Angriff auf Wirtschaftssenatorin Giffey: 74-Jähriger gesteht unerwartetes Motiv
Ein 74-Jähriger, der im Mai die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) in einer Bücherei mit einem Beutel auf den Kopf schlug, hat seine Tat gestanden. Er habe Giffey die Tasche „um die Ohren gehauen“, um ihr einen Denkzettel zu verpassen, sagte der Beschuldigte am Dienstag vor dem Landgericht Berlin.
Als Motiv nannte der Mann, der sich selbst als Obdachloser ohne Staatsangehörigkeit bezeichnet, dass Giffey seit 20 Jahren nicht auf seine Schreiben reagiere. Außerdem sei er sauer gewesen, dass sie bei dem Besuch in der Bücherei mit selbiger „angegeben“ habe.
Auch für seine Behandlung unter anderem durch das „Naziwohnungsamt“, das Bürgeramt oder die Bücherei, die ihm keinen Ausweis ausstelle, sei Giffey verantwortlich. „Ich hatte Grund genug, mich gerade über sie zu erzürnen.“
Dauerhafte Unterbringung in Psychiatrie
Der 74-Jährige wurde einen Tag nach der Tat vorläufig festgenommen und befindet sich seitdem im Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Die Staatsanwaltschaft strebt in dem Sicherungsverfahren eine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie an.
Sie geht davon aus, dass der Beschuldigte die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit beging. In der Antragsschrift heißt es, die Tasche sei „mit einem schweren Gegenstand“ gefüllt gewesen. Der Beschuldigte sagte vor Gericht, in der Tasche hätten sich lediglich Zeitungen befunden.
Als Zeugin vor Gericht war auch Giffey selbst geladen. Sie berichtete, dass sie in der Bücherei im Gespräch unter anderem mit der Bibliotheksleiterin war, als sie plötzlich einen Schlag in den Nacken bekommen habe. Der Gegenstand habe sich wie ein mit mehreren Büchern gefüllter Stoffbeutel angefühlt.
Nach dem Angriff habe der Mensch die Bücherei sofort verlassen, sagte Giffey. Die Bibliotheksleiterin habe ihn erkannt und berichtet, dass er Dauergast in der Bücherei sei. Der Name des Manns sei ihr direkt ein Begriff gewesen, sagte Giffey.
Versendung von Hass-, Droh- und Beleidigungsmails seit Jahren
Er versende seit Jahren Hass-, Droh- und Beleidigungsmails, sowohl an sie als auch an andere Politiker. Sie gehe davon aus, dass der Angriff spontan erfolgt sei, weil der Termin nicht veröffentlicht worden war. Personenschutz habe sie wie bei derartigen Treffen üblich nicht zur Seite gehabt.
Nach dem Angriff habe sie noch weitere Termine wahrgenommen und sich abends im Krankenhaus Neukölln untersuchen lassen, sagte Giffey. Dort sei keine akute Verletzung festgestellt worden. Nach etwa zwei Tagen seien die Schmerzen wieder abgeklungen gewesen.
Der Vorfall belaste sie noch heute, auch wenn sie sich in ihrer Arbeit nicht beirren lasse, sagte Giffey. Doch die Unbefangenheit, mit der sie sich in der Stadt bewege, sei durch Angriffe wie diese eingeschränkt. (afp/red)
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