Bei Waffenstillstand: Baerbock hält deutsche Soldaten in der Ukraine für denkbar
Für den Fall eines Waffenstillstands wäre Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) offenbar bereit, auch deutsche Bundeswehrsoldaten in die Ukraine zu schicken – als Teil einer internationalen Schutztruppe.
Mehreren Medienberichten zufolge erklärte Baerbock am 3. Dezember kurz vor dem Treffen der NATO-Außenminister im Brüsseler Hauptquartier des Militärbündnisses, dass sie sich zur Absicherung eines Waffenstillstands in der Ukraine unter anderem eine internationale Präsenz vor Ort vorstellen könne.
„Alles, was dem Frieden in der Zukunft diene“, werde man „von deutscher Seite mit allen Kräften unterstützen“, so Baerbock laut „Spiegel“ auf die Frage, welche Rolle Deutschland dabei spielen könnte.
„Verschiedene Elemente eines Friedens stehen im Raum“
Nach Angaben von n-tv darf eine Friedenslösung für Baerbock allerdings nicht um jeden Preis erfolgen: „Es muss ein gerechter Frieden sein, es darf kein Einfrieren eines Konflikts sein, das nur zu einer weiteren Aufrüstung und nur zu weiteren Angriffen auf die Ukraine oder gar andere europäische Länder führt“. Nötig seien „Sicherheitsgarantien, die auch wirklich tragen“, so die Außenministerin laut n-tv.
Am Abend des 3. Dezember stellte Baerbock auf ihrem X-Kanal klar:
Verschiedene Elemente eines Friedens stehen im Raum: politische wie materielle Sicherheitsgarantien, NATO-Mitgliedschaft, eine internationale Präsenz zur Absicherung eines Waffenstillstands, Truppenrückzug, Gebietsfragen, Wiederaufbau, der Umgang mit Sanktionen.“
Es sei allerdings allein an der Ukraine, zu entscheiden, „mit welchen Zielen sie an den Verhandlungstisch“ gehe. „Dazu muss sie in einer Position der Stärke sein. Und daher unterstützen wir die Ukraine weiter“, postete die Chefin des Auswärtigen Amtes. Und weiter: „Doch auch nach 1000 Tagen Krieg fehlt Putin die Bereitschaft, die Aggression zu stoppen & an den Verhandlungstisch zu kommen“.
Nils Gründer (FDP) fragt den Bundeskanzler, wie die Bundesregierung zu der Position kommt, deutsche Soldaten in die Ukraine zu entsenden.
Gründer: „Gestern hat die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ins Spiel gebracht, deutsche Soldatinnen und Soldaten im Rahmen einer… pic.twitter.com/8qmKfmPx7l
— Epoch Times Deutsch (@EpochTimesDE) December 4, 2024
Nun seien insbesondere die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats gefragt, wie sie selbst bereits während ihres Chinabesuchs zum Ausdruck gebracht habe. Denn „Frieden erreichen wir nur gemeinsam“, twitterte Baerbock.
Kallas für europäische Friedenstruppen zur Absicherung
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, die ehemalige estnische Regierungschefin, hatte schon am Wochenende gesagt, dass sie die Absicherung eines Waffenstillstands mithilfe europäischer Militärs für denkbar halte.
Infrage kämen dafür aus Sicht von Kallas primär jene EU-Staaten, die sich bereits früher offen für eine Entsendung von Truppen gezeigt hätten – wie etwa Frankreich oder die Länder des Baltikums.
Warten auf den „Inauguration-Day“
Dass die NATO in Brüssel überhaupt über mögliche Nachkriegsszenarien spricht, hängt nach Einschätzung der „Welt“ vor allem mit der nahenden Vereidigung des neuen US-Präsidenten Donald Trump zusammen. Trump soll die Amtsgeschäfte traditionell am 20. Januar übernehmen, dem „Inauguration-Day“. Er hatte vor seiner Wahl immer wieder versprochen, den Ukraine-Krieg „innerhalb von 24 Stunden“ zu beenden, falls er noch einmal in Weiße Haus einziehen würde.
Die NATO geht nach Informationen der „Welt“ nun davon aus, dass Trump sowohl der Ukraine als auch Russland bestimmte Konsequenzen in Aussicht stellen könnte, falls diese sich nicht auf einen Friedensabkommen verständigen wollten: Trump könne der Ukraine eine weitere Unterstützung verwehren oder Russland mit noch mehr Hilfe für die Ukraine unter Druck setzen.
Nach Informationen der „Bild“ denken sowohl das Team Trump als auch der frühere britische Premierminister Boris Johnson darüber nach, nach einem Waffenstillstand internationale „Friedenstruppen“ in einer Pufferzone zwischen den verfeindeten Territorien einzurichten. Die künftige Regierung Trump wolle aber weder US-Militärs in das Gebiet schicken noch Geld dafür beisteuern: „Das sollen die Polen, Deutschen, die Briten und Franzosen machen“, zitiert die „Bild“ einen Trump-Berater unter Verweis auf das „Wall Street Journal“.
NATO-Generalsekretär gegen schnellen Beitritt der Ukraine
Einer schnellen Aufnahme der Ukraine in das westliche Militärbündnis hatte NATO-Generalsekretär Mark Rutte laut „Welt“ am Dienstag eine Absage erteilt. Nach Informationen des ZDF sprach sich Rutte lediglich dafür aus, die Ukraine in eine „Position der Stärke“ zu versetzen, um deren Ausgangslage für Friedensverhandlungen zu verbessern. Wie Baerbock habe auch Rutte betont, dass der Zeitpunkt für Friedensgespräche im Ermessen der Ukraine liege.
Der amerikanische Noch-Außenminister Antony Blinken versprach der Ukraine unterdessen weitere Militärhilfen im Wert von 725 Millionen Dollar aus Beständen des US-Verteidigungsministeriums.
Ukraine und Estland drängen auf NATO-Beitritt Kiews
Am Dienstag hatte unter anderem der estnische Außenminister Margus Tsahkna für eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine geworben: Das sei die „einzige Sicherheitsgarantie, die akzeptabel“ sei, so Tsahkna laut ZDF. Seine Landsfrau, die EU-Außenbeauftragte Kallas, hatte sich am Wochenende ähnlich geäußert.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte vor wenigen Tagen erklärt, für die Aufnahme in das westliche Militärbündnis auch vorübergehend auf die russisch besetzten Gebiete in der Ostukraine verzichten zu wollen.
Selenskyjs Außenminister Andrij Sybiha war laut ZDF am Dienstag mit einer Kopie des „Budapester Memorandums“ aus dem Jahr 1994 vor die Brüsseler Presse getreten, um an jene Sicherheitsgarantien zu erinnern, die unter anderem Russland und die USA seinem Land seinerzeit gegeben hatten. Nach Angaben des SWR hatte die Ukraine dafür auf ihr eigenes Atomwaffenarsenal verzichten müssen. Der damalige russische Präsident Boris Jelzin hatte auf der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) am 5. Dezember 1994 aber betont, dass es keine NATO-Osterweiterung geben dürfe.
Sybiha erklärte nun, dass das Memorandum nichts wert sei. Er verlangte, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Nach Angaben der „Welt“ betrachtet Sybihas Außenministerium den Beitritt zur NATO als die „einzige echte Garantie“ auf Sicherheit.
Baerbock betonte „wichtige Rolle“ für Deutschland schon vor Wochen
Nach Informationen der „Berliner Morgenpost“ hatte Baerbock bereits vor drei Wochen bei einer Veranstaltung der Körber-Stiftung in Berlin erklärt, es wäre „seltsam“, wenn „Europa hinginge und sagen würde, wir können den Frieden nicht selber sichern“.
Die Außenministerin habe damals darauf hingewiesen, dass es NATO-Missionen gebe und in Litauen eine Brigade unterhalten werde. „Und Deutschland würde da sicherlich als größte und wichtigste Nation in Europa eine wichtige Rolle spielen“, so Baerbock. „Das heißt: Wir können uns nicht wegducken vor unserer Verantwortung. Aber wir müssen natürlich auch ehrlich uns selbst gegenüber sein.“ Deutschland sei jedenfalls bereit, „alles zu tun, um Frieden zu sichern“.
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