Wochenrückblick (Teil 2): Regierung schaltete 11 Tage das Internet ab

Das Neubrandenburger Gefängnis, der „modernste Gulag der DDR“, steht zum Verkauf. Es wurde eine Art neuer „El Niño“ in den mittleren Breiten entdeckt. Und die Rolle der „Grundschrift“ an deutschen Schulen – die zu einer schlechten Handschrift führt. Ein unvollständiger Rückblick auf Meldungen der Woche in Kurznachrichten, Teil 2
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Studenten aus Bangladesch fordern die Regierung von Bangladesch auf, das harte Vorgehen gegen Demonstranten zu beenden, 22. Juli 2024.Foto: Filippo Monteforte/AFP via Getty Images
Von 3. August 2024

Neuer „El Niño“ entdeckt

Ein kleines Gebiet im südwestlichen Pazifik kann Temperaturänderungen auslösen, die die gesamte südliche Hemisphäre beeinflussen, ähnlich wie El Niño und La Niña. Das neue Klimamuster hat seinen Ursprung jedoch in den mittleren Breiten statt den Tropen und hat bislang keinen trivialen Namen. Laut Balaji Senapati, dem Hauptautor der Studie, wirkt „SST-W4“ wie eine globale Kettenreaktion: Temperaturänderungen in einem kleinen Ozeangebiet nahe Australien und Neuseeland lösen wellenartige Muster aus, die von starken Westwinden getragen um die südliche Hemisphäre zirkulieren und vier charakteristische, sich abwechselnde Kalt- und Warmzonen bilden. Der Effekt zeigt, wie wichtig die Interaktion zwischen Ozean und Atmosphäre für das Klima ist, und scheint selbst ein seit Langem bestehender Teil des Erdklimas zu sein.

Unleserliche Handschrift

Schüler können immer schlechter per Hand schreiben. Gymnasiallehrerin Maria-Anna Schulze Brüning sieht die Ursachen in der seit den 2010er-Jahren an Grundschulen eingesetzten Grundschrift. Seither hat sich die Handschrift und die Schriftkompetenz der Schüler verschlechtert, so das Fazit ihrer Forschungen und Studien. Neu daran war, dass die Schüler ihre eigene Schreibschrift aus der Druckschrift entwickeln sollen, statt aus einer verbundenen Schreibschrift. Das führt dazu, dass die Handschrift vieler Schüler unleserlich wird. Mit den ersten Druckbuchstaben, welche die Kinder abschreiben, gewöhnen sich die Kinder eine umständliche Art zu schreiben an. Die Aufforderung „nun schreib ordentlich!“, die Eltern oft verwenden, sei demotivierend, weil das Kind gar nicht koordiniert und korrekt schreiben kann. Sie malen stattdessen die Buchstaben ab und können sie nicht fließend miteinander verbinden.

Solar: Der Wiener Westbahnhof

Am Westbahnhof in Wien wird die größte innerstädtische Photovoltaikanlage entstehen. Bis 2030 ist durch die ÖBB geplant, die Bahnsteigbereiche vollständig zu überdachen. Auf einer Fläche von rund 25.000 Quadratmetern ist eine Solaranlage vorgesehen, die später rund 3.400 Megawattstunden Strom jährlich einbringen soll. Das entspricht dem Jahresbedarf von rund 850 Haushalten – solange die Sonne scheint. Der Strom soll zur Versorgung des Bahnhofes, der dortigen Geschäfte und Büros dienen. Der Baubeginn ist für 2028 vorgesehen.

Die Armee von Bangladesch in der Nähe des Parlaments in Dhaka am 27. Juli 2024. Foto: Munir uz Zaman/AFP via Getty Images

Autoritäre Kontrolle im digitalen Zeitalter

Seit Mitte Juli kamen bei gewaltsamen Zusammenstößen in Bangladesch nach staatlichen Angaben mindestens 200 Menschen ums Leben. Es gibt Hunderte Verletzte. Andere sprechen von weit mehr Toten. Die Unruhen begannen mit Studentenprotesten, die eine Reform des Quotensystems für Regierungsstellen forderten, bei dem Arbeitsplätze mit loyalen Parteigängern besetzt werden. Die Regierung schickte die Armee, verhängte eine Ausgangssperre und schaltete am 17. Juli das mobile Internet ab. Tags darauf die Breitbandversorgung. Erst am 24. Juli lief Breitband landesweit erneut an, ab 29. Juli sollten die 4G-Internetdienste zugänglich sein. Der Zugang zu Social-Media-Plattformen wie WhatsApp, Facebook, TikTok und YouTube bleibt eingeschränkt. Internationale Beobachter bestätigen, dass es sich um einen von der Regierung angeordneten Shutdown handelte. Dadurch verhindere das Regime, dass die Welt erfährt, was vor sich geht, so „The Daily Star“. Laut der Foreign Investors‘ Chamber of Commerce & Industries FICCI, der führenden Organisation, die die Interessen ausländischer Investoren vertritt, kostete der Shutdown die Wirtschaft wenigstens 10 Milliarden Dollar.

Knast zu kaufen – einschließlich Mobiliar

Die ehemalige Justizvollzugsanstalt in Neubrandenburg steht zum Verkauf. Das Gefängnis, das 1987 in Betrieb genommen wurde, soll künftig Wohnraum und eine Gedenkstätte beherbergen. Die Immobilie war während der DDR-Zeit auch eine Stasi-Haftanstalt. Seit 2018 steht das Gebäude leer und wird nun ab einem Preis von 20.000 Euro angeboten. Bis zum 31. August können noch Gebote abgegeben werden. Laut Ausschreibung wird die JVA im „jetzigen, nicht beräumten Zustand mit sämtlichen auf der Liegenschaft befindlichen Bauwerken und Mobilien“ übereignet. Die Gebäude seien im Zuge der Entwicklung „auf eigene Kosten zurückzubauen und die Liegenschaft zu beräumen“. Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus spricht bei der JVA vom „modernsten Gulag der DDR, vielleicht sogar in ganz Osteuropa“.

Die Straße am Stand Yasmine in Hammamet. Foto: Privizer/iStock

Tunesiens Sandstrand schmilzt

Der Yasmine-Strand ist das Aushängeschild der tunesischen Küstenstadt Hammamet. Statt Urlaubsfeeling schaufeln derzeit Bulldozer fleißig Sand auf den beliebten Strand. Rund 750 Lkw-Ladungen Sand werden seit vergangenem Monat aus einer 110 Kilometer entfernten Wüstenprovinz zur Küste gebracht. Warum dieser Aufwand? Wie viele andere Küstengebiete ist auch diese Gegend von starker Erosion betroffen. Vor allem menschliche Aktivitäten wie die Bebauung von Küstengebieten und der Sandabbau vor der Küste beschleunigen die Erosion der Strände. Doch dieses Millionen schwere Unterfangen könnte nur von kurzer Lebensdauer sein: „Dieser Sand wird nicht lange halten“, erklären die tunesischen Behörden. „Im Falle eines Sturms kann der Sand innerhalb weniger Tage verschluckt werden.“

Wein aus Schweden

Weit nördlich der ikonischen Weinregionen wie Bordeaux und der Toskana gibt es in Schweden eine aufblühende Weinindustrie und erste Generation von Winzern. Dies ist der Züchtung spezieller Rebsorten in den 1960er- und 70er-Jahren zu verdanken, die nicht nur widerstandsfähig gegenüber Krankheiten sind, sondern auch Kälte sehr gut vertragen – eine perfekte Kombination für nordische Regionen. Weil Skandinavien so attraktiv für den Weinanbau geworden ist, sind viele Winzer aus den traditionellen Regionen nach Norden gezogen. Inzwischen beherbergt beispielsweise Schweden rund 50 kommerzielle Weinberge unterschiedlicher Größe. Und der Wein? Der konkurriert laut schwedischen Winzern erstmals auf Augenhöhe mit dem Rest der Weinwelt.

Seidenkokons bei einem Bauern in der Nähe der Stadt Phnom Penh in Kambodscha. Foto: urf/Stock

Selbstheilung mit Seide und Garnelen

Italienische und thailändische Forscher züchten Seidenraupen in ihren Gärtnereien, in der Hoffnung, dass die Seide künftig die Selbstregeneration von menschlichem Gewebe anregt. Seide bildet in geschädigtem Gewebe ein „Gerüst“, das Zellen zur Bildung von neuem Gewebe und Blutgefäßen anregt. Auch die Schalen von Krabben, Garnelen und Muscheln sowie die Haut von Tintenfischen untersuchen die Forscher für diese Zwecke. Die Selbstregeneration gilt als wichtige Alternative zu Trans- oder Implantaten, da sie verträglicher für den Körper ist. Als mögliches Behandlungsverfahren stellen sich die Wissenschaftler auf die Haut aufgetragene oder in Knochen und Knorpel injizierte Gele vor. Doch „die Komplexität ist hoch, weil die Natur nicht einfach ist. Wir können die Sprache der Zellen nicht ändern, sondern müssen lernen, dieselbe Sprache wie sie zu sprechen“, so die Forscher. Ihr ultimatives Ziel ist, dass Patienten nach Behandlung denselben Zustand erreichen wie vor der Verletzung.

Katharina Morgenstern hat zu dem Artikel beigetragen.



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