Zeichnungen aus dem Gulag: Gewalt, Mord und Folter im sowjetischen Lagersystem
Der Horror des sowjetischen Gulag-Systems wurde von den gequälten Überlebenden ebenso wie von kritischen Historikern gut dokumentiert. 1973 erzählte Alexander Solschenizyn in seinem „Archipel Gulag“ von den Gräueln, die prominente Dissidenten in den Lagern erlebten.
Der britische Autor und Historiker Robert Conquest verfasste schon 1968 sein erstes akademisches Hauptwerk „Der große Terror“ – zu einer Zeit, als viele die Dimension und Heftigkeit der sowjetischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit Ignoranz behandelten oder herunterspielten.
Und obwohl die Gräueltaten mehrere zehn Millionen Menschen betroffen haben, erscheinen sie uns heute weit entfernt. Der Tod Josef Stalins und die schlimmsten Missbräuche im Sowjetsystems liegen Jahrzehnte zurück. Von tausenden Gulags im weiten Sibirien und in den abgeschiedenen Regionen der Union wurde nur eines zur Besichtigung erhalten.
Gefängniswärter zeichnet Brutalität des Gulag-Systems
Danzig Baldajew wurde 1925 in der sibirischen Stadt Ulan-Ude geboren und arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg als Gefängniswärter. Damit war er ein Beobachter in einer Zeit, als Millionen seiner Mitbürger zu „Staatsfeinden“ deklariert und aufs Brutalste verfolgt wurden. Seine Beobachtungen sind Zeitzeugendokumente.
Bis 1988 war Baldajew damit beschäftigt, seine Erinnerungen zu dokumentieren, das Ergebnis veröffentlichte der britische Verlag Fuel Publishing als Sammelwerk. Gewidmet hatte Baldajew es dem Dissidenten Solschenizyn.
Sein künstlerischer Stil entspricht dabei seiner Botschaft: Dunkle Linien und Schatten und realistische Proportionen, die das Gefühl eines zeitgenössischen Graphic Novel vermitteln.
Das Buch „Drawings from the Gulag“ (Zeichnungen aus dem Gulag) enthält über hundert dieser Zeichnungen: Hinrichtungen, Axt-Morde, grausame sexuelle Folter und andere extreme Gewalttaten, die vom kommunistischen Regime verübt wurden. Bildunterschriften erklären die Zeichnungen und hauchen sowohl den Opfern als auch den Tätern Leben ein. Die Brutalität im Gulag wird von den stalinistischen Slogans und Propagandasprüchen begleitet, die für Insassen und Verwalter der Lager Alltag waren.
Baldajews Vater war ein Intellektueller, der 1938 der sowjetischen Säuberung zum Opfer fiel. Daraufhin wurde der junge Baldajew in ein Waisenhaus für Kinder von politischen Gefangenen gebracht – die Erziehung sollte aus ihnen Diener des Sowjetstaats machen.
Baldajew kämpfte im Zweiten Weltkrieg, er wurde danach Teil des Gulag-Systems. Und tatsächlich war er darin kein Gefangener, sondern einer der vielen Vollstrecker.
Ein Bild aus dieser Zeit zeigt ihn als Wachtposten eines Gulag-Lagers. Mit strenger Miene steht er in einer Winterszene, ein sibirischer Husky neben ihm.
Als Gefängniswärter und Polizist hatte Baldajew einen detaillierten Einblick in den administrativen Terror und seine Mechanismen. Im Geheimen skizzierte er Bilder kryptischer Strichmännchen, entzifferbar waren sie nur für ihn. Er sammelte sie für die Zukunft und verwandelte sie in richtige Zeichnungen, als sich die Gelegenheit dazu bot.
In einem von Baldajews Bildern steht ein Skelettmann vor einer Wand mit dem Slogan: „Vorwärts in den Kommunismus!“ Auf einem anderen ist ein Gefangener zu sehen, der von seinen sadistischen Mitinsassen auf einen Holzklotz gefesselt und durchgesägt wird.
Vom niedrigsten ‚Zek‘ (Insassen) bis zum gewalttätigsten tätowierten ‚Wor‚ (Dieb) – die Praktiken und die Beteiligten des Gulag-Systems werden in eindrucksvoller und schockierender Detailtreue aufgezeigt“, schreibt der Verlag.
Und schockierend ist es in der Tat, und zwar so weit, dass ein Rezensent die Notwendigkeit von „pornographischer“ Brutalität in Baldajews Illustrationen in Frage stellt.
Doch in einer Welt, in der die Sowjetunion ohne volle Abrechnung ihrer Übel zerfiel und in der die Herrschaft Stalins noch immer als effektiv, von manchen sogar als heldenhaft, verklärt wird, ist Baldajews unzensierte Detailgenauigkeit ernüchternd und notwendig, auch wenn sie in jedem anderen Zusammenhang überflüssig wäre.
Sie ist notwendig, weil sie aktuell ist. Die von Baldajew geschilderten Folterungen und Misshandlungen sind nun ein halbes Jahrhundert her. Doch für Millionen Dissidenten und Glaubensgefangene, die heute in China und Nordkorea in den Lagern kommunistischer Regimes festgehalten werden, sind die Gulags mehr als lebendig.
Das Original erschien in der englischen EPOCH TIMES (deutsche Bearbeitung von lw/as)
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