Zollkrieg voraus? Wie die EU das Verhältnis zu den USA unter Trump optimieren könnte
In knapp zwei Monaten wird Donald Trump erneut in das Weiße Haus einziehen, und zu seinen Schwerpunkten wird der Schutz von US-Unternehmen vor unlauteren Handelspraktiken gehören. Zudem ist er entschlossen, Handelsschranken für US-Exporteure zu beseitigen und notfalls durch Zölle auch politischen Druck auszuüben. Dies kann auch die EU treffen.
Neben Aufschlägen von 60 bis 100 Prozent für die Einfuhr chinesischer Produkte könnte Trump bis zu 20 Prozent für solche aus anderen Ländern vorsehen. Bereits 2018 hatte er als damals 45. Präsident angedroht, die Zölle auf europäische Autos zu erhöhen. Neben einer Gleichbehandlung US-amerikanischer Autobauer forderte er damals auch mehr Marktzugang für US-Sojabohnen und LNG.
Trump weiß um die Bedeutung der USA für Europas Exportwirtschaft
Ob Trump tatsächlich von Beginn an diese Taktik einsetzen wird, ist ungewiss. Häufig hat er auch Schritte, die man von ihm erwartet hatte, nicht gesetzt – um nicht berechenbar zu werden. Robert Tyler, politischer Berater beim Brüsseler Think-Tank New Direction, rät der EU und ihren Mitgliedstaaten zur Flexibilität. Diese hatten sie in den vergangenen Jahren kaum gezeigt.
Gegenüber der englischsprachigen Epoch Times warnte er vor einem „Tod durch tausend Schnitte“, sollte die EU sich tatsächlich auf einen Zollkrieg mit den USA einlassen:
„Die EU ist viel stärker von Exporten in die USA abhängig als von Importen aus den USA. Die größten Verlierer wären dabei Länder wie die Niederlande, Frankreich und Deutschland.“
Vor allem die Autoindustrie und weiße Haushaltsgeräte aus mittel- und osteuropäischen Ländern hätten dadurch starke Nachteile auf dem US-Markt. Ein Zollkrieg könnte sich zudem auch inflationsverstärkend für die ohnehin zuletzt gebeutelten Verbraucher in Europa auswirken.
Brüssel hat kaum Optionen zur Verringerung der Abhängigkeit
Constantinos Saravakos vom Athener Wirtschafts-Think-Tank KEFIM bringt ins Spiel, dass die EU sich darum bemühen könnte, ihre Abhängigkeit von den USA zu verringern. Dies würde bedeuten, Freihandelsabkommen mit anderen Ländern und Wirtschaftsräumen in der ganzen Welt anzustreben. Gegenüber der Epoch Times erklärte er:
„Die Abhängigkeit Europas von den USA ist zunehmend problematisch geworden und hat sowohl die globale Landschaft als auch die traditionelle Rolle der USA als Regulierungsstandard für Europa verändert.“
Tatsächlich deuten die jüngsten Versuche Brüssels, das Abkommen mit dem Mercosur zu retten, auf eine solche Überlegung hin. Allerdings gibt es dagegen massive Widerstände aus den eigenen Mitgliedstaaten – etwa aus Frankreich, wo man neue Demonstrationen von Bauern befürchtet.
Außerdem bleiben die möglichen Alternativen der EU begrenzt. Gegenüber zu vielen Ländern und Wirtschaftsräumen hatten allzu forsch vorgetragene Forderungen ökologischer oder auch geopolitischer Natur Erfolge im Freihandel verhindert. Gleichzeitig machte der Bruch mit Russland die Versorgung unsicher und verstärkte die Abhängigkeit von China.
Trump ist eher an Beziehungen zu Mitgliedstaaten als zur EU insgesamt interessiert
Tyler weist jedoch darauf hin, dass die Europäer dennoch Möglichkeiten haben, Schadensbegrenzung zu üben. Ein bestmögliches Verhältnis zur EU mag für Donald Trump keine herausragende Priorität haben. Im Wahlkampf hatte er mehrfach betont, die Europäer würden für das Handelsungleichgewicht gegenüber den USA „einen hohen Preis bezahlen“.
Mit einzelnen Mitgliedstaaten strebe er jedoch definitiv eine möglichst enge Zusammenarbeit an. Dies habe bereits seine erste Amtszeit gezeigt:
„Wir haben etwa die Entwicklung der Drei-Meere-Initiative gesehen. Die Idee, außerhalb der EU-Strukturen zu arbeiten und Handelsabkommen in den Bereichen zu schließen, für die die EU nicht zuständig ist, wurde stärker betont. Dies gilt insbesondere bei Energieimporten, zum Beispiel bei Flüssiggas.“
Die Drei-Meeres-Initiative ist ein Forum von 13 EU-Mitgliedsstaaten zwischen der Ostsee im Norden, der Adria im Westen und dem Schwarzen Meer im Osten in Mittel- und Osteuropa. Dieses strebt einen regionalen Dialog über Fragen an, die diese Länder betreffen. Trump nahm 2017 auf dem jährlichen Gipfel der Organisation in Polen teil.
LNG und Waffen als Chance zur Verbesserung des Verhältnisses
Tyler sieht jedoch Möglichkeiten für die EU, den Schaden zu minimieren und eine Eintrübung des Verhältnisses zu den USA zu verhindern. Ein Weg dazu wäre eine noch größere Abnahme von US-amerikanischem Erdgas.
Zwar bliebe dieses allein schon aufgrund der Transportkosten teurer als das russische Pipelinegas. Anders als beim Gas von Lieferanten aus dem arabischen Raum wären jedoch immerhin keine Verzögerungen oder Engpässe durch Huthi-Angriffe auf Transportschiffe zu befürchten.
Zudem wäre es für die EU auch hilfreich, ihre Praktiken zur Waffenbeschaffung zu überdenken. Statt sich auf die Entwicklung eigener Waffen zu konzentrieren, etwa des Eurofighter Typhoon, könne man Waffen „von der Stange“ aus den USA kaufen. Dies würde die Trump-Administration in zweifacher Hinsicht überzeugen:
„Erstens durch den Kauf amerikanischer Waffen und die Sicherung amerikanischer Arbeitsplätze. Zweitens aber auch, indem es zeigt, dass Europa es mit der Verteidigung ernst meint – einer von Trumps anderen Kritikpunkten, insbesondere in Bezug auf die NATO.“
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