Behördenversagen in Magdeburg? Öffentliche Kritik nimmt zu

Nach dem tödlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg, bei dem fünf Menschen starben und mehr als 200 verletzt wurden, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Stadt besucht und eine sorgfältige Aufklärung versprochen. Seine Äußerungen sowie die Kritik von Elon Musk und Forderungen aus der Opposition lösen nun eine Debatte um die Sicherheitsbehörden und die politische Verantwortung aus.
Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD) und Volker Wissing (hinten, parteilos), Bundesminister für Digitales und Verkehr und Bundesminister der Justiz, besuchen den Ort der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte sich heute in Magdeburg vor Ort ein Bild von der Lage.Foto: Jan Woitas/dpa
Von 22. Dezember 2024

Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Stadt besucht. Bei seinem Besuch sprach er von „einer furchtbaren, wahnsinnigen Tat“ und kündigte eine sorgfältige Aufklärung an.

Der Kanzler äußerte sich vor Ort tief betroffen über das Geschehene. Es gebe keinen friedlicheren und fröhlicheren Ort als einen Weihnachtsmarkt, sagte Scholz. „Was für eine furchtbare Tat ist das, dort mit solcher Brutalität so viele Menschen zu verletzen und zu töten“, so Scholz weiter. Die Anzahl der Todesopfer ist nach der Attacke auf fünf angestiegen.

„Wir haben fünf Menschenleben zu beklagen und mehr als 200 Verletzte, davon viele schwerst und schwer verletzt“, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff, der Scholz begleitete. Laut dem Kanzler sind „unglaublich viele, fast 40“ so schwer verletzt, „dass man große Sorge um sie haben muss.“ Die Tat gehe zutiefst zu Herzen, man müsse zusammenstehen.

Was wussten die Behörden im Vorfeld?

Scholz stellte eine genaue Aufklärung der Tat in Aussicht. „Es darf nichts ununtersucht bleiben – und so wird es auch sein“, so der Kanzler weiter. Man müsse den Täter, seine Handlungen und Motive genau verstehen und darauf mit den strafrechtlichen Konsequenzen reagieren. Auch CDU-Chef Friedrich Merz, Justizminister Volker Wissing und Umweltministerin Steffi Lemke waren vor Ort.

Unterdessen kommt aber auch Kritik am Vorgehen der Sicherheitsbehörden. Wie zuvor die Nachrichtenagentur dpa meldete, hatte es vor rund einem Jahr eine Art Warnhinweis auf den Mann an die deutschen Behörden gegeben. Das Königreich Saudi-Arabien habe seine Auslieferung beantragt, darauf habe Deutschland nicht reagiert, hieß es.

Der Mann stammt demnach aus der Stadt Al-Hofuf im Osten Saudi-Arabiens. Er sei Schiit gewesen. Nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung in dem mehrheitlich sunnitischen Land sind schiitisch. Es gibt immer wieder Berichte über Diskriminierungen gegenüber Schiiten im Land.

In sozialen Medien und Interviews erhob der mutmaßliche Täter Taleb al-A. zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genügend gegen den Islamismus zu unternehmen. Nachdem er vor Jahren mit seiner Unterstützung für saudische Frauen, die aus ihrem Heimatland fliehen, an die Öffentlichkeit gegangen war, schrieb er später auf seiner Website in englischer und arabischer Sprache: „Mein Rat: Bittet nicht um Asyl in Deutschland.“

Reform der Sicherheitsbehörden

FDP-Generalsekretär Marco Buschmann hatte gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Samstag eine Reform der Sicherheitsbehörden gefordert. Wenn es zutreffe, dass der Täter „eine Gewalttat angekündigt hatte und es Warnungen von ausländischen Diensten gab, muss aufgeklärt werden, warum es so weit kommen konnte“, sagte der frühere Bundesjustizminister. Die Strukturen der inneren Sicherheit in Deutschland müssten seiner Ansicht nach grundsätzlich reformiert werden.

„Bund und Länder müssen das gemeinsam angehen, dafür ist eine Föderalismuskommission der richtige Rahmen“, so Buschmann. Zu viele Behörden in Bund, Ländern und Kommunen überschnitten sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. „Das muss neu geordnet und die Ermittlungsbehörden dabei gestärkt werden.“

Musk greift Scholz frontal an

Der Milliardär und Trump-Berater Elon Musk fuhr auf seiner Plattform X einen Frontalangriff gegen Bundeskanzler Scholz. Unmittelbar nach dem Anschlag forderte Musk den Bundeskanzler dazu auf, Konsequenzen zu ziehen. „Scholz sollte sofort zurücktreten“, kommentierte der Tesla-Gründer einen Post auf seiner Plattform X, den vorher der Investor Mario Nawfal geteilt hatte. Weiter bezeichnete Musk den SPD-Politiker als einen „incompetent fool“, einen „unfähigen Narren“.

In einem weiteren Post teilte Musk Videoaufnahmen, die offenbar Rettungsfahrzeuge auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt zeigten. „Schrecklich“, kommentierte er die Szenen. Auch teilte Musk den Kommentar eines Nutzers, der den mutmaßlichen Anschlag als direkte Folge ungeregelter „Masseneinwanderung“ bezeichnete.

Die USA haben Deutschland nach der Attacke in Magdeburg ihre Solidarität versichert, wie das Portal „t-online“ schreibt. „Wir stehen in Solidarität mit dem deutschen Volk beim Trauern um die Menschen, die ihr Leben verloren haben“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Die USA seien bereit, Unterstützung zu leisten, während die Bergungsarbeiten weitergingen und die Behörden diesen schrecklichen Vorfall untersuchten.

AfD fordert Regierungserklärung von Scholz

Die AfD-Bundestagsfraktion forderte nach dem Anschlag in Magdeburg eine Sondersitzung des Bundestages mit einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz. Gegenüber dem TV-Sender „Welt“ sagte der erste parlamentarische Geschäftsführer, Bernd Baumann, die ganze innere Sicherheit sei desolat, wenn so etwas passieren könne, mitten in Deutschland.

„Ich berufe deshalb gerade eine Sondersitzung des Ältestenrates im Deutschen Bundestag ein, mit dem Ziel einer Sondersitzung des Deutschen Bundestages“, so Baumann weiter. Ziel dieser Sondersitzung sei „eine Debatte zur inneren Sicherheit und eine Regierungserklärung von Kanzler Scholz in dieser Sache.“ Das sei „das Mindeste, was man auf höchster Ebene der Politik den Opfern schuldig sei, in die Richtung, dass jetzt endlich gehandelt werden müsse“, so Baumann weiter.

Er habe deshalb bereits ein entsprechendes Schreiben an den Ältestenrat des Bundestages geschickt. Außerdem soll ein weiteres Schreiben an die parlamentarischen Geschäftsführer der anderen Bundestagsfraktionen gegangen sein, um Unterstützung für die Einberufung dieser Sondersitzung zu werben.

In dem Schreiben, über das der TV-Sender berichtet, heißt es:

Die Ereignisse in Magdeburg erfordern unseres Erachtens auch unverzügliches Handeln des Deutschen Bundestages. Eine Sondersitzung des Parlaments mit einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers und einer Debatte zur inneren Sicherheit in Deutschland erscheint meiner Fraktion daher notwendig.“

Bei dem mutmaßlichen Täter soll es sich laut verschiedener Medienberichte um einen AfD-Sympathisanten handeln. Der aus Saudi-Arabien stammende 50-Jährige sei allerdings nicht Mitglied in der Partei, teilte ein Sprecher von AfD-Chefin Alice Weidel am Samstag mit.

Täter der Berliner Justiz bekannt

Unterdessen wurde bekannt, dass der Täter von Magdeburg offenbar der Berliner Justiz bekannt war. Nach dpa-Informationen lag ein Verfahren der Amtsanwaltschaft Berlin wegen des Missbrauchs von Notrufen durch Taleb al-A. vor. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, am 23. Februar dieses Jahres im Dienstgebäude der Berliner Polizei den Notruf der Feuerwehr gewählt zu haben, ohne dass ein Notfall vorgelegen habe.

Daher wurde beim Amtsgericht Tiergarten Strafbefehl beantragt, der mit 20 Tagessätzen zu je 30 Euro erlassen wurde. Der Angeklagte habe Einspruch eingelegt. Zum Hauptverhandlungstermin am vergangenen Donnerstag (19. Dezember) sei der Angeklagte nicht erschienen, so die Berliner Staatsanwaltschaft. Der Einspruch sei auf Antrag der Amtsanwaltschaft somit verworfen worden.



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