„X“-Verbote weltweit: Zuletzt in Brasilien – auch EU-Stimmen warnen bereits

„X“ macht erneut von sich reden, indem es zum Schweigen gebracht werden soll. Die Social-Media-Plattform ist nun in Brasilien verboten. Die angekündigten Strafen für Umgehung des Verbots wurden mittlerweile zurückgezogen, ebenso wie die Forderung an andere Tech-Giganten, die Twitter-App aus ihren Stores zu entfernen.
Tesla will seine Aktionäre erneut über ein Dutzende Milliarden Dollar schweres Aktienpaket für Firmenchef Elon Musk abstimmen lassen.
Tesla, X-Space und das Portal „X" – Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, sieht sich als Verfechter der Meinungsfreiheit.Foto: Jordan Strauss/Invision/AP/dpa
Von 3. September 2024

Der Oberste Gerichtshof von Brasilien ordnete letzte Woche eine „sofortige, vollständige und umfassende Aussetzung“ von „X“ an. Zuvor war Musk der Aufforderung des Richters Alexandre de Moraes nicht nachgekommen, einen „X“-Rechtsvertreter in dem südamerikanischen Land zu benennen. Die nationale Telekommunikationsbehörde sollte die Anordnung binnen 24 Stunden umsetzen, so verlangte es Richter Moraes.

Meinungsfreiheit in Brasilien unter Präsident Lula

Nach brasilianischem Recht müssen ausländische Unternehmen, die im Land tätig sind, einen Rechtsvertreter haben, aber X hatte diesen Mitte August abgezogen. Musk ließ das Büro in Brasilien mit der Begründung schließen, er befürchte die Festnahme der damaligen Repräsentantin. Musk solle innerhalb von 24 Stunden einen Rechtsvertreter ernennen, oder die Plattform werde gesperrt, so die Ansage. Musk ließ die Frist verstreichen.

Dass Musk noch keinen neuen Rechtsvertreter für das Land benannt hat, war dann auch die offizielle Erklärung für das „X“-Verbot in Brasilien. Dieses soll so lange bestehen bleiben, bis Musks Unternehmen die Anordnungen des Richters erfüllt hat, Bußgelder in Höhe von 18,5 Millionen Real (umgerechnet knapp drei Millionen Euro) zu zahlen.

Richter Moraes hatte dem Twitter-Nachfolgedienst X zuvor vorgeworfen, ungenügend gegen die Verbreitung von Hassrede und Fake News vorzugehen. Musk seinerseits verwies auf die Redefreiheit und darauf, dass die von Moraes geforderte Sperrung von Accounts sogenannter rechtsgerichteter Aktivisten, die Verschwörungstheorien und Falschinformationen verbreiten sollen, gesetzeswidrig sei. „X“ kam auch dieser Aufforderung nicht nach – und zahlte die verhängte Geldstrafe nicht.

Schweigen im Namen der Demokratie

Elon Musk hat auf das „X“-Verbot hin auf seiner Plattform  @AlexandreFiles eingerichtet und angekündigt, dort eine Liste der juristischen Verfehlungen des brasilianischen Richters de Moraes zu veröffentlichen. Im Antext des Profils von @alexandreFiles mit mittlerweile über 300.000 Followern ist zu lesen: „Dieses Profil wird die rechtswidrigen Weisungen von Alexandre de Moraes an X aufdecken.“

„Wir werden eine Liste von @Alexandre zusammen mit den spezifischen brasilianischen Gesetzen, gegen die er verstoßen hat, morgen veröffentlichen. Natürlich muss er sich nicht an das US-Recht halten, aber er muss sich an die Gesetze seines eigenen Landes halten.“

Mehrere Tweets sind hier inzwischen erschienen, die Richter Alexandre de Moraes exponieren sollen. Unter anderem ist zu lesen, dass der Richter erklärt habe, „dass jeder, der versucht, ihn oder seine Komplizen – in welcher Form auch immer – zu entlarven, im Namen der ‚Demokratie‘ zum Schweigen gebracht werden muss.“

Rigoros gegen sogenannte Falschinformationen

Richter Alexandre de Moraes war bereits mit seinen Urteilen im Präsidentschaftswahlkampf 2022 gegen die Verbreitung von Falschinformationen in Online-Netzwerken vorgegangen, auch Brasiliens Ex-Präsident machte er sich damit zum Feind. Moraes leitete gegen Jair Bolsonaro noch während dessen Amtszeit mehrere Ermittlungsverfahren wegen der Verbreitung von Falschinformationen ein.

Unter anderem sorgte ein Urteil des von Moraes geleiteten Obersten Wahlgerichts dafür, dass Bolsonaro bis 2030 nicht mehr für ein politisches Amt kandidieren kann. Das Gericht urteilte, Bolsonaro habe Machtmissbrauch begangen, weil er vor seiner Wahlniederlage 2022 unbegründete Behauptungen über angebliche Sicherheitsmängel im Wahlsystem des Landes aufgestellt haben soll.

40 Millionen X-Nutzer ohne Plattform

Allerdings können seit letztem Wochenende schätzungsweise 40 Millionen monatliche „X“-Nutzer in Brasilien nicht mehr auf die Plattform zugreifen. Und somit auch nicht auf die Tweets über die mutmaßlichen Rechtsvergehen von Richter Moraes. Vor einer Umgehung des Twitter-Verbotes durch die Nutzung eines virtuellen privaten Netzwerks (VPN) hatte dieser direkt gewarnt und Strafen dafür angekündigt. Die Nutzung eines VPN funktioniert so, dass Nutzer ihren digitalen Standort per Mausklick ändern können, um zum Beispiel auf geografisch gesperrte Inhalte zuzugreifen. 

Ob Einzelpersonen oder Unternehmen, wer mittels VPN das „X“-Verbot umgeht, dem wurde eine Geldstrafe von 50.000 Real (umgerechnet gut 8.000 Euro) pro Tag angedroht, auch zusätzliche Sanktionen im zivil- und strafrechtlichen Bereich wurden zusätzlich ins Spiel gebracht. Allerdings: Wenige Stunden später wurde diese Einschränkung wieder zurückgenommen.

Ebenso wie die anfänglich erfolgte Anweisung an Google und Apple, die X-App innerhalb von fünf Tagen aus ihren Download-Stores zu entfernen und deren Nutzung zu blockieren. Auch das wurde wieder aufgehoben. Offizielle Erklärung für den Sinneswandel: „Unannehmlichkeiten für andere Unternehmen“ sollten dadurch vermieden werden, so die Begründung von Moraes. Epoch Times berichtete.

Über diese VPN-Strafandrohung hatte sich Musk in einem seiner X-Posts lustig gemacht und ein Meme geteilt, das einen Mann zeigt, der auf einem Bett aus Dollarscheinen schläft, mit der Überschrift „POV [point of view]: VPN-Unternehmen nach dem Twitter-Verbot in Brasilien“. Abseits der Debatte um das brasilianische „X“-Verbot ist auffällig an dem Post, dass Musk seine Plattform bei ihrem früheren Namen, bevor er sie selbst zu „X“ umgetauft hatte, nennt. 

https://x.com/elonmusk/status/1830147680468607423

 „X“ im Fadenkreuz über Brasilien hinaus

Die aktuelle „X“-Sperrung in Brasilien war auch in Europa Anlass, das Thema des Verbots oder der Sanktionen noch einmal aufzugreifen. Unter anderem Grünen-Politikerin Renate Künast meldete sich via „X“ zu Wort: 

„Die Schließung von X droht auch in Europa, wenn Musk sich weiterhin nicht an Regeln und Gesetze hält. Die EU-Kommission kann zudem empfindliche Strafen anordnen, wenn #Hass und #Desinformation nicht gestoppt werden. #DSA“

Erst kürzlich hatte EU-Binnenkommissar Thierry Breton Elon Musks Social-Media-Plattform mit Strafe gedroht, wenn „X“ nicht die im Digital Services Act (DSA) festgeschriebenen Regeln befolge. 

 EU fordert Eindämmung „schädlicher Inhalte“

In einem Brief verlangte die Europäische Union vom X-Eigentümer, dass Musk bei seinem Interview mit Donald Trump die Brüsseler Redebeschränkungen einhalten soll. Zudem wurde darin angekündigt, diesbezüglich alle im Rahmen des Digital Services Act (DSA) zur Verfügung stehenden Befugnisse einsetzen zu wollen. Große Plattformen, die gegen den Digital Services Act der EU verstoßen, müssen mit Geldstrafen von bis zu sechs Prozent ihres weltweiten Gesamtjahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs rechnen. Sie können sogar vom Betrieb in der Europäischen Union ausgeschlossen werden.

Elon Musk, der laut Forbes über 239,3 Milliarden Dollar Nettovermögen (Stand 30. August 2024) verfügt, nutzte auch hier seine Reichweite und Prominenz, um auf angekündigte Sanktionen oder Abschaltungen seiner Plattform zu reagieren. Er antwortete dem Franzosen Breton via X mit einem vielfach als ironisch interpretierten „Bonjour!“ und setzte ein despektierliches Meme obendrauf.

Weltweites Phänomen: Abschaltfaktor Regierungskritik

Noch ist „X“ in Europa online, aber zahlreiche Länder haben die Plattform bereits blockiert. Gerade in politisch brisanten Situationen wie bei Protesten durch die Bevölkerung war die „Free-Speach“-Plattform schnell im Abschalt-Fokus:

So etwa während des sogenannten Arabischen Frühlings in Ägypten 2011, 2014 sowie 2023 in der Türkei und zu Zeiten der Präsidentschaftswahl in Usbekistan 2021.

In China war „X“ bereits als Twitter seit Juni 2009 verboten. Ebenfalls wurde die Plattform im Iran verboten, Anlass dazu waren Proteste nach der Präsidentenwahl. Die Sperrung wurde bis heute nicht revidiert. Auch nicht zurückgenommen wurde das „X“-Verbot in Venezuela nach der umstrittenen Wahl von Venezuelas Präsident Nicolás Maduro im Juli 2024. Die zunächst für zehn Tage angeordnete Sperre von „X“ vom 9. August dauert bis heute an.

Andere Länder, gleiche Sitten: „X“ weltweit im Fokus

Im Jahr 2010 eröffnete Nordkorea ein eigenes Twitter-Konto, um interessierten Ausländern entgegenzukommen. Seit 2016 wurde die App jedoch wie Facebook und Youtube sowie Websites für Wetten und Pornografie verboten. Auch bereits 2010 begann das zentralasiatische Land Turkmenistan damit, Twitter zu blockieren und überwacht durch seine Behörden bis heute den Zugang zum Internet.

In Südostasien kann in Myanmar seit Februar 2021 nicht mehr auf Twitter zugegriffen werden. Nach dem Militärputsch kontrolliert die Junta darüber hinaus den gesamten Internetzugang im Land. Auch in Pakistan ist „X“ seit den Parlamentswahlen im Februar 2024 verboten.

Moskau schränkte den Zugang zu Twitter ab 2021 durch Verlangsamung des Dienstes ein und beklagte die Verbreitung von „illegalen Inhalten“. Kurz nach Beginn des Ukrainekrieges wurde der Zugang im März 2022 dann vollständig blockiert. Viele Russen nutzen X jedoch weiterhin über VPN-Dienste und umgehen damit das Verbot.



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