Immer noch zu Lasten der Armen? EU-Parlament billigt Vorschlag gegen Spekulationen mit Lebensmitteln
Trotz der Bedenken von humanitären Organisationen hat das Europaparlament am Mittwoch den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Regeln zur Eindämmung der Spekulation mit Nahrungsmitteln zugestimmt. Gebilligt wurden die Vorschläge vor allem von Konservativen und Liberalen.
Grüne und Vertreter der Linken votierten dagegen. Sie erachten die Neuregelung als zu lasch und befürchten, dass damit der Spekulation mit Nahrungsmitteln wie Weizen oder Mais kein Riegel vorgeschoben wird – zu Lasten armer Menschen in Entwicklungsländern.
Abgestimmt wurde über sogenannte technische Regulierungsstandards zur Umsetzung der vor drei Jahren verabschiedeten überarbeiteten Finanzmarkt-Richtlinie (Mifid II). Diese Standards wurden von der Brüsseler Kommission und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) erarbeitet.
Auf Kritik stößt vor allem das geplante Verfahren zu den Positionslimits – also den maximalen Anteilen, die Einzelpersonen oder Interessengruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem Wertpapier halten dürfen. Die Kritikern bemängeln, dass diese Obergrenzen nicht EU-einheitlich festgelegt werden, sondern von den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden.
Diese könnten dank der nun verabschiedeten Standards weiterhin sehr hohe Limits festsetzen, befürchtet etwa die Menschenrechtsorganisation Brot für die Welt. Unter bestimmten Voraussetzungen könnte ein einzelner Händler bis zu 35 Prozent der Anteile an einem bestimmten Nahrungsmittel halten und somit die Spekulation antreiben.
Sven Giegold: „ein Papiertiger“
Die nun verabschiedeten Regeln gegen rücksichtslose Nahrungsmittelspekulation seien „ein Papiertiger“, kritisierte der Finanzexperte der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold. Die Grenzen für Spekulation seien so großzügig gefasst, dass es weiterhin möglich sei, mit Nahrungsmitteln zu spekulieren. Die Leidtragenden seien Menschen in Entwicklungsländern.
„Nahrungsmittel gehören nicht in die Hände von Börsenspekulanten“, betonte der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling. Das schädige Verbraucher und Bauern. „Mit Essen spielt man nicht“, betonte der italienische Linke Fabio de Masi. Leider hätten sich wieder die „Finanzlobbyisten und Profiteure des Hungers“ durchgesetzt.
„Existenziell bedroht sind vor allem Arme in Entwicklungsländern“
Spekulationen mit Nahrungsmitteln hätten seit der Finanzkrise von 2008 hohe Preisaufschwünge bewirkt, sagte die Präsidentin der Organisation Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Für Millionen von Menschen seien Lebensmittel dadurch unerschwinglich geworden. Existenziell bedroht seien vor allem Arme in Entwicklungsländern, die von keinem sozialen System aufgefangen würden. Die Folge sei, dass damit Menschen weltweit in die Flucht getrieben würden.
Die Menschenrechtsorganisation Oxfam forderte nach dem Votum die nationalen Aufsichtsbehörden auf, exzessive Spekulationen mit Nahrungsmitteln zu verhindern. (afp)
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