Abgeschobener Afghane will zurückkommen – diese Möglichkeit besteht

Erst am Freitag war Mohtajar N., der wegen Beteiligung an der Vergewaltigung einer 14-Jährigen eine Haftstrafe verbüßt hatte, nach Afghanistan abgeschoben worden. Die Rückkehr soll jedoch keine dauerhafte bleiben: Sein Anwalt kündigt bereits an, dass der Mittäter von Illerkirchberg zurückkehren wird.
Ein Großteil der Abschiebungen passiert auf dem Luftweg. (Archivbild)
Ein Großteil der Abschiebungen passiert auf dem Luftweg. (Archivbild)Foto: Thomas Banneyer/dpa
Von 31. August 2024

Am Freitag, 30. August, wurden 28 Personen von Berlin nach Afghanistan abgeschoben. Die Abschiebung beendete mehrere Jahre eines absoluten Abschiebeverbots in das von den Taliban-Milizen kontrollierte Land.

Auf diese Weise wollte der Bund die Botschaft an die Bevölkerung kommunizieren, dass straffällige und potenziell gefährliche Personen künftig Deutschland verlassen müssten. In allen 28 Fällen ging es um Personen, die zuvor eine Haftstrafe wegen teils erheblicher Gewaltdelikte verbüßen mussten. Alle Abgeschobenen erhielten als Starthilfe ein Taschengeld von 1.000 Euro. Das entspricht etwas weniger als dem Sechstel des durchschnittlichen Jahresgehalts in Afghanistan.

Nach Afghanistan abgeschobener Mohtajar N. lässt ausrichten: „Ich komme wieder“

In zumindest einem Fall könnte die Abwesenheit dennoch nicht von Dauer bleiben. Der 31-jährige Mohtajar N. ließ bereits jetzt durch seinen Anwalt mitteilen, dass er zeitnah eine Rückkehr nach Deutschland anstrebt. Dies bestätigte der Rechtsbeistand in einem Gespräch mit der „Augsburger Allgemeinen“.

Sein Mandant wolle ein „Visum“ anstreben und die „Auseinandersetzung mit den Behörden“ suchen, stellt N.s Anwalt in Aussicht. Am Ende solle es wieder möglich sein, dass dieser nach Deutschland einreist – „wenn er die Taliban überlebt“.

Die Abschiebung des 31-Jährigen nennt sein Anwalt eine „Unmenschlichkeit“. Immerhin lebe dieser jetzt in einer Beziehung und in etwa zwei Monaten werde er Vater. Das Kind werde mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen. Durch die Abschiebung werde eine Familie auseinandergerissen. Dabei gehe von N. keine Gefahr mehr aus.

Bürgermeister: Erneute Unterbringung war „Stachel im Fleisch“ der Gemeinde

So stabil waren dessen Lebensverhältnisse in Deutschland allerdings nicht immer. Im Jahr 2021 wurde N. gemeinsam mit drei Mittätern vom Landgericht Ulm zu einer Haftstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die vier Männer aus Afghanistan und dem Irak Ende Oktober 2019 ein 14-jähriges Mädchen in ihre Flüchtlingsunterkunft gelockt hatten.

Dort sollen sie die Schülerin mittels Alkohols und Drogen gefügig gemacht und anschließend über mehrere Stunden vergewaltigt haben. Bis 2022 verbüßte N. seine Haftstrafe. In weiterer Folge saß er bereits für drei Monate in Abschiebehaft.

Am Ende durfte er jedoch nach Illerkirchberg zurückkehren, weil das Abschiebeverbot nach Afghanistan einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstand. N. nach seiner Haftentlassung erneut unterbringen zu müssen, bezeichnete Illerkirchbergs Bürgermeister Markus Häußler gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ als „sprichwörtlichen Stachel im Fleisch“. Die nunmehrige Abschiebung habe Erleichterung in der Gemeinde ausgelöst.

Welche Interessen müssen vor einer Abschiebung nach Afghanistan abgewogen werden?

Das Bundesjustizministerium ist eigenen Angaben zufolge über die bevorstehende Vaterschaft von N. im Bilde. Man sei dennoch davon überzeugt, dass die Abschiebung rechtmäßig war. Entgegen den Angaben des Anwalts werde der 31-Jährige nach wie vor als „rückfallgefährdeter Sexualstraftäter“ eingestuft.

Dies habe zur Folge, dass ein „besonders schweres Ausweiseinteresse“ vorliege, das in der Abwägung stärker zum Tragen komme als das familiäre Interesse des afghanischen Staatsangehörigen. Diese Abwägung hat gemäß Paragraf 53 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes stattzufinden. Eine Abschiebung hat stattzufinden, wenn das öffentliche Interesse daran überwiegt.

Das besondere Ausweisungsinteresse ist nach den Bestimmungen des Paragrafen 54 insbesondere anzunehmen, wenn der betroffene Ausländer zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt worden ist. Bei einem Freiheitsentzug von mindestens einem Jahr besteht das besondere Ausweisungsinteresse ebenfalls, wenn die Verurteilung aufgrund bestimmter Delikte erfolgt ist. Zu diesen zählen auch Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.

Wann darf ein Abgeschobener wieder nach Deutschland einreisen?

Paragraf 55 legt zwar ein besonderes Bleibeinteresse fest, wenn der Betroffene „mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt“. Allerdings ist auch hier jeweils eine Abwägung vorzunehmen.

Gemäß Paragraf 11 des Aufenthaltsgesetzes ist mit einer Abschiebungsanordnung auch ein Wiedereinreiseverbot ins Bundesgebiet zu erlassen. Dieses beträgt bis zu fünf Jahre. Bis zu zehn Jahre darf die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots jedoch betragen, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist. Gleiches gilt, wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.

Ganze 20 Jahre soll das Wiedereinreiseverbot gelten, wenn der Ausländer eines Kriegsverbrechens oder Verbrechens gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen wurde. Gleiches gilt, wenn dies erforderlich sei, um eine schwere Gefährdung oder terroristische Bedrohung des Landes zu verhindern. In solchen Fällen ist in jedem Fall ein unbefristetes Aufenthalts- und Wiedereinreiseverbot zu verhängen.



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