EuGH: Zweiter Asylantrag mit alten Sachverhalten möglich
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat es Flüchtlingen erleichtert, nach einem ersten Scheitern einen weiteren auf Schutz und Asyl zu stellen. Nach einem am Donnerstag verkündeten Urteil kann ein solcher Folgeantrag unter Umständen auch auf Gründe gestützt werden, die eigentlich schon beim ersten Antrag bekannt waren.
Voraussetzung ist, dass den Flüchtling kein Verschulden für das Versäumnis beim ersten Antrag trifft. Fristen für den Folgeantrag, wie sie auch in Deutschland bestehen, sind dann unzulässig. (Az: C‑18/20)
Im Streitfall begründete ein Mann aus dem Irak seine Flucht nach Österreich zunächst mit dem in seiner Heimat herrschenden bewaffneten Konflikt. Er habe sich schiitischen Milizen verweigert, für die er kämpfen sollte. Deshalb müsse er im Irak um sein Leben bangen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Wien lehnte seinen Antrag auf internationalen Schutz aber ab. Erst bei seinem Folgeantrag gab er an, dass er homosexuell ist. Das Bundesamt wies ihn erneut ab, weil nach österreichischem Recht dann keine Sachverhalte neu angeführt werden können, die schon beim ersten Antrag bekannt waren.
Erneute Klage
Der Iraker klagte. Er habe zunächst nicht gewusst, dass er in Österreich nichts zu befürchten habe, wenn er sich zu seiner Homosexualität bekennt. Der Verwaltungsgerichtshof in Wien legte den Streit dem EuGH vor.
Der entschied nun, dass nach EU-Recht in solchen Fällen ein neues Verfahren möglich und vorgesehen ist. Die EU-Staaten könnten dies aber davon abhängig machen, dass diese Angaben von erheblichem Gewicht sind und „der Antragsteller ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage war, diese neuen Elemente oder Erkenntnisse im früheren Verfahren vorzubringen“.
Weiter urteilte der EuGH, dass der Folgeantrag in solchen Fällen nicht davon abhängig gemacht werden darf, dass er innerhalb bestimmter Fristen gestellt wird. In Deutschland muss ein Folgeantrag innerhalb von drei Monaten gestellt werden, nachdem die Flüchtlinge von dem Grund für ein neues Verfahren erfahren haben. In Österreich sind es sogar nur zwei Wochen.
In Fällen, in denen es gar nicht um neu aufgetretene Gründe geht, sind nach dem Luxemburger Urteil diese Fristen nicht anwendbar. Über den Antrag des Irakers müssen nach diesen Maßgaben nun die österreichischen Gerichte abschließend entscheiden.
Unterschiedliche Mehrwertsteuer für Freizeitparks und Jahrmärkte
Auf eine Frage des Finanzgerichts Köln zur Mehrwertsteuer für Freizeitparks erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag, dass das EU-Recht keine unterschiedliche Mehrwertsteuer für Freizeitparks und Jahrmärkte verbiete, solange der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird. Gleichartiges könne nämlich nicht unterschiedlich behandelt werden. Dieses muss über eine Klage des Freizeitparks Phantasialand entscheiden. (Az. C-406/20)
Das Phantasialand beanstandet, dass in Deutschland für Eintrittskarten bei ortsgebundenen Schaustellern wie in Freizeitparks der volle Steuersatz gilt, während er für Schausteller auf Jahrmärkten – die ortsungebunden sind – nur sieben Prozent beträgt.
Ob die Leistungen auf Jahrmärkten und in Freizeitparks gleichartig seien, müsse letztlich das Kölner Gericht beurteilen, entschied der EuGH. Dabei könne es aber wichtig sein, dass eine der beiden Leistungen – der Freizeitpark – grundsätzlich ständig verfügbar sei und die andere nicht. Dies könne für Verbraucher entscheidend sein.
Auch könnten Jahrmärkte, die oft auf regionalem Brauchtum beruhten, einen hohen Stellenwert im gesellschaftlichen Leben genießen – was wiederum die Entscheidung des Verbrauchers beeinflussen könne. Der EuGH wies zudem auf die Marktprivilegien für Jahrmärkte hin.
Das Finanzgericht muss nun im konkreten Fall entscheiden. Es ist dabei an die Rechtsauslegung des EuGH gebunden. (afp/dl)
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