Der „Boosta-Werbespot” – Peitsche statt Zuckerbrot in Österreich
In den sozialen Netzwerken wird derzeit ein Videoclip herumgereicht, der wohl der Impfmüdigkeit in Österreich ein Ende bereiten soll. Der 27-sekündige Werbespot beginnt mit einer Büroszene, in der sich eine junge, impfkritische Frau mit ihrem Kollegen über die Frage „Lässt du dich impfen?“ austauscht. Der junge Mann zeigt Verständnis für die Skepsis seiner Kollegin. Schnitt. Totale.
Im Raum steht urplötzlich eine Gestalt in einem grauen Spritzenkostüm, die der jungen Dame offenbar Angst einjagen will: Der Spritzenriese fegt deren Büro-Utensilien ohne Warnung vom Schreibtisch.
Dann rückt er mit bitterer Miene und zu den Klängen des Paul Anka-Hits „Put Your Hand on My Shoulder“ der Frau ziemlich nahe auf die Pelle. Zum Schluss erscheinen die Worte „Boosta, die Spritze – jetzt auch in Deinem Impfzentrum!“ auf dem Bildschirm. Ende des Clips.
Spott gegen den Stadtrat
Das Kurzvideo ist Teil einer Werbekampagne, in der „Boosta, die Spritze“ die Hauptrolle spielt. Es handelt sich um das offizielle Impf-Maskottchen der Stadt Wien. Abgesegnet wurde das Ganze von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Und der erntet nun jede Menge Häme und Spott dafür.
„Das zeigt doch schön, dass die Impfung die eigentliche Gefahr ist. Danke für die Klarstellung!“ meint etwa Twitternutzer „lazyjones“, Christa Wondrak wittert „Aggression gegen Frauen und Diffamierung“, und Felidae Silberhagen meint:
Im Prinzip stachelt das Video zu Gewalt an Ungeimpften auf.“
„MindSugar“ fasst den Tenor der kritischen Töne zusammen: „Vor 2020 hätten alle den Spritzenmann sofort in die Psychiatrie eingewiesen. Jetzt ist er der ‚Gute‘. Völlige Selbstentlarvung im Endstadium.“ Peinlich, bizarr, übergriffig, krank, zutiefst verstörend – von solchen Wertungen wimmelt es in den Kommentarspalten. Nur wenige finden die Idee rundum gelungen.
Keine ganz neue Werbe-Masche
Dabei ist die Idee gar nicht so neu: Bereits vor elf Jahren machte eine ägyptische Werbefigur im Panda-Kostüm Furore, die die Menschen mit Gewalt von den Vorzügen eines gleichnamigen Käseprodukts überzeugen wollte („Never Say No To Panda“).
Auch die deutsche Gebühreneinzugszentrale in Köln setzte einige Zeit lang auf das Prinzip Drohung: Vor rund zwanzig Jahren gab es eine Plakatkampagne, bei denen u.a. ein Augenpaar durch den Briefschlitz der Haustür spionierte, um von vorneherein klarzustellen, dass es niemandem gelingen werde, sich um die Zahlung der Rundfunkgebühr zu drücken.
Peitsche statt Zuckerbrot
Angst als Antrieb zur Verhaltensänderung: Diese psychologische Binsenweisheit ist nicht erst seit den Schriften des Freud-Neffen, Werbepsychologen und Propaganda-Experten Edward Bernays bekannt. Gutsherren, Generäle, Politiker, Lehrer, Eltern und sonstige vermeintliche Autoritäten wussten schon immer, dass gerne auch mal die Peitsche knallen darf, wenn den störrischen Befehlsempfängern das Zuckerbrot nicht schmeckt. Doch ist eine Werbung, die auf dem Prinzip der Einschüchterung basiert, gerade in Corona-Zeiten noch zeitgemäß – oder nicht doch kontraproduktiv?
Nach den Erkenntnissen der Werbepsychologie gibt es verschiedene Strategien, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verkaufen. Alleinstellungsmerkmale, das Abzielen auf das Unbewusste der Konsumenten und vor allem das kreative Spiel mit Emotionen gehören dazu.
„Deshalb muss man auch hier kreativ werden, damit die Werbung durch Besonderheiten auffällt. Dazu gehören eingängige und manchmal auch provozierende Slogans, ungewöhnliche Bilder und Humor“, erklärt die Webseite „marketinginstitut.biz“ die Werbe-Strategie des „Auffallens um jeden Preis“. „Bottom-up-Prozess“ heißt das in der Fachsprache.
Abweichung von der Norm
Nach Einschätzung des Kommunikations- und Werbepsychologen Andreas Krautz (wirksamwerben.com) enthält der „Boosta-Werbespot“ allerdings keine „wirklichen Angstapelle“, sondern illustriert eher den Versuch, „Aufmerksamkeit durch Unnormalität“, also durch eine „Abweichung von der Norm“ zu erreichen.
Nämlich durch ein „übergroßes Kuscheltier“ in Verbindung mit der Spritze, dem „Symbol an sich“, das in der Büroszene auch noch ein „überdrehtes Verhalten“ an den Tag lege. Dieses Verhalten sei wahrscheinlich der Grund, warum der Spot ins Komische bzw. Lächerliche abdrifte. „So richtig durchdacht scheint die Kampagne nicht zu sein“, meint Krautz.
Noch viele Spritzen auf Lager
Die Stadt Wien hat nach Informationen der Zeitung „eXXpress“ allen Grund, die Werbetrommel fürs Impfen zu rühren, denn der österreichische Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) habe noch immer 14 Millionen mRNA-Impfstoffe auf Lager, und „für die kommenden zwei Jahre“ seien laut Auskunft des Ministeriums „insgesamt noch bis zu 17 Millionen Impfdosen avisiert“. Bei rund neun Millionen Einwohnern in ganz Österreich.
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