Zukunftsangst in Hollywood: Oscars und Lebensmittel-Tafel

Wenn in der Nacht zu Montag die Oscars verliehen werden, wird Dutch Merrick nicht in Partystimmung sein. Wie viele andere Beschäftigte in Hollywood steckt der Requisiteur in einer schwierigen Lebensphase – und das nicht erst, seit er bei den Waldbränden rund um Los Angeles vergangenen Monat sein Haus verloren hat.
Wegen des Erstarkens von Streamingangeboten und der Abwanderung von Filmproduktionen aus Kalifornien ist er seit zwei Jahren für keinen größeren Dreh mehr gebucht worden.
„Die Arbeit ist verschwunden“, sagt Merrick, der auf die Lieferung und Sicherung von Waffen am Filmset spezialisiert ist. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand unserer Generation sich hätte vorstellen können, dass die Arbeit derart wegschmelzen würde.“
Lebensmittelausgabe neben Warner Bros. Studio
Merrick ist nun angewiesen auf die Lebensmittelausgabe der Iatse, der Gewerkschaft der technischen Berufe in Hollywoods Filmbranche. Die Freiwilligen der Tafel empfangen rund 40 Familien pro Woche in ihren Räumen in der Nähe der Warner Bros. Studio und versorgen sie mit Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs.
Die Lebensmittelausgabe war 2023 während der monatelangen Streiks der Drehbuchautoren und der Schauspieler in Hollywood gegründet worden. Mittlerweile hat sie sich zu einer festen Institution entwickelt.
„Die Branche befindet sich in einem Schrumpfprozess“, sagt Gewerkschaftsvertreter DeJon Ellis dazu. Es gebe mittlerweile ein Drittel weniger Jobs. Und die verheerenden Waldbrände rund um LA hätten die Probleme weiter verschärft.
Studios produzieren weniger – oder lagern die Produktion aus
Durch Film und Fernsehen ist Los Angeles groß geworden. In den vergangenen Jahrzehnten spielte die Branche eine bedeutende Rolle für die Wirtschaft der kalifornischen Metropole. Vergangenes Jahr gab es in L.A. allerdings so wenige Drehtage wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen – wenn man vom Stillstand während des Corona-Jahrs 2022 absieht.
Die Gründe für den Abschwung sind vielfältig, sagt Ellis. Einer sei aber sicherlich das Platzen der Streaming-Blase. Die Filmstudios in Hollywood haben es aufgegeben, zahlreiche Hochglanz-Serien mit großem Budget zu drehen, um den erfolgreichen Netflix-Produktionen Konkurrenz zu machen. Die Investoren lassen sich mittlerweile nicht mehr mit dem Versprechen von Wachstum zufriedenstellen, sie wollen Rendite.
In der Folge produzieren die Studios weniger und lagern viele der übrigen Produktionen dorthin aus, wo es billiger ist. In die US-Bundesstaaten New Mexico oder Georgia oder gleich steuersparend nach Thailand, Ungarn oder Südafrika.
Steueranreize werden „nicht reichen“
Durch Steueranreize sei in der Filmbranche ein Unterbietungswettbewerb losgetreten worden, sagt Merrick. „Ich denke, das Fundament von Hollywood ist in seinen Grundfesten erschüttert worden“, sagt der Filmausstatter.
Er fürchtet, dass es Los Angeles so ergeht wie seinem früheren Heimatort, der früheren Auto-Hochburg Detroit. Von dort waren immer mehr Autobauer abgewandert, um anderswo billiger zu produzieren.
Mit doppelten Steuergutschriften wollen Politiker nun dafür sorgen, dass weiterhin Filme in Kalifornien gedreht werden. Veronica Kahn bezweifelt angesichts der großen Umwälzungen in der Unterhaltungsbranche allerdings, dass das reicht. „Die Leute verbringen mehr Zeit damit, tonnenweise 30-Sekunden-Videos auf Tiktok anzuschauen, sie haben weniger Zeit für Filme und Serien“, sagt die 42-jährige Toningenieurin.
KI und Animationen
Und auch die Produktionsmethoden verändern sich. So sei dieses Jahr bei der Super-Bowl-Übertragung viel Künstliche Intelligenz und Animation zum Einsatz gekommen, sagt Kahn. „Also verschwinden unsere Jobs jetzt schon.“
Auch bei den jüngsten Streiks in Hollywood ging es um einen Schutz vor KI und bessere Bezahlung. Aber während die Schauspieler und Autoren für sich Verbesserungen erkämpft hätten, hätten Leute wie sie verloren, sagt Kahn. So sei ihr nach den Streiks gesagt worden, wegen all der zusätzlichen Zahlungen an Schauspieler und Autoren könne sich die Produktion „keine zusätzliche Person für den Ton“ mehr leisten.
Auch Kahn geht deshalb zur Iatse-Tafel. „Das hilft wirklich, jede Kleinigkeit hilft“, sagt sie und deutet auf einen Beutel mit Zitronen, Avocados und Eiern.
Seit den Bränden rund um L.A. haben die Hollywood-Studios Millionensummen zur Unterstützung der Betroffenen bereitgestellt. Doch aus Sicht von Gewerkschaftsverteter Ellis gäbe es einen besseren Weg, der Stadt und ihren Menschen zu helfen: „Macht mehr Filme und Fernsehsendungen hier in Los Angeles“, appelliert er. (afp/red)
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