Zu stark um Schmerzmittel zu sein
Conotoxine gehören zu einer Gruppe von Substanzen, die unter laborchemischen Versuchsbedingungen die Weiterleitung von Schmerzreizen von den Zellen zu den Nerven effektiv blockieren können. Der untersuchte Conotoxincocktail erwies sich in Experimenten als bis zu 100-fach wirksamer als die bisher verwendeten Präparate. Im Gegensatz zu den bisher verwendeten Schmerzmitteln, die auf Morphin basieren, führen Conotoxine nicht zur Abhängigkeit.
Die stärksten der zurzeit breitflächig eingesetzten Schmerzmittel haben opiumähnliche Wirkstoffe. Nur wenigen ist jedoch bekannt, dass es ein Schmerzmittel gibt, das deutlich stärker wirkt als diese. Bereits in den 90-er Jahren wurde das Schmerzmittelpräparat Ziconotid in den USA erfolgreich an großen Gesundheitszentren eingeführt. In Europa erhielt das Mittel Mitte 2006 durch die EU-Kommission seine Zulassung als Injektionspräparat in den Rückenmarkskanal.
Beeindruckende Wirksamkeit gegen chronische Schmerzen
Die beeindruckend starke Wirksamkeit dieser Substanz birgt gleichzeitig das größte Problem dieses Wirkstoffes: Wegen seiner hohen Potenz darf das Ziconotid zur Zeit nur durch einen Rückenmarkskatheter direkt in den Rückenmarkskanal eingeführt werden. Dadurch können die Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System minimiert werden. Der Forschungschef der irischen Firma Elan, die das Ziconotid entwickelte, bemerkt: «Das ist das erste wirklich neue Schmerzmittel seit 20 Jahren». Laut Ekman ist Ziconotid zudem etwa 1000-mal wirksamer als Morphium, macht aber nicht abhängig.
Das Gift der Kegelschnecke vermag die Übertragung von Nervenreizen direkt zu hemmen, da es die N-Typ-Kalziumkanäle in den Synapsen der Schmerzrezeptoren direkt blockieren kann. Damit unterscheidet sich dieses neue Schmerzmittel von der Schmerzmittelgruppe der Opiate, die direkt die Schmerzrezeptoren hemmen. Dieses Schmerzmittel wird als die einzig vielversprechende neue Arzneimittelgruppe in der Schmerztherapie der letzten 100 Jahre betrachtet.
Bereits mittelalterliche Ärzte, Alchemisten, Astrologen und Philosophen wie Paracelsus wussten, dass ein Stoff sowohl eine heilende als auch eine giftige Wirkung haben kann: „All Ding‘ sind Gift und nichts ohn‘ Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist”, schrieb Paracelsus Theophrastus in seinem Werk “Septem Defensiones”, erschienen 1589 in Basel. Die heutigen Mediziner wissen, dass sich gerade unter den wirksamsten Giften in der Tier- und Pflanzenwelt häufig auch hochwirksame Arzneimittel befinden. Beispiele dafür sind das Gift der Herbstzeitlosen (Colchicin), das bereits im Mittelalter bei Gicht verwendet wurde, oder das Gift des Fingerhutes, das als Digoxin bei Herzerkrankungen häufig eingesetzt wird. Tatsächlich haben schätzungsweise bis zu 70% aller verwendeten Arzneimittel direkt oder indirekt ihren Ursprung in der Tier- und Pflanzenwelt.
Bereits 1996 erfolgreich klinisch getestet
Eine der klinischen Studien über das Ziconotid, die die Wirksamkeit sowie die Sicherheit dieser Substanz belegten, wurde von Dr. William Brose durchgeführt. Dr. Brose ist Direktor des Pain Management Center an der Universität Stanford. Im November 2006 präsentierte er erstmals auf einem Kongress der American Pain Society seine detaillierte Studie über die Wirksamkeit des Ziconotids bei chronischen Schmerzen.
Seine Arbeit mit dem Titel „Schmerzlinderung durch SNX-111 (Ziconotid) bei Patienten mit morphinresistentem Schmerz“ beschreibt die Sicherheit und die Effektivität von Ziconotid bei der Behandlung von Patienten mit sehr starken Schmerzen. Die Studie wurde in mehreren großen Gesundheitszentren durchgeführt.
Linderung bei stärksten Schmerzen
Die meisten der in dieser Studie beobachteten Patienten zeigten eine beträchtliche Schmerzlinderung, sowohl laut ärztlicher Beurteilung wie auch den Angaben der Patienten zufolge. Andere Schmerzmittel, die zuvor ohne Erfolg eingesetzt worden waren, konnten bei vielen Patienten zum großen Teil abgesetzt werden. Bei mehr als zwei Drittel der insgesamt 24 untersuchten Patienten konnte über die Hälfte der bisherigen Medikation weggelassen werden. Einige Patienten kamen ohne Morphium oder andere Narkosemittel aus.
„Obwohl die Studie in erster Linie entworfen wurde, um die Effizienz und die Sicherheit der Behandlung durch Ziconotid bei schwerkranken Patienten zu gewährleisten, ist durch diese Studie klar geworden, dass ein Großteil der Patientengruppe von deutlichen Verbesserungen ihrer Beschwerden berichtete“, meint Dr. Bose. „Eine solch deutliche Reduzierung von Schmerzangaben seitens der Patienten zu sehen, auch ihrer bisherigen Medikation, ist in der Tat beachtlich. Für Patienten mit langwierigen, ständigen Schmerzen stellt das Ziconotid eine mögliche Hoffnung sowie ein Licht am Ende eines sehr langen und dunklen Tunnels dar.“
Innerhalb der Studie wurde den Patienten Ziconitid direkt in den Rückenmarkskanal injiziert. In allen Fällen handelte es sich um Probanden, denen weder Morphin noch andere Medikamente Schmerzlinderungen bringen konnten. Die Patienten litten unter verschiedenen Arten starker, chronischer Schmerzen, darunter fortgeschrittene Krebsleiden, AIDS, Neuropathien, Rückenmarksverletzungen und Phantomschmerzen (Schmerzen, die an amputierten oder fehlenden Gliedmaßen empfunden werden).
Forschung: Conotide in Tablettenform
Einem anderen Forscherteam ist bei dem Wirkstoff, der aus dem Gift der Conus-Schnecke gewonnen wird, ein entscheidender Schritt gelungen. Das Medikament kann nun in Tablettenform eingenommen werden – dank der Arbeit eines Forscherteams unter der Leitung von David Craik. Die Ergebnisse wurden im Juni 2010 im Journal „Angewandte Chemie“ veröffentlicht. Es ist dem Team gelungen, eine Abwandlung des Wirkstoffes herzustellen, die auch in Tablettenform aufgenommen werden kann.
Die im Schneckengift enthaltenen Peptide, auch Conotoxine genannt, haben in der Natur die Funktion, die Beute bewegungsunfähig zu machen, indem sie die Signalübertragungen von Nerven zu Zellen blockieren. Bei Säugetieren wirken sie jedoch schmerzlindernd. Das einzige derzeit aus Conotoxinen gewonnene und zugelassene Medikament, das Ziconotid, hat den Nachteil, dass es anfällig auf den Enzymabbau in Speichel und Darm reagiert. Daher gibt es die Möglichkeit, das Mittel mit Hilfe einer kleinen Pumpe direkt in den Rückenmarkskanal zu leiten. Der Nachteil: Die Ziconotid-Behandlung ist aufwendig und teuer. Aus dem Grund wird sie nur in besonderen Fällen eingesetzt.
Am Anfang stand laut der Veröffentlichung im Fachjournal „New Scientist“ eine künstlich hergestellte Version des Conotoxins. Da die Enzyme, die das Medikament normalerweise abbauen, an den Enden der Moleküle angreifen, nutzten die Wissenschaftler eine Kette von Aminosäuren, um diese Enden zu einer kreisförmigen Struktur zu formen. Dadurch ist die Abwandlung des Conotoxins nun gegen die Enzyme im Verdauungstrakt resistent geworden und kann vom Körper über den Darm aufgenommen werden.
Aufgrund der hohen Wirksamkeit sind nur geringe Mengen des Medikaments erforderlich. Laut D. Craik wird aufgrund der Situation mit einer Verringerung der Nebenwirkungen gerechnet.
Klinische Untersuchungen stehen noch aus
Bisher hat die Tablettenform des Conoctid keine Zulassung für die Anwendung am Patienten. Das entscheidende Verfahren über die Zulassung des Wirkstoffes als Medikament hat in den USA bereits seinen Anfang genommen und wartet auf die Genehmigung der US Food and Drug Administration, die Wirksamkeit an ausgewählten Patienten testen zu dürfen. Weitere klinische Studien bezüglich der Anwendung des Conoctid am Patienten sind in Planung. Sie sollen die Wirksamkeit des Conoctids in Tablettenform zeigen.
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