Bitte nicht AfD wählen: Schraubenmilliardär Würth gibt erstmals Wahlempfehlung ab
Mit Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth (88), Multimilliardär und Sohn des Gründers des gleichnamigen Schrauben-Weltkonzerns, engagiert sich ein weiterer Wirtschaftsvertreter gegen die Alternative für Deutschland (AfD).
Würth hat mehreren Medienberichten zufolge seinen 25.000 Mitarbeitern in Deutschland am 18. März 2024 per internem Rundschreiben davon abgeraten, die Partei zu wählen. Seiner Meinung nach sollten sogar sämtliche Wahlberechtigte ihr Kreuzchen bei anderen Parteien machen. Der entsprechende Passus lautet nach Informationen des SWR wie folgt:
Ich appelliere an jede Bürgerin und jeden Bürger und auch an Sie, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, überlegen Sie, wem Sie bei den verschiedenen Wahlen Ihre Stimme geben.“
Er selbst gehe davon aus, dass die AfD „mindestens eine Demokratur oder gar eine Diktatur einführen“ wolle, wie „T-online“ aus dem Schreiben zitiert. Persönlich verorte er sich allerdings an der Seite jener „vielen Millionen“ Demonstranten, die „keine grundsätzlichen Veränderungen“ im Politiksystem wollten. Deshalb habe er sich entgegen der Tradition seines Unternehmens entschlossen, erstmals eine Wahlempfehlung abzugeben.
Würth sieht offenbar kaum Grund zur Sorge
Der Vorsitzende des Würth-Stiftungsaufsichtsrats und damit noch immer der wohl wichtigste Mann im Konzernverbund der Würth Group ermahnt AfD-Wähler wie folgt:
Bloß wegen eines bisschen Spaß an der Freude Rabatz zu machen und aus Unmut über die Ampelregierung die AfD zu wählen, ist einfach zu wenig.“
Würth geht nicht auf die Ursachen des „Unmuts“ ein. Er schreibt, den Menschen in Deutschland gehe es gut: „Ich wette, dass der durchschnittliche AfD-Wähler über ein eigenes Auto verfügt und mindestens einmal im Jahr in den Urlaub fährt.“
Das Wirken der rot-grün-gelben Regierungsmannschaft und dessen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland scheinen den Unternehmer nicht sonderlich zu beunruhigen:
Ist es nicht wunderbar, dass unser Deutschland eine Ampelregierung aushalten kann, die in vielen Teilen wie ein Hühnerhaufen durcheinander rennt [sic] und doch trotzdem das eine oder andere positive Gesetz auf den Weg bringt?“
Überhaupt verwendete der passionierte Kunstsammler viel Platz in seinem fünfseitigen Text darauf, die Errungenschaften der Bundesrepublik Deutschland historisch in ein positives Licht zu rücken. Es sei normal, „dass heute die Bürger in Deutschland wohl etabliert ein eher freiheitliches Leben leben können und einen guten oder mindestens angemessenen Arbeitsplatz haben“, schrieb Würth nach Angaben des SWR. Heute Parallelen zur Weimarer Republik zu ziehen, sei „absoluter Unsinn“, zitiert ihn die „Tagesschau“. Denn, so Würth:
Rekapitulieren wir einfach einmal, in welcher Zeit wir leben: Im Gegensatz zur Weimarer Zeit muss in unserer heutigen Bundesrepublik Deutschland kein Mensch hungern oder frieren. Die Sozialeinrichtungen des Bundes und der Länder überschütten geradezu die Bedürftigen mit Hilfsangeboten.“
„Schätzen wir wieder, was wir haben“
„Wir haben solche Freiheit“, schwärmte Würth weiter. „Jeder kann sagen ‚Bundeskanzler Scholz ist ein Dummkopf‘ und wandert dafür nicht für zwei Wochen oder ein halbes Jahr in das Gefängnis.“ Seine Aussage relativiert der Paragraf 188 des Strafgesetzbuchs („Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“) sowie die Pläne der Regierung, demnächst die Behörden zu ermächtigen, auch „unter der Strafbarkeitsgrenze“ aktiv zu werden.
Würths Worte klingen ähnlich dem „besten Deutschland, das es jemals gegeben hat“, welches Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) am 3. Oktober 2020 beschrieben hatte (PDF-Datei). Würth formuliert folgende „Empfehlung“:
Lassen Sie uns im heutigen System unseres so wunderbaren Grundgesetzes mit unseren unterschiedlichen Meinungen, Vorstellungen und Ideen weiter zusammenleben und schätzen wir wieder, was wir haben: Eine Familie, einen Arbeitsplatz, ein Auto, eine Wohnung oder ein Haus, Urlaubsziele, absolute Bewegungs- und Reisefreiheit und die politische Vielfalt der demokratischen Parteien.“
Familie, Arbeitsplatz, Immobilienbesitz und Co.
In der Bundesrepublik Deutschland lag die Zahl der Ein-Personen-Haushalte laut „Tagesschau“ im Jahr 2022 bei 16,7 Millionen. Die Zahl der Obdachlosen war nach Schätzung des Statistischen Bundesamts im selben Jahr auf schätzungsweise 607.000 Menschen gestiegen. Die Arbeitslosenquote betrug laut Statista im Februar 2024 rund 6,1 Prozent – so viel wie zuletzt 2016. Destatis hatte zudem für das Jahr 2021 festgestellt, dass 23 Prozent der Haushalte in Deutschland nicht über ein eigenes Auto verfügten.
Nach Angaben der Informationsplattform „Squarevest.ag“ ist Deutschland innerhalb der EU das Land mit der geringsten Wohneigentumsquote: Im Bundesdurchschnitt besaßen mit Stand 1. Januar 2023 nur 52 Prozent der Bundesbürger eine eigene Wohnimmobilie. Laut Statista planen mit 63 Prozent nicht einmal zwei Drittel der Bevölkerung für das Jahr 2024 eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen Dauer. Besonders die Corona-Jahre 2020 und 2021 hatten – auch wegen politischer Verordnungen – zu einem relativ starken Einbruch des Reisegeschehens geführt.
Lob aus dem Landesfinanzministerium, Kritik vom AfD-Landesfraktionschef
Wie der SWR berichtete, bedankte sich der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) auf seinem X-Kanal bereits „für die klare Haltung“ des Schraubenkönigs.
AfD-Landesfraktionschef Anton Baron zeigte sich erwartungsgemäß verärgert. Auf Facebook schrieb er unter anderem, Würth beteilige sich „an der Hetzkampagne“ gegen seine Partei, habe „eine rote Linie überschritten“ und „seine Verachtung für die existenziellen Ängste der Bürger“ gezeigt. „Was wohl mit den Mitarbeitern passiert, die trotzdem die AfD unterstützen oder wählen?“, fragte Baron. „Werden sie denunziert oder gar entlassen?“ Aus seiner Sicht dürfe es „in einer Demokratie keine Denk- und Sprechverbote geben“ und „niemand“ dürfe „einem anderen eine Meinung aufzwingen wollen“.
Der Würth-Konzern in Kürze
Nach eigenen Angaben besteht die Würth-Gruppe heute aus „über 400 Gesellschaften in 80 Ländern“. Laut „Wuerth.de“ ist der Konzern „Weltmarktführer in der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Montage- und Befestigungsmaterial“. Im Geschäftsjahr 2023 hatte die Gruppe damit 20,4 Milliarden Euro Umsatz generiert. Weltweit beschäftige der Konzern derzeit gut 87.000 Mitarbeiter, davon allein knapp 8.000 bei der Adolf Würth GmbH & Co. KG, die ihren Hauptsitz im baden-württembergischen Künzelsau im Hohenlohekreis hat.
Prof. Reinhold Würth, Jahrgang 1935, rangiert auf der „Forbes“-Liste der Superreichen dieses Planeten derzeit auf Platz 46. Der Konzernlenker besitzt aktuellen „Forbes“-Schätzungen zufolge mit Stand 19. März 2024 Vermögenswerte von etwa 33,4 Milliarden Euro. Nach Angaben der „Welt“ ist er kein Freund von Betriebsräten, setzte stattdessen jahrzehntelang lieber auf einen „Vertrauensrat“. Erst im Herbst 2019 war ein Betriebsrat bei der zentralen Adolf Würth GmbH zustande gekommen.
Nach einer Auseinandersetzung mit den deutschen Steuerbehörden hat Würth die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen. Er erwog sogar, den Firmensitz der Gruppe in die Schweiz zu verlegen, nahm laut „Handelsblatt“ davon aber wieder Abstand „wegen des Aufwands und auf Drängen seiner Frau“.
Wirtschaftsbosse kontra AfD
Nach Informationen von „T-online“ hatten sich vor Würths Wahlempfehlung bereits andere Spitzenkräfte der deutschen Wirtschaft klar gegen die AfD positioniert. So hatte etwa Thomas Rabe, der Chef des Gütersloher Medienriesen Bertelsmann, in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ den AfD-Anhängern in seiner Belegschaft geraten, sich selbst zu „prüfen, ob sie zu uns und unseren Werten passen“.
Auch Christian Kullmann, der Chef des Essener Chemiekonzerns Evonik, hatte die AfD bereits Ende November 2023 in der „Süddeutschen Zeitung“ (Bezahlschranke) als „eine braun durchwirkte Partei“ bezeichnet. Sie gefährde „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Menschenrechte“ und schade „unserer Volkswirtschaft, unserer Gesellschaft, unserer Zukunft“. Anfang März hatte Kullmann laut „Zeit“ während der Bilanzpressekonferenz noch einmal Stellung gegen die AfD bezogen: „Ein wirtschaftlich prosperierendes Europa braucht eines nicht: einen braunen Mob in den europäischen Parlamenten und einen braunen Mob, der hier zusätzlich versucht, sich Einfluss zu verschaffen.“
Im Herbst 2023 hatte das Magazin „Capital“ eine Umfrage unter den 40 Dax-Unternehmen und den 20 größten mittelständischen Betrieben Deutschlands gestartet. Das Blatt wollte wissen, wie die Bosse über die Forderungen der AfD denken. Sieben Rückläufe, darunter Volkswagen und der Chemiekonzern Helm, hätten sich ausdrücklich gegen die AfD ausgesprochen, weitere 19 hätten sich „nur allgemein gegen Diskriminierung und für Toleranz und Weltoffenheit“ ausgesprochen. Vier andere Häuser hätten angegeben, sich nicht näher zu dem Thema äußern zu wollen. Der Rest habe erst gar nicht auf die Anfrage reagiert. Wie „Capital“ berichtete, hätten sich vor der Umfrage neben Kullmann auch Ex-Siemens-CEO Joe Kaeser und der Unternehmensberater Harald Christ öffentlich gegen die AfD gestellt.
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