CORRECTIV-Chef darf Falschbehauptung zur Potsdam-Recherche nicht mehr verbreiten

David Schraven, der Chef des Recherchenetzwerks „CORRECTIV“, hat zugegeben, dass er Anfang März in einem FAZ-Interview über den aufsehenerregenden „Geheimplan“-Artikel eine Falschbehauptung aufgestellt hatte. Das Landgericht Hamburg hatte ihm das untersagt. Nun hat Schraven das Urteil akzeptiert.
Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion an einem Rechten-Treffen teilgenommen haben.
Das Symbolbild zeigt das Landhotel bei Potsdam, in dem Politiker und Privatleute im November 2023 an einem Treffen zum Thema Remigration teilgenommen hatten.Foto: Jens Kalaene/dpa
Von 21. Juni 2024

Bereits am 7. Mai 2024 hatte das Landgericht (LG) Hamburg dem „CORRECTIV“-Geschäftsführer David Schraven untersagt, öffentlich zu verbreiten, dass das Gericht die Kernaussage der vermeintlichen Skandalstory um ein Treffen von AfD- und CDU-Politikern in Potsdam als „prozessuale Wahrheit“ bestätigt habe. Seit dem 19. Juni steht nun fest: Schraven beugt sich dem Urteil. Es hat damit Rechtskraft erlangt.

Erfolgreich geklagt hatte der Staatsrechtler Dr. Ulrich Vosgerau (CDU). Er gehörte am 25. November 2023 zu jenen rund zwei Dutzend Parteikollegen, Privatpersonen und AfD-Mitgliedern, die sich in Potsdam zum Gedankenaustausch getroffen hatten. Dabei hielt auch der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte österreichische Aktivist Martin Sellner einen Kurzvortrag zum Thema Remigration.

Schraven erkennt Urteil an

Schraven habe das „Verbot der irreführenden Litigation PR“ anerkannt, teilte Vosgeraus Anwalt Carsten Brennecke nun auf seinem X-Kanal mit. Der Begriff „Litigation PR“ bedeutet so viel wie „Öffentlichkeitsarbeit im Rechtsstreit“. Er betrifft Meldungen, Artikel oder sonstige Verlautbarungen, die sich um juristische Fälle drehen und für das breite Publikum bestimmt sind.

Hintergrund ist der CORRECTIV-Artikel „Geheimplan gegen Deutschland“, in dem das Netzwerk das Potsdamer Treffen in ein schlechtes Licht gerückt hatte: In dem Artikel waren Worte wie „Deportation“, „Nazis“ und „Wannsee-Konferenz“ gefallen. Es hieß, die Teilnehmer hätten die Vertreibung von „Millionen Menschen“ mit „falscher Hautfarbe oder Herkunft“ geplant.

Der Text war am 10. Januar 2024 auf der CORRECTIV-Website erschienen – rund sechs Wochen nach der Hotel-Konferenz, zwei Tage nach dem Beginn der bundesweiten Bauern- und Mittelstandsproteste. Die Veröffentlichung hatte zu wochenlangen Straßenprotesten geführt. Die Wut der Demonstranten richtete sich dabei allgemein „gegen rechts“ und speziell gegen die AfD.

„CORRECTIV“-Artikel: Meinung statt Tatsachen

Das CORRECTIV-Team hatte nach Angaben des Fachportals „Legal Tribune Online“ (LTO) bereits im Februar eingeräumt, dass es in seinem Artikel hauptsächlich persönliche „Überzeugungen“, „unsere Auffassung“ oder „wertende Schlussfolgerungen“ transportiert hatte, anstatt Tatsachenbehauptungen aufzustellen. Dieser Art der Argumentation steht man nach deutschem Medienrecht praktisch wehrlos gegenüber, meinte der Jurist Brennecke: „CORRECTIV äußerte sich also zwar in manipulativ fragwürdiger Art und Weise, aber in Form einer juristisch gerade noch zulässigen Meinungsäußerung.“

Doch derartige Feinheiten wurden in großen Teilen von Medien, Politik und Öffentlichkeit bis heute nicht wahrgenommen: Noch immer bezieht sich etwa die Gewerkschaft Ver.di in ihrem Kampf gegen die AfD auf die angeblichen „Deportationspläne“ der aus ihrer Sicht „faschistischen“ Partei.

Als sich die Sachlage aufgeklärt hatte, waren die Schlagzeilen längst gesetzt, die Republik längst erschüttert und die Massendemos organisiert. Den Ansehensverlust hatte vor allem die AfD zu verkraften.

Interview in der „Frankfurter“ darf so nicht stehen bleiben

Doch zurück zum aktuellen Urteil des LG Hamburg. Dabei ging es lediglich um die Frage, ob Aussagen von David Schraven stehen bleiben durften, die der CORRECTIV-Chef in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAZ) vom 3. März 2024 (Bezahlschranke) getätigt hatte. Schraven hatte behauptet, dass „der Kern“ des CORRECTIV-Artikels vom LG „bestätigt worden“ sei, nämlich:

[…] dass bei diesem Geheimtreffen über einen Masterplan gesprochen wurde, mit dem ‚Remigration’ betrieben werden sollte, und dass das auch Menschen mit Zuwanderungsgeschichte betrifft. Das Gericht hat mehrmals gesagt, dass das, was von uns vorgetragen worden ist, die ‚prozessuale Wahrheit‘ ist.“

Eine ähnlich klingende Behauptung ist noch heute auf der Correctiv-Website zu finden.

Ein Ausschnitt aus dem Correctiv-Artikel „Wichtiger Erfolg für CORRECTIV vor dem Landgericht Hamburg“. Foto: Bildschirmfoto/Correctiv

Ein Ausschnitt aus dem Correctiv-Artikel „Wichtiger Erfolg für CORRECTIV vor dem Landgericht Hamburg“. Foto:  Bildschirmfoto/Correctiv

Auch in einem Sondernewsletter gab es eine ähnliche Passage, in der „CORRECTIV“-Rechtsbeistand Thorsten Feldmann mit den Worten zitiert wurde, dass „die Recherche insgesamt […] juristisch unbeanstandet“ geblieben sei.

Ein Ausschnitt aus dem CORRECTIV-Sondernewsletter zum Urteil des Landgerichts Hamburg. Foto: Bildschirmfoto/Correctiv

Ein Ausschnitt aus dem Correctiv-Sondernewsletter zum Urteil des Landgerichts Hamburg. Foto: Bildschirmfoto/Correctiv

Vosgerau wollte speziell das FAZ-Interview nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen. Der Grund: Aus der Pressemitteilung des LG Hamburg vom 27. Februar 2024 (Az.: 324 O 61/24) geht hervor, dass sich das Gericht gar nicht mit dem Inhalt des umstrittenen Artikels befasst, sondern nur über die korrekte Wiedergabe bestimmter Äußerungen Vosgeraus zu urteilen hatte:

Alle weiteren Inhalte der CORRECTIV-Berichterstattung, insbesondere ob, durch wen und in welchem Umfang die in dem Artikel thematisierte ‚Remigration‘ von Menschen mit Migrationshintergrund, die einen Aufenthaltsstatus oder die deutsche Staatsbürgerschaft haben, auf der Veranstaltung in Potsdam diskutiert wurde, sind nicht Gegenstand der Entscheidung. Für keinen der äußerungsrechtlichen Angriffe des Antragstellers kam es darauf an.“ (Hervorhebung: Epoch Times)

Nach den Worten von Vosgeraus Rechtsbeistand Brennecke hatte Schraven im FAZ-Interview mit seinem Verweis auf eine Bestätigung des Geheimplanartikels durch das Landgericht Hamburg also eine „Falschbehauptung verbreitet“. Er habe somit „versucht, das Bild der Öffentlichkeit durch ein reichweitenstarkes Interview in der FAZ zu manipulieren“. Schravens „Versuch der Desinformation“ sei „ein weiter Beleg dafür, wie das ‚System Correctiv‘“ funktioniere, so Brennecke.

Vosgerau hatte zudem geklagt, weil er sich selbst in drei Passagen des Artikels nicht korrekt wiedergegeben gesehen hatte. Das Landgericht Hamburg war ihm dabei nur in einem Fall gefolgt. Auch dieses Urteil erkannte die Correctiv-Redaktion nach Angaben von Brennecke nun abschließend an.

Inhaltlich bleibt es dabei: Aussage steht gegen Aussage

Neben Vosgerau hatten sich im Februar 2024 noch sieben weitere Potsdam-Teilnehmer entschlossen, gegen die Darstellung von „CORRECTIV“ vorzugehen. Um ihren Leumund zu retten, legten sie eidesstattliche Versicherungen darüber vor, was sich in Potsdam ihrer Erinnerung nach wirklich zugetragen hatte. Doch wenige Tage später versicherten acht „CORRECTIV“-Mitarbeiter ebenfalls an Eides statt, dass ihre Version die richtige sei: „Wir garantieren die Richtigkeit unserer Recherche mit unserer persönlichen Freiheit und dem Medienhaus CORRECTIV als Sicherheit.“

Sämtliche 15 eidesstattlichen Versicherungen aber waren nach Einschätzung der LTO „für die Gerichte bedeutungslos“. Sie hätten den Streitparteien „vor allem als Mittel zum öffentlichen Meinungskampf im Internet“ gedient. Um eine juristische Aufklärung des Potsdamer Treffens oder den Wahrheitsgehalt des Berichts sei es den Richtern nie gegangen.

Inzwischen gibt es auch eine eigene Website über „das Märchen von Potsdam“, das die Sichtweise der Sitzungsteilnehmer widerspiegelt. Der Urheber ist unklar. Im Impressum firmiert „AutorenService.de“, ein Mediendienst mit Sitz in Fulda, der sich auf Pseudonyme spezialisiert hat.

„CORRECTIV“ beruft sich auf „sehr zuverlässige Quellen“

Auch das Netzwerk „CORRECTIV“ unterhält eine umfangreiche FAQ-Seite speziell zu seiner Potsdam-Recherche. Darin betont das „CORRECTIV“-Team seine journalistische Neutralität: „Es gehört […] nicht zu unserer Rolle als Investigativjournalisten, Rechercheergebnisse mit Meinungen aufzuladen.“

Belege für das in Potsdam angeblich Gesagte legte „CORRECTIV“ bis heute nicht vor. Das auch aus Steuermitteln und privaten Stiftungen unterstützte Recherchenetzwerk hatte das Potsdamer Landhaus eigenen Angaben zufolge „undercover“ aufgesucht und auf verschiedene „sehr zuverlässige Quellen“ zurückgegriffen, wie es in den FAQs zum Artikel heißt.

Namen von Informanten wolle man wegen des „Quellenschutzes“ nicht nennen. „Kurze Video-Sequenzen“, die man vor Ort gedreht habe, seien „für den Text nicht relevant“. Auch die im Artikel genannten „Dokumente“, auf die sich „CORRECTIV“ beruft, wurden bis heute nicht öffentlich präsentiert. Dass man mehrere Wochen für die Veröffentlichung des „Geheimplan“-Artikels gebraucht habe, sei dem Umstand geschuldet, dass man sich „die nötige Zeit“ genommen habe. Es sei darum gegangen, „die Dokumente, Bilder und weitere Belege auszuwerten“, Stellungnahmen der „Teilnehmenden“ einzuholen und „eine sorgfältige rechtliche Prüfung“ durchzuführen.

Thorsten Feldmann, der Rechtsanwalt des „CORRECTIV“-Teams, bestreitet nach Angaben der „Welt“, dass seine Mandanten „unsauber“ recherchiert hätten. Entsprechende „Vorwürfe“ würden nur dazu dienen, „Correctiv zu diskreditieren“. Pressedarstellungen, nach denen „Geheimdienste“ das Potsdamer Treffen „abgehört und Correctiv eine Aufnahme zur journalistischen Verwertung zur Verfügung gestellt“ hätten, seien „Unfug“, so Feldmann laut „Welt“.

Potsdam-Recherche bald preisgekrönt

Trotz aller Ungereimtheiten und der vielen Meinungsäußerungen im Text soll das „CORRECTIV“-Team im Oktober 2024 für seine Recherche zu den Ereignissen im Potsdamer Landhotel ausgezeichnet werden. Die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig will den Rechercheuren den Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien verleihen. Das Portal „Apollo News“ hatte zuerst darüber berichtet.



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