Ab August wieder Familiennachzug – für tausend Menschen monatlich
Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz war von Anfang an eines der großen Streitthemen bei der Regierungsbildung.
Am Donnerstag hat sich der Bundestag erstmals mit dem von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dazu vorgelegten Gesetzentwurf befasst. An der Neuregelung scheiden sich weiterhin die Geister – was neben grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten auch an komplizierten Detailfragen liegt.
Was soll mit dem Gesetz geregelt werden?
Union und SPD haben sich bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, den seit März 2016 ausgesetzten Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus ab August begrenzt wieder zu ermöglichen. Allerdings sollen monatlich nur höchstens 1000 Angehörige von Geflüchteten einreisen dürfen. Auch soll es anders als früher darauf keinen Rechtsanspruch mehr geben. Umgekehrt können in Einzelfällen aus humanitären Gründen weitere Einreisen gestattet werden.
Welche Familienangehörigen sollen nachziehen können?
Ermöglicht werden soll wie bei Flüchtlingen generell nur ein Nachzug der Kernfamilie: Dazu zählen Ehepartner und minderjährige ledige Kinder beziehungsweise die Eltern eines in Deutschland lebenden Minderjährigen – wenn sich kein sorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält.
Welche Voraussetzungen müssen für den Familiennachzug erfüllt sein?
Die Ehe muss vor der Flucht aus dem Herkunftsland geschlossen worden sein. Ein Ausschlusskriterium sind schwerwiegende Straftaten, auch bei terroristischen Gefährdern ist der Nachzug ausgeschlossen. Keinen Nachzug soll es auch zu Flüchtlingen geben, für die das Ende ihrer Aufenthaltsberechtigung bevorsteht. Eine gute Integrationsperspektive, zum Beispiel deutsche Sprachkenntnisse, soll positiv berücksichtigt werden.
Um wie viele Menschen geht es?
Ende März lebten in Deutschland etwa 206.000 Geflüchtete mit dem sogenannten subsidiären Schutz. Aus diesem Kreis liegen dem Auswärtigen Amt bereits etwa 26.000 Anträge auf Familiennachzug vor. Die Schätzungen über zu erwartende Anträge insgesamt gehen weit auseinander. Sie reichen von rund 50.000 bis weit über 100.000.
Wie soll der Auswahlprozess ablaufen?
Für die Auswahl der höchstens tausend Nachzugsberechtigten pro Monat sollen nun humanitäre Erwägungen den Ausschlag geben. Bei der Umsetzung sollen Auswärtiges Amt und die dem Innenressort zugeordneten Ausländerbehörden zusammenarbeiten. Die Liste der Nachzugsberechtigten erstellt dann das Bundesverwaltungsamt, das ebenfalls zum Geschäftsbereich des Innenministeriums gehört.
Was passiert, wenn das Kontingent nicht ausgeschöpft wird?
Kommen in einem Monat weniger als tausend Angehörige von Flüchtlingen nach Deutschland, zum Beispiel weil die zuständigen Behörden mit dem Auswahlprozess nicht nachkommen, sollen nach einer koalitionsinternen Absprache bis zum Jahresende Monatskontingente auch untereinander verrechnet werden können. Ab 2019 würden solche nicht ausgeschöpften Plätze jedoch verfallen. Im Gesetzentwurf ist auch die provisorische Verrechnungsregel bisher nicht enthalten.
Was sind die Argumente der Kritiker?
Kritiker wie Grüne und Linke, aber auch Teile der SPD, die Organisation Pro Asyl, Sozialverbände und Kirchen verweisen auf das Grundrecht des Schutzes von Ehe und Familie. Flüchtlingen dürfe daher der Nachzug der Kernfamilie nicht verwehrt werden. Durch die starke Einschränkung auf tausend Nachzüge monatlich sei dies aber für Zehntausende weiterhin der Fall, Verfahren würden sich jahrelang hinziehen. Viele Kritiker stören sich auch daran, dass volljährige Geschwisterkinder nicht nachziehen dürfen. Die rechtspopulistische AfD lehnt den Familiennachzug generell ab.
Wie sieht das weitere Verfahren aus?
Der Gesetzentwurf wird nun im Bundestag weiter beraten. Noch vor der Sommerpause soll die Neuregelung von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden und zum 1.August in Kraft treten. Welche Probleme bei der Umsetzung auftreten, dürfte sich erst danach zeigen. (afp)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion