551 Fragen zur Finanzierung von NGOs: Jetzt meldet sich die Bundesregierung zu Wort

Die Bundesregierung ist in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion zur Finanzierung von NGOs viele Antworten vorerst schuldig geblieben. Klar ist sich die rot-grüne Noch-Regierung allerdings in einem zentralen Punkt: Es gebe keine Anhaltspunkte für eine „Schattenstruktur“ hinter geförderten NGOs.
Unionsfraktionschef Merz und CSU-Landesgruppenchef Dobrindt haben in puncto Commerzbank viele Fragen an die Bundesregierung. (Archivfoto
Das Archivbild zeigt Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die Unionsfraktion im Bundestag hatte am 24. Februar eine Kleine Anfrage zur Finanzierung von NGOs an die Bundesregierung gestellt.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 12. März 2025

Die mit Spannung erwartete schriftliche Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag zur „politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ ist da. Die „Bild“ stellte das Dokument am frühen Nachmittag des 12. März als erstes Medium zur Verfügung.

Auf der Website des Bundestags ist es bisher nicht zugänglich. Auch die „Anlage“ des Dokuments, in der Auskunft über Art und Ausmaß der staatlichen Förderung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) erteilt wird, ist bislang nicht einsehbar.

Die Unionsfraktion hatte jeweils wissen wollen, inwiefern NGOs wie etwa die „CORRECTIV gGmbH“, die „Omas gegen Rechts“, der Kampagnenvereins „Campact“, „Attac“, die Amadeu Antonio Stiftung oder „Animal Rights Watch“ Steuermittel erhalten hatten.

Rund 100 Fragen wurden unter Verweis auf mangelnde Informationen oder eine „unspezifische Fragestellung“ nicht von der Regierung beantwortet. Sie vertritt den Standpunkt, dass konkrete Zahlen in der „vorgesehenen Frist nicht zu leisten“ seien.

Regierung: Keine „Schattenstruktur“ erkennbar

Klar ist sich die rot-grüne Noch-Regierung allerdings in der zentralen Frage der Unionsfraktion:

Die Bundesregierung sieht keine Anhaltspunkte für die in der Kleinen Anfrage enthaltene Behauptung, wonach die geförderten ‚NGOs eine Schattenstruktur‘ bildeten.“

Schon in der Vorbemerkung zum eigentlichen Antwortteil macht die Bundesregierung klar, dass sie kein Problem darin sieht, dass auch mit Steuermitteln geförderte Organisationen „bürgerschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Engagements“ Demonstrationen durchführen. Immerhin gehe es um ein „vielfältiges und demokratisches Miteinander“ und um „Arbeit gegen Radikalisierungen und Polarisierungen in der Gesellschaft“.

NGO-Demonstrationen abseits des Fördergegenstands nicht zu beanstanden

„Die Wichtigkeit der Aufgabe, Hass und Hetze entgegenzutreten und die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu stärken, wurde auch im Deutschen Bundestag immer wieder hervorgehoben“, argumentiert die Regierung in ihrem 83-seitigen Schriftstück (PDF, Quelle: „Bild“). Und weiter:

Die Bundesregierung ist nicht befugt, Zuwendungsempfängern in Hinblick auf die Veranstaltung von Demonstrationen Vorgaben zu machen, sofern diese nicht Gegenstand einer Förderung sind. Verlautbarungen jenseits der konkreten staatlich geförderten Projektumsetzung sind Ausdruck einer Grundrechtsausübung, die die vollziehende Gewalt zu gewährleisten, nicht zu beschneiden, hat (Art. 1 Abs. 3 GG).“

Für viele Fragen nicht zuständig

Die Bundesregierung verweist zudem auf das Lobbyregister des Deutschen Bundestags: Damit könne man eigenständig ermitteln, „welche Interessenvertretungen zu bestimmten Anliegen tätig sind und auf welcher Finanzierungsbasis diese agieren“.

Der Informationsanspruch eines Fragestellers an die Bundesregierung erstrecke sich „ausdrücklich nicht auf Beurteilungen steuerlicher Einzelfälle und die Anerkennung oder Nichtanerkennung der Gemeinnützigkeit“. Dafür seien vielmehr die Landesfinanzbehörden zuständig.

Im Übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass es nicht Bestandteil der parlamentarischen Kontrollfunktion des Bundestages ist, frei verfügbare Informationen durch die Bundesregierung zusammentragen und anschaulich aufbereiten zu lassen.“

Es gehöre auch nicht zum Aufgabenspektrum der Bundesregierung, „allgemeine Informationen über die Aktivitäten und Kontakte von Organisationen zu sammeln, zu überwachen oder zu bewerten, gleichviel ob sie – wie weit überwiegend – eine Projektförderung oder eine institutionelle Förderung oder keine Förderung erhalten“.

Gemäß eines Bundesverfassungsgerichtsurteils (BVerfGE 137, 185) würde es sogar „die Grundrechte Dritter verletzen“, wenn die Regierung „das Tun oder Unterlassen einzelner Personen oder Organisationen positiv oder negativ“ kommentiere.

Verdacht auf Rückzug des Fragenkatalogs stand im Raum

Die Frist zur Beantwortung der Kleinen Anfrage vom 24. Februar (BT-Drucksache 20/15035, PDF) war am Montag, 10. März 2025 abgelaufen.

Ein Sprecher der SPD-Bundespartei hatte die „Welt“ in der vergangenen Woche wissen lassen, dass die beiden Hauptunterhändler der Sondierungsgespräche, Friedrich Merz (CDU) und Lars Klingbeil (SPD), sich zum Start ihrer Unterredungen „auf einen Umgang mit den Fragen der Union verständigt“ hätten.

Das hatte Spekulationen darüber ausgelöst, ob die Union ihre Anfrage an die Bundesregierung womöglich zurückgezogen haben könnte, um ein künftiges schwarz-rotes Regierungsbündnis nicht zu gefährden.

Hätten die Antworten bis zur Konstituierung des neuen Bundestags am 25. März nicht vorgelegen, wäre die Kleine Anfrage der Unionsfraktion nach den Regeln des Diskontinuitätsprinzips verfallen. Die Anfrage hätte erneut gestellt werden müssen.

Union verlangte Auskunft über Finanzierung von NGOs – zum Unmut der „Zivilgesellschaft“

Die Union hatte am 24. Februar 551 Fragen zur Finanzierung vorwiegend solcher „Nichtregierungsorganisationen“ (NGOs) an die Bundesregierung gestellt, die auch bei „Demos gegen Rechts“ in Erscheinung getreten waren und sich dabei insbesondere gegen CDU, CSU und AfD gestellt hatten. Friedrich Merz und seine Fraktion vertraten in ihrer Kleinen Anfrage die Auffassung, dass staatlich finanzierte Organisationen „ihre politische Neutralität wahren“ müssten.

Der Vorstoß der Union am Tag nach der Bundestagswahl hatte für viel Empörung seitens der SPD, aber auch bei hunderten Wissenschaftlern und Vertretern der „Zivilgesellschaft“ gesorgt. Eine kurze Weile lang hatte es danach ausgesehen, dass die SPD den Fahrplan für die Sondierungsgespräche mit CDU und CSU sogar platzen lassen könnte: Am Tag seiner Wahl zum neuen SPD-Fraktionsvorsitzenden hatte Lars Klingbeil von einem „Foulspiel“ der Union gesprochen.

Die Gespräche wurden dennoch wie geplant aufgenommen und am vergangenen Samstag mit der Präsentation der vorläufigen Ergebnisse abgeschlossen.

Koalitionäre in spe wollen Grundgesetz für neue Schuldenbasis ändern

Am Donnerstag, 13. März, soll es nun in die heiße Phase der Koalitionsgespräche gehen. Bis spätestens Ostern will CDU-Kanzlerkandidat Merz einen unterschriftsreifen Vertrag für eine schwarz-rote Bundesregierung unter seiner Führung fertig haben.

Ebenfalls am Donnerstag soll die erste von zwei Plenarsitzungen stattfinden, in deren Verlauf das Grundgesetz (GG) auf Wunsch von Union und SPD noch mit den Mehrheiten des alten, schon vor Monaten aufgelösten Bundestags geändert werden soll. Im Kern geht es dabei um neue Schuldenpakete in Höhe von etwa 900 Milliarden Euro.

Die ersehnten Mittel, vorwiegend für Verteidigungs- und Investitionsausgaben, würden die finanzielle Grundlage für einen Koalitionsvertrag bilden.

Der zweite und abschließende Termin im Plenum zur GG-Änderung wurde von der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) auf Wunsch der Unionsfraktion auf den kommenden Dienstag, 18. März, gelegt. Drei Tage später soll der Bundesrat seinen abschließenden Segen geben – was momentan keineswegs sicher ist.

Um das GG umzuschreiben, sind laut Artikel 79 (2) GG zwei Drittel der Stimmen aller Mitglieder des Bundestags und zwei Drittel der Stimmen des Bundesrats nötig. Die Union ist in beiden Verfassungsorganen nach Stand der Dinge nicht nur auf das Wohlwollen der SPD, sondern auch der Grünen angewiesen.

Grüne kontern mit eigenem Gesetzentwurf – zugunsten von NGOs?

Die Grünen hatten am 10. März einen eigenen Gesetzentwurf (BT-Drucksache 20/15098, PDF) vorgelegt, um das GG nach ihren Vorstellungen zu ändern. Darin ist neben einem Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse auch davon die Rede, dass unter anderem „die Stärkung internationaler Organisationen zur Friedenssicherung“ im Sinne der „Verteidigungsfähigkeit“ finanziell gesichert werden müsse. Welche „internationalen“ NGOs den Grünen vorschweben, bleibt bislang unklar.

Die Verhandlungen zwischen Union und Grünen laufen.

AfD und Linke gegen Grundgesetzänderung

Die AfD-Fraktion im Bundestag, der AfD-Abgeordnete Dr. Christian Wirth und die heute fraktionslose, frühere AfD-Abgeordnete Joana Cotar klagen bereits vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das von der Union und der SPD kurzfristig auf den Weg gebrachte Prozedere zur Änderung des Grundgesetzes.

Auch die Fraktion der Linken legte Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen die geplanten Sondersitzungen ein. Im neuen Bundestag wären Union und SPD aufgrund der geänderten Machtverhältnisse für eine GG-Änderung auf Stimmen aus den Reihen der AfD oder der Linken angewiesen.



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