Der Wahlsonntag als Pannensonntag: Organisatoren mancherorts überfordert

Am Wahlsonntag ist es europaweit offenbar immer wieder zu kleineren oder größeren Fehlern oder Pannen gekommen. Auf X wurde sogar von Wahlfälschungen zum Nachteil der AfD gesprochen. An den vorläufigen Endergebnissen wird das aber wohl kaum etwas ändern.
Ein Frau wirft ihren Stimmzettel in die Wahlurne.
Das Symbolbild zeigt eine Wählerin bei der Stimmabgabe.Foto: Pia Bayer/dpa
Von 10. Juni 2024

Am Wahlsonntag ist es europaweit offenbar immer wieder zu kleineren oder größeren Fehlern oder Pannen bei der Stimmabgabe gekommen.

In Essen-Heidhausen (Nordrhein-Westfalen) war mehreren Medienberichten zufolge zunächst der Zugang zu einem Raum versperrt, indem die Wahlurne stand. Das Wahllokal war in einem Pflegeheim untergebracht. Nachdem der Schlüssel nicht aufgetrieben werden konnte, sorgte das städtische Wahlamt allerdings recht bald für Ersatz.

In mehreren Wahllokalen der Region um Balingen (Baden-Württemberg) waren zunächst nicht genügend Wahlumschläge vorhanden, sodass manche Wähler während der Wartezeit frustriert den Heimweg antraten, wie der „Zollern-Alb-Kurier“ berichtet. Ein Kandidat der Freien Liste, Stefan Buck, habe bereits angekündigt, die Wahl anfechten zu wollen: „Man muss den Verantwortlichen doch endlich mal zeigen, dass es so nicht geht, und dass die Kommunalwahlen genauso ernst genommen werden sollen wie andere Wahlen.“

Langen: Auto als Wahlurne

Ein ähnlicher Vorfall wie in Essen hatte sich nach „Tagesschau“-Angaben im südhessischen Langen bei Offenbach ereignet: Ein in einer Kita untergebrachtes Wahllokal war um 8:00 Uhr noch verschlossen. Daraufhin hätten Vertreter der Stadt ein Auto mit Sichtschutz vorübergehend zur „mobilen Wahlurne“ umfunktioniert. In Neubrandenburg habe es Fehler bei Kandidatennamen auf Wahllisten gegeben.

In Waiblingen bei Stuttgart waren die Stimmzettel für rund 30.000 Wähler nicht rechtzeitig verschickt worden. Nach Angaben des Radiosenders „Antenne 1“ war der Fehler erst am Samstag aufgefallen – zu spät für einen erneuten Verschickungsversuch per Post. Am Ende hätten 150 Beschäftigte der Stadtverwaltung und freiwillige Helfer versucht, noch so viele der Zettel wie möglich persönlich auszuliefern.

Nach Angaben des NDR hatten in Schwerin knapp 50 Briefwähler fehlerhafte Wahlscheine bekommen. Dem Mangel sei allerdings ebenfalls kurzfristig abgeholfen worden.

In Belgien hatte es Verzögerungen wegen Problemen mit den Wahlcomputern gegeben: Insgesamt seien mehr als 200 Geräte ausgefallen, wie die „Aachener Zeitung“ berichtete. Mancherorts sei die Stimmabgabe dadurch erst ab dem späten Vormittag möglich gewesen.

In Österreich hatte es laut „Münchner Merkur“ nicht nur überflutete Wahllokale gegeben, sondern auch eine Panne in der Region Steyr: Wegen nicht rechtzeitig verschickter Stimmzettel mussten sich Briefwahlfans doch noch in die Wahllokale vor Ort begeben, um ihr Wahlrecht ausüben zu können.

All diese Fehlermeldungen stellen höchstwahrscheinlich nur einen Bruchteil der tatsächlichen Pannen dar.

Wahlfälschungsbehauptungen auf X

Auf dem Social-Media-Portal X machten im Umfeld des Wahlsonntags beinahe schon traditionell Tweets über angebliche Wahlfälschungen die Runde. Offensichtliche AfD-Gegner wie @chtzehn99, @_deutscheLinde_ oder @Walurian behaupteten, als Wahlhelfer Stimmzettel von AfD-Wählern ungültig machen zu wollen – oder das bereits erledigt zu haben. Nutzer wie @ramenketzchen brüsteten sich damit, Stimmzettel mit AfD-Kreuzchen geschreddert oder anderweitig entsorgt zu haben: „Die AfD muss bekämpft werden, wie man nur kann!“.

Nicht immer ist dabei auf den ersten Blick ersichtlich, dass es sich um Satire handeln könnte. Auch beim Messengerdienst WhatsApp scheint die Provokation in Mode.

Selbstverständlich würden derartige Handlungen, sofern tatsächlich ausgeführt oder auch nur versucht, eine Straftat gemäß Paragraf 108a des Strafgesetzbuches darstellen: Wählertäuschung wird in Deutschland mit Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet.

Bundeswahlleitung hat keine konkreten Belege für Wahlmanipulation

Die Bundeswahlleiterin Ruth Brand versuchte am späten Abend des Wahlsonntages die Wogen zu glätten: „Eine Behauptung in einem Post ist kein Beleg für tatsächliche Wahlmanipulation“, gab sie zu bedenken. „Wenn Sie konkrete Belege haben, wenden Sie sich an die Strafverfolgungsbehörden. Innerhalb von 2 Monaten nach der Wahl können Sie Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl beim Bundestag einlegen.“

Das Büro der Bundeswahlleiterin habe den ganzen Tag über jedenfalls „keinerlei Berichte über tatsächliche Manipulationsversuche“ erhalten: „Sie können in den korrekten Ablauf der Wahl vertrauen“, so die abschließende Stellungnahme von Brand.

Bundeswahlleiterin Ruth Brand

Bundeswahlleiterin Ruth Brand.                                                                               Foto: Pressefoto

Im Zweifelsfall Neuauszählung

Zuvor hatte sie eine „Manipulation durch Einzelne ausgeschlossen“, weil ein Wahlvorstand stets aus sieben, acht oder neun Personen bestehe. Zudem stehe jedermann die Möglichkeit frei, sowohl die Wahldurchführung als auch die Auszählung in den Urnen- und den Briefwahlbezirken persönlich zu überwachen. Sollte die zuständige Kreis- oder Stadtwahlleitung über Unregelmäßigkeiten in Kenntnis gesetzt werden, die „nachweislich berechtigte Zweifel“ erzeugten, dann würden „die Stimmen des betreffenden Wahllokals neu ausgezählt“.

Das amtliche Endergebnis der EU-Wahl soll nach Angaben von Bundeswahlleiterin Brand am Mittwoch, 3. Juli 2024, vom Bundeswahlausschuss bekannt gegeben werden. Das vorläufige amtliche Ergebnis wurde bereits am frühen Morgen nach der Wahl online gestellt.



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