„Correctiv“-Geschäftsführer Schraven erhält Rüffel vom Landgericht Hamburg

Der „Correctiv“-Geschäftsführer David Schraven darf nicht weiter behaupten, dass das Landgericht Hamburg die Kernaussagen des Artikels „Geheimplan für Deutschland“ als „prozessuale Wahrheit“ bestätigt habe. Mit dieser Frage hatte sich das Gericht nämlich gar nicht beschäftigt.
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Archivbild: Ein Artikel des Recherchenetzwerks „Correctiv“ löste im Januar 2024 eine deutschlandweite Welle von Demonstrationen „gegen Rechts“ aus. Das Bild zeigt Demonstranten in Frankfurt am Main.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Von 13. Mai 2024

Die Geschichte des Potsdamer „Geheimtreffens gegen Deutschland“, die das Netzwerk „Correctiv“ kurz nach Beginn der Bauern- und Mittelstandsproteste am 10. Januar 2024 lanciert hatte, scheint immer noch nicht auserzählt: Das Landgericht (LG) Hamburg hat „Correctiv“-Geschäftsführer David Schraven am 7. Mai 2024 verboten, weiterzuverbreiten, dass das Gericht die Kernaussage der vermeintlichen Skandalstory als „prozessuale Wahrheit“ bestätigt habe. Das gab der Rechtsanwalt Carsten Brennecke drei Tage später auf seinem X-Kanal bekannt.

Brennecke vertritt bei der Medienkanzlei Höcker die Interessen des Staatsrechtlers Dr. Ulrich Vosgerau (CDU). Dieser hatte an der Seite einiger Parteikollegen, Privatpersonen und Mitglieder der AfD am 25. November 2023 an der umstrittenen Gesprächsrunde in einem Potsdamer Landhotel teilgenommen. Dabei hielt auch der vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestufte österreichische Aktivist Martin Sellner einen Kurzvortrag zum Thema Remigration. Der „Correctiv“-Bericht über das heimlich ausgespähte Treffen hatte in Deutschland zu zahlreichen Großdemonstrationen „gegen Rechts“ geführt, in deren Mittelpunkt vorwiegend die Abneigung gegen die AfD stand.

Interview in der „Frankfurter“ darf so nicht stehen bleiben

Schraven hatte nach Darstellung Brenneckes in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) vom 3. März 2024 (Bezahlschranke) gesagt, dass „der Kern“ des „Correctiv“-Artikels vom LG „bestätigt worden“ sei, nämlich:

[…] dass bei diesem Geheimtreffen über einen Masterplan gesprochen wurde, mit dem ‚Remigration’ betrieben werden sollte, und dass das auch Menschen mit Zuwanderungsgeschichte betrifft. Das Gericht hat mehrmals gesagt, dass das, was von uns vorgetragen worden ist, die ‚prozessuale Wahrheit‘ ist.“

Diese Aussage Schravens wollte Vosgerau erneut nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen. Der Grund: Aus der Pressemitteilung des LG Hamburg vom 27. Februar 2024 (Az.: 324 O 61/24) geht hervor, dass sich das Gericht gar nicht mit dem gesamten Inhalt des umstrittenen Artikels befasst, sondern nur über die korrekte Wiedergabe von Äußerungen Vosgeraus zu entscheiden hatte:

Alle weiteren Inhalte der Correctiv-Berichterstattung, insbesondere ob, durch wen und in welchem Umfang die in dem Artikel thematisierte ‚Remigration‘ von Menschen mit Migrationshintergrund, die einen Aufenthaltsstatus oder die deutsche Staatsbürgerschaft haben, auf der Veranstaltung in Potsdam diskutiert wurde, sind nicht Gegenstand der Entscheidung. Für keinen der äußerungsrechtlichen Angriffe des Antragstellers kam es darauf an.“

Vosgerau: Niederlage vor dem OLG

Antragsteller Vosgerau hatte zuvor versucht, die Darstellung seiner eigenen Äußerungen aus Potsdam in dem „Correctiv“-Artikel zurechtrücken zu lassen. Er sah sich bei drei Textstellen nicht korrekt wiedergegeben. Das LG Hamburg war ihm aber nur in einem Punkt zum Thema „Wahlprüfungsbeschwerde“ gefolgt – den Rest beurteilte der Richter als „in zulässiger Weise zusammengefasst“.

Nach Informationen der „Legal Tribune Online“ (LTO) wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg Vosgeraus sofortige Beschwerde gegen die gerichtliche Akzeptanz der beiden übrigen Passagen am 26. März 2024 in zweiter Instanz zurück (Az.: 7 W 34/23). Die Einschätzung des LG habe somit Bestand.

Brennecke sieht „Versuch der Desinformation“ belegt

Doch zurück zum aktuellen Urteil. Nach den Worten von Vosgeraus Rechtsbeistand Carsten Brennecke hatte Schraven im FAZ-Interview mit seinem Verweis auf eine Bestätigung des Geheimplanartikels durch das LG also eine „Falschbehauptung verbreitet“. Er habe somit „versucht, das Bild der Öffentlichkeit durch ein reichweitenstarkes Interview in der FAZ zu manipulieren“.

Schravens „Versuch der Desinformation“ sei „ein weiter Beleg dafür, wie das ‚System Correctiv‘“ funktioniere, so Brennecke. Im konkreten Fall handele es sich zugleich um „nachweislich irreführende Litigation-PR“. Der Begriff beschreibt nach Definition von Brennecke eine „prozessbegleitende Kommunikation“.

Auch die FAS müsse sich nun „die kritische Frage gefallen lassen, wie es denn um ihre journalistische Sorgfalt“ stehe, meint Brennecke. Das Frankfurter Blatt sei nämlich „vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung nicht bereit“ gewesen, „von der Weiterverbreitung der Falschbehauptungen [Schravens] abzusehen“. Die oben zitierte Pressemitteilung des LG war bereits ein paar Tage vor dem Schraven-Interview veröffentlicht worden.

„FAS-Journalist Harald Staun fragte trotzdem nicht nach, sondern druckte Schravens vermischten Unsinn getreulich ab“, twitterte Brennecke-Mandant Vosgerau am 12. Mai persönlich auf seinem X-Kanal. „Inzwischen haben sie es gelöscht.“

„Correctiv“-Artikel: Meinung statt Tatsachen

Schon im Februar hatte die „Correctiv“-Redaktion nach Angaben der LTO eingeräumt, dass es sich in weiten Teilen ihres Geheimplanartikels gar nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern lediglich um „Überzeugungen“, „unsere Auffassung“ oder „wertende Schlussfolgerungen“ gehandelt habe, als sie die Geschichte über angebliche Vertreibungspläne zum Nachteil von „Millionen Menschen“ mit „falscher Hautfarbe oder Herkunft“ veröffentlicht hatte. Dieser Art der Argumentation steht man nach deutschem Medienrecht praktisch wehrlos gegenüber, meint der Jurist Brennecke:

Bloße Meinungsäußerungen sind aufgrund des Grundrechts der Meinungs- und Pressefreiheit auch dann nicht angreifbar, wenn die Öffentlichkeit sie als falsche Tatsachenbehauptungen missversteht. […] Correctiv äußerte sich also zwar in manipulativ fragwürdiger Art und Weise aber in Form einer juristisch gerade noch zulässigen Meinungsäußerung.“

Es bleibt dabei: Aussage steht gegen Aussage

Trotz dieser Einschätzung Brenneckes hatten sich neben Vosgerau noch sieben weitere Potsdam-Teilnehmer im Februar entschlossen, gegen die Darstellung von „Correctiv“ vorzugehen. Sie stellten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Imageschaden war da längst entstanden. Viele Medien und Politiker hatten die „Überzeugungen“ und „wertenden Schlussfolgerungen“ von „Correctiv“ für bare Münze genommen und das Bild von einer neuen „Wannseekonferenz“, auf der „Deportationspläne“ geschmiedet worden seien, sogleich weiterverbreitet.

Um ihren Leumund zu retten, legten die derart Geschmähten eidesstattliche Versicherungen darüber vor, was sich in Potsdam ihrer Erinnerung nach wirklich zugetragen hatte. Doch wenige Tage später versicherten acht „Correctiv“-Mitarbeiter ebenfalls an Eides statt, dass ihre Version die richtige sei: „Wir garantieren die Richtigkeit unserer Recherche mit unserer persönlichen Freiheit und dem Medienhaus CORRECTIV als Sicherheit.“

Sämtliche 15 eidesstattlichen Versicherungen aber waren nach Einschätzung der LTO „für die Gerichte bedeutungslos“. Sie hätten den Streitparteien „vor allem als Mittel zum öffentlichen Meinungskampf im Internet“ gedient. Um eine juristische Aufklärung des Potsdamer Treffens oder den Wahrheitsgehalt des Berichts sei es den Richtern nie gegangen.

Inzwischen gibt es auch eine eigene Website über „das Märchen von Potsdam“, das die Sichtweise der Sitzungsteilnehmer widerspiegelt. Der Urheber ist unklar. Im Impressum firmiert „AutorenService.de“, ein Mediendienst mit Sitz in Fulda, der sich auf Pseudonyme spezialisiert hat.

Auch das Netzwerk „Correctiv“ unterhält eine umfangreiche FAQ-Seite speziell zu seiner Potsdam-Recherche. Darin betont das „Correctiv“-Team seine journalistische Neutralität: „Es gehört […] nicht zu unserer Rolle als Investigativjournalisten, Rechercheergebnisse mit Meinungen aufzuladen.“

„Correctiv“ beruft sich auf „sehr zuverlässige Quellen“

Belege für das in Potsdam angeblich Gesagte legte „Correctiv“ bis heute nicht vor. Das auch aus Steuermitteln und privaten Stiftungen unterstützte Recherchenetzwerk hatte das Potsdamer Landhaus eigenen Angaben zufolge „undercover“ aufgesucht und auf verschiedene „sehr zuverlässige Quellen“ zurückgegriffen, wie es in den FAQs zum Artikel heißt.

Namen von Informanten wolle man wegen des „Quellenschutzes“ nicht nennen. „Kurze Video-Sequenzen“, die man vor Ort gedreht habe, seien „für den Text nicht relevant“. Auch die im Artikel genannten „Dokumente“, auf die sich „Correctiv“ beruft, wurden nach einem knappen halben Jahr nicht öffentlich präsentiert. Dass man mehrere Wochen für die Veröffentlichung des „Geheimplan“-Artikels gebraucht habe, sei dem Umstand geschuldet, dass man sich „die nötige Zeit“ genommen habe. Es sei darum gegangen, „die Dokumente, Bilder und weitere Belege auszuwerten“, Stellungnahmen der „Teilnehmenden“ einzuholen und „eine sorgfältige rechtliche Prüfung“ durchzuführen.

Thorsten Feldmann, der Rechtsanwalt des „Correctiv“-Teams, bestreitet nach Angaben der „Welt“, dass seine Mandanten „unsauber“ recherchiert hätten. Entsprechende „Vorwürfe“ würden nur dazu dienen, „Correctiv zu diskreditieren“. Pressedarstellungen, nach denen „Geheimdienste“ das Potsdamer Treffen „abgehört und Correctiv eine Aufnahme zur journalistischen Verwertung zur Verfügung gestellt“ hätten, seien „Unfug“, so Feldmann laut „Welt“.



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