwerste Straftäter abschieben zu können. Dort könne eine Botschaft errichtet werden. Einige europäische Länder hätten auch längst diplomatische Beziehungen zu Damaskus aufgebaut.
„Und es ist längst bekannt, dass im Kerngebiet Syriens kein Krieg mehr ist.“ Auch wenn Syrien kein Rechtsstaat sei, gebe es staatliche Ordnungsstrukturen. „Es spricht nichts dagegen, dass wir hier zum Beispiel wie Schweden jetzt überhaupt erst mal anfangen, Schwerststraftäter und Intensivstraftäter dorthin auch zurückzuführen“, sagte Stübgen. Die Sicherheit dort habe sich verbessert.
Der seit Beginn des Syrienkrieges geltende subsidiäre Schutz für Menschen aus Syrien muss aus Sicht des CDU-Politikers überprüft werden. Subsidiärer Schutz gilt für Menschen, die nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, aber stichhaltige Gründe liefern, warum bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland ernsthafte Schäden – wie Menschenrechtsverletzungen – drohen.
Keine Bedenken wegen Kontakten zu Taliban
Auch bei Verhandlungen mit den Taliban über Abschiebungen schwerstkrimineller Afghanen hat Stübgen keine Vorbehalte. Es werde bereits mit den Taliban verhandelt, „und zwar darüber, dass bestimmte Menschen Afghanistan verlassen können“.
Zudem gebe es internationale Hilfsprogramme etwa für Lebensmittel an die Bevölkerung. „Das heißt, es gibt mannigfachste Kontakte. Und diese Kontakte, das ist meine Forderung, kann man auch nutzen, Schwerststraftäter zurückzuführen.“ Es wird sich Stübgen zufolge eher um Einzelfälle handeln.
Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban in Kabul im August 2021 gilt in Deutschland ein Abschiebestopp für Afghanen. Über das Entwicklungshilfeministerium wird humanitäre Hilfe unterstützt. Das Ministerium führt nach eigenen Angaben aber keine Verhandlungen mit den Taliban und mache keine finanziellen Zusagen.
Gegenleistungen sind üblich
Gegenleistungen hält Stübgen für üblich, wenn es um Rücknahmeabkommen geht. „Das ist normale Verhandlungsbasis.“
Auf die Frage, ob man einem kriminellen System in Afghanistan Vorschub leiste, sagte er: „Dann könnte man aber so ziemlich jede Wirtschaftshilfeleistung, die wir machen, einstellen. Denn das Entwicklungshilfeministerium hat es nicht nur mit armen Ländern, sondern mit hoch korrumpierten Ländern zu tun.“ Die Hilfe erreiche auch bislang nicht nur jene Menschen, die es auch wirklich am nötigsten hätten.
Kritiker warnen vor Verhandlungen mit den islamistischen Taliban, da diese nicht anerkannt werden dürften und auch kein Geld fließen dürfe, das dann in den Aufbau von Terrornetzwerke auch in Deutschland fließen könnte.
Die Bundesregierung peilt offenbar bereits einen anderen Weg an: Eine Delegation aus dem Bundesinnenministerium schlug der usbekischen Regierung nach einem Bericht des „Spiegel“ vor, afghanische Abschiebekandidaten nach Taschkent zu bringen. Von dort sollten sie mit der privaten Fluggesellschaft „KamAir“ weiter nach Kabul transportiert werden. (dpa/red)
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