Deutschland-Chef Edeka und freies Bauern-Aktionsbündnis ziehen Fazit

Am 28.08.2024 fand ein Treffen zwischen den Vertretern des genossenschaftlich organisierten Edeka-Verbunds und Bauernvertretern statt. Dabei handelte es sich um das verabredete Ergebnis von Bauernprotesten aus dem Februar 2024. Im Mittelpunkt standen die Ergebnisse aus dem Schriftverkehr mit dem Wirtschaftsministerium.
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Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Stephan Witte
Von 29. August 2024

Besprochen wurden auf diesem Treffen am 28.08. die laut Edeka „ernüchternden Ergebnisse“ des Schriftwechsels mit dem von Robert Habeck geführten Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Dabei haben die Vertreter des Mittelstandes den Eindruck, dass die Politik ihre Bedürfnisse weitgehend ignoriert anstatt sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Anfang Januar wurde die Bundesrepublik von den Bauernprotesten erschüttert. Später im Februar, in der Nacht vom 18.02. auf den 19.02.2024 hatten Demonstranten eine Blockade mittels WhatsApp-Gruppen organisiert. An dieser Stelle erwähnenswert ist, dass die Teilnehmer der Blockadeaktion keine Angehörigen von Verbänden wie dem Deutschen Bauernverband (DBV) oder von Land schafft Verbindung (LSV) waren, sondern vielmehr ein freier Zusammenschluss aus Landwirten, Handwerkern und Angehörigen des Mittelstandes.

Moser gesprächsbereit

Gemeinsam waren die Teilnehmer angereist und hatten dort das Zentrallager des genossenschaftlich organisierten Edeka-Verbunds in Lauenau (Niedersachsen) für fast 24 Stunden mit zahlreichen Treckern blockiert. Mit rund 50 Fahrzeugen und ca. 70 Teilnehmern wurden die Zu- und Abfahrt so unzugänglich.

Nach insgesamt zehn Verhandlungsrunden hatten die Protestler das Gesprächsziel erreicht: ein persönliches Gespräch mit Markus Mosa, dem Vorstandsvorsitzenden der Edeka-Zentrale Stiftung & Co. KG, zu führen.

Die gesamte Aktion wurde dabei von Rechtsanwalt Justin Poel begleitet, um für die Bauern die notwendigen Gespräche mit der Polizei und der Edeka abzusichern. Poel gelang es auch zu erreichen , dass die Protestler mit der von ihnen organisierten Treckerblockade am Ende unbehelligt abziehen konnten.

Die von den Bauernvertretern erhobenen und von Landwirtschaft verbindet Deutschland e. V. übernommenen Forderungen beinhalteten unter anderem die „Ablehnung des Haushaltsentwurfes 2024 im Bundesrat, solange dieser die unverhältnismäßigen Steuererhöhungen für den Mittelstand enthält“ sowie die „Einführung einer Umwelt- und Sozialabgabe auf importierte Produkte aller Art, die nicht nach deutschen Standards hergestellt wurden.“

Bündnis strebt nach Verbesserungen für die Bürger

Erst kurz nach Mitternacht des 20.02.2024 führte das Gespräch zwischen Mosa und den Vertretern des Bündnisses zu einem Ende der Blockade. Dabei ging es vor allem darum, die Situation für den Mittelstand zu verbessern. Im Ergebnis würde dies auch für alle anderen Bürger zu einer Verbesserung der Lage führen. In weiteren Gesprächen wolle man sich dann der gezielten Verbesserung der Situation der Landwirte kümmern.

Am Ende der Verhandlungen stand die Vereinbarung, dass Edeka eine Pressemitteilung auf ihrer Website zum Protest in Lauenau online stellen, einen Brandbrief an Habeck und Özdemir schreiben würden und dass sich beide Parteien über die Ergebnisse dieser Schreiben anschließend in Hamburg zu einem gemeinsamen Gespräch zusammen finden würden.

Diese Gespräche führten zu einem ersten Anschreiben der Edeka vom 21.02.2024 an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter Führung von Robert Habeck sowie des gleichfalls grün geführte Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter Cem Özdemir.

Folgende Forderungen wurden von der Edeka an die benannten Ministerien gestellt:
1. Unternehmen steuerlich entlasten (Unternehmenssteuersatz auf 25 %, Stromsteuer und Netzentgelte senken)
2. Berichtspflichten reduzieren (Dokumentationspflichten reduzieren, Lieferkettengesetze aussetzen)
3. Ökologische Auflagen auf EU-Level harmonisieren
4. Planungsbeschleunigung vorantreiben (Genehmigungsfiktion im gewerblichen Bereich einführen)
5. Generelles Belastungsmoratorium umsetzen (zusätzl. Bürokratie / Auflagen in laufender Legislatur ausschließen)

Landwirtschaftsminister sucht offenbar keinen Dialog mit den Bauern

Bis heute hat der EDEKA-Verbund keine Eingangsbestätigung von Özdemirs Landwirtschaftsministerium erhalten.

Dafür ging am 02.04.2024 beim Einzelhandelsverband ein erstes Antwortschreiben des Staatssekretärs Sven Giegold von Habecks Wirtschaftsministerium ein.

In Giegolds Schreiben vom April 2024 verwies das Ministerium unter anderem auf einen Mitte Januar 2024 vom Bundeskabinett beschlossenen „Entwurf für ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz“: „Neben den etablierten Bürokratie-Abbaumaßnahmen setzen wir in dieser Legislaturperiode mit Praxischecks aber auch auf eine zweite, aus unserer Sicht sehr effektive Säule. Im Austausch mit Experten aus Unternehmen und Verwaltung ermitteln wir bürokratische Hemmnisse und Lösungen für den Abbau von bürokratischen Belastungen.“

„Ampel hat Ausgaben-, nicht Einnahmenproblem“

Der Edeka-Verbund vermerkte hierzu in seinen Unterlagen folgende Bewertungen:

• „Grundsätzlich sind die Ankündigungen seitens Herrn StS[Staatssekretärs]Giegold zu begrüßen. Darauf zu verweisen, dass steuerliche Entastungsmaßnahmen an die Einhaltung der Schuldenbremse geknüpft sind und in der Zuständigkeit des Bundesfinanzministeriums liegen, ist enttäuschend.

• Vor dem Hintergrund, dass der Bund in den ersten sechs Monaten dieses Jahres rund 176,5 Mrd. Euro an Steuern eingenommen hat (entspricht einer Steigerung von 4,6 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum), zeigt einmal mehr, dass der Bund kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat; Gleichzeitig sind Sozialausgaben wie etwa beim Bürgergeld oder mit Blick auf die Zuschüsse zur Rentenkasse gestiegen.

• Zusätzlich gehen die Ankündigungen zum Bürokratieabbau nicht weit genug, unter dem insbesondere kleine und mittlere Unternehmen massiv leiden (Regelungsdichte in Deutschland signifikant gestiegen: 2014 noch 2.720 bundesrechtliche Verordnungen mit 38.192 Einzelnormen, 2024 bereits 2.854 Rechtsverordnungen mit 44.272 Einzelnormen.

• Nicht nur die Qualität dieser Regelungen hemmt die Unternehmen, auch deren Komplexität ist selbst für Fachleute nur noch schwer zu durchdringen.“

4 Briefe, 6 Monate und 1 Gespräch

Einen Monat später, am 02.05.2024 verfasste der Edeka-Verbund ein weiteres Anschreiben an den Staatssekretär. Dieses enthielt als weitere Forderung die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Form einer diskriminierungsfreien Gleichbehandlung mit den Genossenschaften der Realwirtschaft und eine Befreiung von der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die Tochtergesellschaften.

Außerdem solle in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der Berichtspflichten der Unternehmen von genossenschaftlich organisierten Verbundgruppen durch die Zentrale eingeräumt werden.

Hierauf erfolgte dann am 14.06.2024, sechs Wochen später eine weitere Antwort. Schließlich wurde der 28.08.2024 als Termin mit den Vertretern von Landwirtschaft und Mittelstand festgelegt, an dem das beim damaligen Protest verabredete Gespräch stattfinden konnte.

Ernüchterndes Resümee

Die Edeka als Vertreterin von Teilen des deutschen Mittelstandes fasst die Ergebnisse des Schriftwechsels mit dem Habeck-Ministerium wie folgt zusammen: „Trotz intensivem Briefwechsel mit dem Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium ist das Ergebnis ernüchternd. Herr Giegold hat in seinen Schreiben zwar dargelegt, wie die Bundesregierung mit einzelnen Maßnahmen versucht die Wirtschaft anzukurbeln bzw. von Bürokratie zu entlasten, eine spürbare Entlastung des Mittelstands bzw. eine zielgerichtete Mittelstandspolitik ist nicht zu erkennen.“

Weiter schreibt der Verbund: „Es ist enttäuschend, wenn in den Sonntagsreden der Mittelstand unisono als das ökonomische Rückgrat der hiesigen Wirtschaft bezeichnet wird, am Mittwoch im Kabinett aber die nächsten Paragrafen beschlossen werden.“

Die Edeka kommt zu folgendem Schluss: „Auch für uns als mittelständisch geprägten Edeka-Verbund bewegt sich die Politik nicht.“

Sobald die landwirtschaftliche Arbeit im Herbst 2024 jahreszeitlich bedingt wieder abnimmt, ließen die beteiligten Bauern verlauten, würden sie erneut dazu bereit stehen, auf die Straße zu gehen.



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