Wochenrückblick: Jede vierte Firma denkt ans Aufhören und eine „langsame Form von Krebs“ fürs E-Auto

E-Mail-Irrläufer der US-Armee im Kreml? Drei Monate als Schiffbrüchiger auf dem Ozean. Und 1,6 Millionen Euro gab der rbb für die interne Untersuchung der Affäre Patricia Schlesinger aus. Mindestens. Ein unvollständiger Rückblick auf Nachrichten der Woche.
Ein chinesischer Soldat läuft neben einem Armeehund, der zur Ausbildung durch brennende Ringe springt.
Ein chinesischer Soldat neben einem Armeehund, der zur Ausbildung durch brennende Reifen springt.Foto: Tpg/TPG via ZUMA Press/dpa
Von 22. Juli 2023

BND kein Geheimdienst

„Wir sind kein Geheimdienst, sondern ein Nachrichtendienst“ – das sagt der Präsident des BND, Bruno Kahl. „Unsere britischen und französischen Kollegen, erst recht Amerikaner und Israelis, sind auch operativ robustere Dienste. Wir haben keine Lizenz zum Töten. Wir haben die Aufgabe, Informationen zu sammeln.“ Kürzlich wurde vor allem aus den Reihen der Ampelfraktionen SPD und FDP kritisiert, der BND sei anders als Partnerdienste zu spät über die Revolte der Wagner-Söldner informiert gewesen. Mit Blick auf Cyberbedrohungen durch Russland oder China äußerte Kahl, dass er empfiehlt, die vor allem bei Jugendlichen beliebte Video-App TikTok nicht zu installieren.

Army.mil, Army.ml, Army.nl

Das US-Militär hat eine eigene Domainendung im Internet: MIL. Allerdings verwenden Diplomaten, Agenten und Mitarbeiter des Militärs irrtümlich oft die Domain ML – diese gehört dem Land Mali. Malis Länderdomain wurde bis zum 16. Juli durch den Niederländer Johannes Zuurbier verwaltet. Er erkannte das Tippfehler-Problem, richtete etwas zum Abfangen der Mails ein und informierte das US-Militär darüber. Trotzdem kommen täglich weiterhin rund tausend Irrläufer zusammen, wie die „Financial Times“ schreibt. Brisant wird es nun, weil Zuurbier die Verwaltung an Mali zurückgegeben hat – eine Regierung, die eng an Russland und die Wagner-Gruppe gebunden ist. Damit könnte künftig der Kreml mitlesen: In den E-Mails wurden Passwörter für verschlüsselte Dokumente gefunden, Personallisten, Röntgenbilder, Fotos und Karten für Militärbasen, Inspektionsberichte, detaillierte Reisepläne führender US-Militärs im Ausland, Finanzunterlagen und vieles mehr – und auch geheime Dokumente.

Hitze: Eine „langsame Form von Krebs“ fürs E-Auto

E-Autos schaffen im Sommer und Winter weniger Kilometer, denn Heizung und Klimaanlage benötigen ebenfalls Energie. Die Temperaturen beeinflussen jedoch auch die Batteriechemie und damit die Leistung. Während diese nach Kälte vollumfänglich wiederkehrt, kann Hitze dauerhafte Schäden anrichten, erklärt Scott Case, Geschäftsführer eines Start-ups im Bereich „Batterie-Gesundheit“. Hitze sei „für Batterien wie eine langsame Form von Krebs“. Case empfiehlt daher, das E-Auto nicht in eine schlimmstenfalls unbelüftete Garage zu stellen und regelmäßiges Laden, auch wenn man nicht fährt: Dann könne es die Batterie kühlen.

Die Schlammfußball-WM fand vom 14. bis 15. Juli in Finnland statt. Bei den Männern gewann Deutschland. Foto: Alessandro Rampazzo/AFP via Getty Images

Realsatire? Deutschland ist Weltmeister

Fußball: Ein Team aus Brandenburg hat in Finnland die Schlammfußball-Weltmeisterschaft gewonnen. Um den Titel konkurrierten in Hyrynsalmi mehr als hundert Mannschaften, deren Spieler sich teilweise durch hüfthohen Schlamm wühlen mussten. Am Ende siegte bei den Männern der Jugendclub Lindenau, die Lindenauer sind Deutsche Meister im Schlammfußball. Der Sport wurde 1998 ins Leben gerufen – die Idee soll von finnischen Skiläufern stammen, die bereits zuvor Schlammstrecken in ihr Sommertraining integriert hatten. Die Regeln entsprechen in etwa den normalen Fußballregeln. Auf dem deutlich kleineren Schlammfeld von 30 mal 60 Meter stehen fünf Feldspieler und ein Torwart, die Spielzeit umfasst zwei Halbzeiten von jeweils zehn Minuten.

Jeder Vierte denkt ans Aufhören

Etwa ein Viertel der Unternehmen in Deutschland denkt ans Aufhören, 22 Prozent erwägen die Abwanderung. Für stabil halten das Land nur noch 36 Prozent. Dies ist das Ergebnis der aktuellen Branchenumfrage des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft. Dessen Vorsitzender Markus Jerger erklärt, die Ergebnisse wären „mehr als nur ein Warnsignal“. Als Gründe nennen die Firmen: fehlende Verlässlichkeit, fehlende Planbarkeit, hohe Bürokratie, überzogene Vorschriften, Fachkräftemangel. So sehen mit 40 Prozent deutlich weniger als die Hälfte der Befragten die Infrastruktur im Land als positiv. Jerger warnt: Wenn heimatverbundene, tief verwurzelte Unternehmer über das Aufgeben oder den Wegzug ins Ausland nachdächten, könne das „niemanden kaltlassen“.

Zu teuer: 1,6 Millionen Euro

Der „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ (rbb) stoppte seine interne Untersuchung der Affäre um seine frühere Intendantin Patricia Schlesinger durch eine Kanzlei. „Angesichts der parallelen Untersuchungen von Landesrechnungshöfen, Staatsanwaltschaft und interner Revision und der enormen Kosten halten wir eine Fortsetzung der Untersuchung für nicht vertretbar“, erklärt Benjamin Ehlers, neuer Chef des Kontrollgremiums. Die Kanzlei Lutz stellte dem Sender für seine Arbeit bis April mehr als 1,6 Millionen Euro in Rechnung – sie sichtete wohl 17.000 Dokumente zu Reisen, Dienstwagen, Boni. Die Ergebnisse flossen in einen Zwischenbericht und vorläufige Ergebnisse ein. Vermutlich liegen die Aufklärungskosten noch deutlich höher und überschreiten die Zwei-Millionen-Marke, da auch andere Experten für Arbeits-, Strafrecht und kurzzeitig ein prominenter Medienanwalt hinzugezogen wurden.

Ein Viertel Baugenehmigungen weniger

Im Mai 2023 wurde in Deutschland der Bau von 23.500 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt erklärt, waren das 25,9 Prozent oder 8.200 Baugenehmigungen weniger als im Mai 2022. Damit ging die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen erneut stark gegenüber dem Vorjahresmonat zurück. Von Januar bis Mai 2023 wurden insgesamt 113.400 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt, das waren 27 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum (Januar bis Mai 2022: 155.300). Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben. In den Ergebnissen sind sowohl die Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.

Dieses zylindrische Gerät wurde am Strand von Green Head etwa 250 Kilometer nördlich von Perth angespült.

Dieses zylindrische Gerät wurde am Strand von Green Head etwa 250 Kilometer nördlich von Perth angespült. Noch weiß keiner so genau, was das ist. Foto: -/Australian Space Agency via AAP/dpa

Drei Monate allein auf See

Ein schiffbrüchiger Australier hat drei Monate auf offener See in seinem manövrierunfähigen Katamaran überlebt. Das Duo wurde von einem Trawler gefunden und an Bord genommen, dessen Besatzung mit dem kleinen Helikopter Ausschau nach Thunfisch-Schwärmen hielt. Zusammen mit seiner Hündin Bella habe sich der 51-jährige Tim Shaddock nur von rohem Fisch und Regenwasser ernährt, nachdem die Bordelektronik seines Katamarans durch einen Sturm ausgefallen sei. Der Schiffbrüchige war im April im mexikanischen La Paz in See gestochen und wollte ursprünglich von dort über den Pazifik nach Französisch-Polynesien segeln – Tausende Kilometer entfernt. Eine offizielle Bestätigung für die Angaben gab es zunächst nicht, schrieben Medien aus Mexiko und Australien. Mensch und Tier seien beide in erstaunlich guter Verfassung, zitierte der Sender „9News“ einen Arzt, der auf dem Trawler eine erste medizinische Untersuchung durchgeführt hatte.

Ab in die Sonne

Die beliebtesten Reiseziele im Ausland im Jahr 2022 waren Italien und Österreich (je 14 Prozent), gefolgt von Spanien (11), Frankreich und den Niederlanden (je 7). Diese fünf Länder behaupteten sich sowohl vor als auch während und nach der Corona-Pandemie als die Top-Auslandsziele von Touristen aus Deutschland. Im Jahr 2022 wurden etwa 192 Millionen private Reisen unternommen, die Zahl der Geschäftsreisen lag bei 30 Millionen (39 Prozent mehr als 2021). Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, stieg die Anzahl der Reisen verglichen mit 2021 um ein Viertel (24 Prozent). Das sind 15 Prozent weniger als vor Corona im Jahr 2019.

Unfälle im Straßenverkehr

Im Jahr 2022 kamen in Deutschland 2.788 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben, 9 Prozent oder 226 mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Verletzten stieg auf 361.134 (+12 Prozent). 70 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden ereigneten sich 2022 innerhalb von Ortschaften, 24 Prozent auf Landstraßen und 6 Prozent auf Autobahnen. Infolge der Unfälle auf Landstraßen starben insgesamt 1.593 Personen (841 Unfälle mit Pkw, 399 Zweirad), auf Autobahnen starben 314 Menschen (181 Pkw, 71 Lkw / Transporter). Innerhalb der Ortschaften starben 881 Menschen (276 Fahrrad, 274 zu Fuß, 170 Pkw). Verglichen mit den Vorjahren blieben die Zahlen auf einem der tiefsten Stände seit fast 70 Jahren. Die Polizei spricht von weniger Unfällen als vor der Corona-Pandemie – mit einer Ausnahme: Es gab mehr Unfälle unter Alkoholeinfluss, insgesamt 38.771.

Die „Bibby Stockholm“ läuft am 18. Juli 2023 im Hafen von Portland, England, ein. Sie soll als Unterkunft für bis zu 500 Asylbewerber dienen. Foto: Dan Kitwood/Getty Images

Weiterbildungsgesetz ist gültig

Der Bundesrat hat kürzlich zugestimmt, dass das Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung in Kraft tritt. Teil des Gesetzes ist die Einführung einer Ausbildungsgarantie für alle jungen Menschen, die keinen Berufsabschluss haben. Sie sollen möglichst eine betriebliche Berufsausbildung machen. In unterversorgten Gebieten entsteht ein Rechtsanspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung. Vorgesehen ist ein Mobilitätszuschuss als Anreiz für eine Ausbildung in einer anderen Region, wobei der Bund Kosten für zwei Heimfahrten monatlich übernimmt. Im Gesetz enthalten ist ein „Qualifizierungsgeld“. Dieses können Arbeitgeber als Lohnersatz bekommen, wenn einem großen Teil der Belegschaft die Entlassung droht, ein Jobverlust aber nachhaltig mit einer Weiterbildung gesichert werden kann. Dann werden bis zu zwei Drittel des Nettogehalts als „Qualifizierungsgeld“ vom Staat übernommen.

Grünheide: Eine Million Tesla pro Jahr

Tesla hat vor, seine Produktionskapazität in der Gigafactory Grünheide in Brandenburg von 500.000 auf 1.000.000 Fahrzeuge pro Jahr zu verdoppeln. Elon Musk plant eine weitere große Halle, die wohl siebenmal so groß wie das Tropical Island werden soll. Mit der Erweiterung soll zudem die Produktionskapazität für Batteriespeicher von derzeit 50 auf zukünftig 100 Gigawattstunden pro Jahr verdoppelt werden. Für diese Erweiterung ist eine neue umweltrechtliche Genehmigung des Landes notwendig. Die Landesregierung hatte Tesla-Chef Elon Musk Unterstützung für den Werksausbau zugesichert. Wer Bedenken hat, kann diese öffentlich geltend machen: Am 19. Juli startet ein entsprechendes Bürgerbeteiligungsverfahren (https://www.uvp-verbund.de/portal).

Hohe Temperaturen beeinflussen Solarzellen – negativ

In Großbritannien wurde erstmals wieder Kohle zur Stromerzeugung genutzt – denn Photovoltaik lieferte trotz (oder gerade wegen) viel Sonnenschein weniger Strom als erwartet. Ein Block des Kohlekraftwerks Ratcliffe-on-Soar in Nottinghamshire wurde nach wochenlanger Pause wieder in Betrieb genommen, ein weiteres Kohlekraftwerk wird als Reserve bereitgehalten. Grund ist: Die Solarmodule waren wegen Temperaturen über 30 Grad Celsius weniger effizient. Die Stromausbeute war um fast ein Drittel geringer. Die Angabe der elektrischen Leistung von Solarmodulen beruht auf einer Referenztemperatur von 25 Grad Celsius, höhere Temperaturen reduzieren die Effizienz. Da Solarmodule leicht über 60 oder 70 Grad Celsius warm werden, wird die Effizienz stark beeinträchtigt. Verglichen mit einem kühlen, bewölkten Tag können Solarmodule dann um mehr als ein Viertel weniger effizient arbeiten, sagt Alastair Buckley, Professor für organische Elektronik an der University of Sheffield.

Langstrecke teurer, Inlandsflüge nicht

Flugtickets und Pauschalreisen haben sich im letzten Jahr überdurchschnittlich verteuert. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, stiegen die Preise für internationale Flüge in der ersten Jahreshälfte um 24,9 Prozent. Im Vergleich zum 1. Halbjahr 2021 waren sie sogar um 52,6 Prozent teurer. Während vor allem Tickets nach Asien und Australien zulegten (+ 42,5 Prozent gegenüber 2022), fiel der Preisanstieg für Inlandsflüge mit 3,9 Prozent sogar geringer aus als die allgemeinen Verbraucherpreise (+ 7,4 Prozent). Pauschalreisen waren 2023 im bisherigen Schnitt 10,2 Prozent teurer. Innerdeutsche Reisen (+ 14,5 Prozent) waren dabei stärker betroffen als Reisen ins Ausland, beispielsweise nach Griechenland oder auf die Balearen (je + 13,5 %Prozent, in die Türkei (+11,0 Prozent) oder nach Ägypten (+8,7 Prozent).



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