Befreiungsschlag: Darum musste Generalsekretär Mario Czaja gehen
Es lief in den letzten Monaten nicht gut für die CDU. Obwohl die Ampel im Bund wie ein taumelnder Boxer in den Seilen hängt, können die Christdemokraten nicht von der Schwäche der Regierung profitieren. Es ist die AfD, die im Moment von der Unzufriedenheit der Menschen mit der Regierung profitiert.
Friedrich Merz, der als CDU-Parteivorsitzender mit dem Ziel angetreten war, die AfD zu halbieren, musste schnell einsehen, dass ihm das im Moment nicht gelingen kann. Zunehmend wurde vor allem der konservative und wirtschaftsliberale Flügel in der CDU unruhig: Die Frage, ob die Wahl von Friedrich Merz eine richtige Entscheidung gewesen ist, wurde in den letzten Wochen immer lauter gestellt.
Den Parteistrategen im Konrad-Adenauer-Haus muss klar gewesen sein, dass dringend etwas passieren muss.
Czaja war vielen zu zahm
Die Nachricht am Dienstagnachmittag war dann doch eine Überraschung: Merz tauscht seinen Generalsekretär aus. Mario Czaja muss gehen – Carsten Linnemann kommt. Für den CDU-Parteichef soll das ein Befreiungsschlag sein.
Wer gestern in die Partei hineinhörte, spürte Erleichterung. Schon lange galt der bisherige Generalsekretär Czaja nicht wenigen Parteimitgliedern als zu zahm. Gerade angesichts des Höhenflugs der AfD erwartete die Partei von ihrem „General“, dass dieser auf Attacke setzt. Czaja wirkte von Anfang an blass und still.
Anstatt mit dem politischen Gegner umzugehen, Inhalte zu erarbeiten und in die Basis hineinzuhorchen, konzentrierte sich Czaja darauf, in der Partei zu vermitteln und zu verteidigen. Für den Angriff waren Merz als Parteivorsitzender und sein Stellvertreter Linnemann zuständig. Merz wetterte über den „Sozialtourismus“. Während der Silvesterkrawalle nannte der Parteichef die Söhne von Migranten „kleine Paschas“.
Linnemann saß in Talkshows und griff frontal die Politik der Ampel an. So im November letzten Jahres bei „maybrit illner“, als er auf das Bürgergeld zu sprechen kommt. In Richtung der SPD-Politikerin Nancy Faeser schimpft Linnemann, der auch Chef der Grundsatzkommission seiner Partei ist: „Was ist das denn für ein Gesellschaftsbild! 40 Stunden arbeiten und dann gehe ich noch aufstocken, damit ich das Gleiche bekomme wie jemand, der nicht arbeitet? Da bin ich raus, das ist nicht meine Politik!“.
Zweckbündnis statt Zusammengehen aus tiefstem Herzen
Mario Czaja hingegen kam nicht in Tritt. Schon seine Wahl als Generalsekretär sah damals wie ein Angebot Friedrich Merz‘ an den linken Flügel seiner Partei aus. Bei seinen beiden vorangegangenen Anläufen auf den Parteivorsitz konnte sich Friedrich Merz auf den wirtschaftsliberalen Flügel, den Carsten Linnemann damals als Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) anführte, und die Junge Union verlassen.
Die christdemokratische Arbeitnehmerschaft hingegen stand dem Sauerländer eher skeptisch gegenüber. Mit Mario Czaja holte sich Friedrich Merz einen Mann in sein Team, der als ehemaliger Berliner Sozialsenator und Mitglied der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft genau den Bereich abdeckte, den Merz nicht erreichte.
Dass es Czaja bei der Bundestagswahl 2021 gelungen war, der Linken den fast traditionell tiefroten Wahlkreis Berlin-Marzahn abzunehmen, machte ihn in der CDU populär. Es war aber, das hörte man damals immer wieder in der Partei, eher ein Zweckbündnis als ein Zusammengehen aus tiefstem Herzen. Das Verhältnis wirkte dementsprechend eher formell.
Wer beide Männer bei öffentlichen Auftritten erlebte, merkte schnell, dass sich beide eigentlich eher fremd waren. Merz aus dem ländlich geprägten Sauerland, das traditionell tiefschwarz wählt, und Czaja aus Berlin, der weltläufigen Großstadt, in der die CDU viele Jahre keinen Boden gutmachen konnte. Czaja, so hieß es in CDU-Kreisen immer wieder, gehöre nicht zum inneren Zirkel des Parteichefs.
Ob Friedrich Merz nicht schon vor eineinhalb Jahren lieber Carsten Linnemann als Generalsekretär an seiner Seite gehabt hätte, kann nur spekuliert werden. Fakt ist, dass Carsten Linnemann als enger Vertrauter von Friedrich Merz gilt.
Beide kommen aus Nordrhein-Westfalen und stehen dem konservativen und wirtschaftsliberalen Flügel der CDU nahe. Das alles hätte es damals schwer gemacht, Linnemann als Generalsekretär durchzusetzen.
Linnemann schon lange wichtig für Merz
Wie wichtig Carsten Linnemann aber für Parteichef Merz ist, konnte man damals daran erkennen, dass der Paderborner als Parteivize Leiter der Programmkommission wurde. Federführend arbeitete er in den letzten Monaten an einem neuen Parteiprogramm der CDU. Das soll im kommenden Jahr beschlossen werden.
Linnemann tourte dafür durch das Land und sprach mit der Parteibasis. Das Grundsatzprogramm soll das Profil der CDU wieder schärfen und die Partei wieder greifbarer für die Wähler machen. Die CDU möchte damit für jeden erkennbar in die Nach-Merkel-Ära eintreten. Linnemann soll diesen Aufbruch mit dem Grundsatzprogramm unterfüttern.
Der neue Generalsekretär steht für einen konservativeren Kurs der Christdemokraten. Genau das, was sich viele Parteimitglieder und auch Wähler von Friedrich Merz erhofft hatten. Wie Merz hat auch Carsten Linnemann viele Unterstützer im Wirtschaftsflügel der CDU und bei der Jungen Union.
Schon als MIT-Bundesvorsitzender galt er als Merkel-kritisch und konnte daher unter ihr keine Karriere in der Partei machen. Seine Basis war der Wirtschaftsflügel, der unter Merkel aber immer weniger Gehör fand. Immer wieder forderte Linnemann, dass die CDU nicht aus dem Kanzleramt von Angela Merkel, sondern von der Basis geprägt werden müsse.
Als Generalsekretär kommt dem 45-Jährigen nun die Aufgabe zu, seine Partei ganz klar von der Ampel und hier besonders von den Grünen abzugrenzen. Zudem wird er auch die Aufgabe haben, AfD-Wähler wieder zur CDU zurückzuholen. Beides keine leichten Aufgaben.
Zustimmung aus der Bundestagsfraktion
In der Spitze der Unionsfraktion wurde der Wechsel begrüßt. „Carsten Linnemann ist ein wahrer Glücksfall für die CDU. Nicht nur wegen seiner wirtschafts- und sozialpolitischen Kompetenz, sondern auch, weil er für die CDU brennt“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), am Dienstag in Berlin.
Linnemann verkörpere mit seiner politischen Ausrichtung das, was die CDU jetzt brauche, schrieb Frei weiter. Die Bundesregierung versage gerade bei wirtschaftspolitischen Themen. Beim Wirtschaftswachstum und der Standortqualität werde Deutschland gerade nach hinten durchgereicht. Eine schleichende Deindustrialisierung, verbunden mit Abstiegsängsten, verunsichere die Menschen. „Genau da müssen wir die Ampel stellen. Carsten Linnemann ist dafür der richtige Kopf.“
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