Wochenrückblick: „Armee der Drohnen“, Wilhelmshaven sowie ein 159-facher Falschparker

97.709 Menschen holten in Österreich ihre Klima-Gutscheine nicht ab. 120.000 Euro pro Tag kostet das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven (samt einem Chlor-Problem). 140 Jahre lang galt die Fasanentaube als verschwunden – nun wurde sie wiederentdeckt. Ein unvollständiger Rückblick auf die Woche in Kurznachrichten.
Lufthansa ist weiter an der italienischen Airline Ita Airways interessiert.
Die deutsche Lufthansa ist weiter an der italienischen Airline Ita Airways interessiert.Foto: Jae C. Hong/AP/dpa
Von 26. November 2022

Waffendrohnen

Die Ukraine baut eine „Armee der Drohnen“ auf und bildet in Drohnenschulen Tausende Piloten aus. Eingesetzt werden – neben den kleinen Fluggeräten aus dem Warenhaus – auch die türkische Kampfdrohne Bayraktar TB2. Diese kann eine Waffenlast von 150 Kilogramm tragen. Russland kauft derweil massenhaft Drohnen im Iran – darunter die „Kamikaze-Drohnen“ der Shahed-Reihe – und setzt sie für massive Angriffe ein. Beide Staaten wollen eigene Produktionsstätten für Drohnen aufbauen.

Drohnen für das THW

Das deutsche Innenministerium möchte auch Drohnen beschaffen: für das THW im Katastropheneinsatz. Berlin setzt bei der Beschaffung auf chinesische Geräte des Typs „DJI Matrice 300“. Der Konzern DJI gilt weltweit als Marktführer bei Drohnen im privaten und gewerblichen Bereich. Allerdings steht er auf einer schwarzen Liste des US-Handelsministeriums, weil er das chinesische Militär unterstützt haben soll. Medien zufolge wurde er bei der Überwachung der Uiguren tätig, was das Unternehmen bestreitet. Der Stückpreis einer „DJI Matrice 300“ liegt bei 10.000 Euro. Bis zu 67 davon will das Innenministerium ordern.

Gutscheine blieben liegen

In Österreich bekamen rund 1,3 Millionen Menschen ihren Klimabonus nicht ausgezahlt, weil der Staat ihre Bankdaten nicht hatte oder sie ihren Sodexo-Gutschein nicht bei der Post abholten. Der Klimabonus wurde ab September für alle angewiesen, die schon länger als sechs Monate in Österreich leben. Erwachsene erhielten 500 Euro, Kinder die Hälfte. Dass 97.709 Menschen ihre Gutscheine nicht abholten, kann für den Staat bis zu 48 Millionen Euro ausmachen (sofern es sich dabei nur um Erwachsene gehandelt hat). Auch im kommenden Jahr ist ein Klimabonus geplant: gestaffelt nach Wohnort zwischen 100 und 200 Euro.

1,3 Millionen

Rund 1,3 Millionen Flüchtlinge und Migranten kamen bisher in diesem Jahr nach Deutschland. Die Dunkelziffer liegt höher, da an den Grenzen nur stichprobenartig kontrolliert wird. Zum Vergleich: 2015 waren es 900.000 Menschen. Bis zum 19. November kamen allein aus der Ukraine rund 1,1 Million Menschen. Sie können sich hier bis zu 90 Tage aufhalten und bekommen seit dem 1. Juni entsprechende Sozialleistungen. Von Jahresbeginn bis Oktober zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zusätzlich insgesamt 181.610 Asylanträge, rund 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten Asylbewerber kommen aus Syrien, Afghanistan, der Türkei und dem Iran.

Am 11. Juli 2022 in Deest bei Arnheim (Niederlande): schwimmende Solarpaneele des von BayWa r.e. betriebenen Solarparks Uivermeertjes. BayWa r.e. bündelt alle Aktivitäten im Bereich der erneuerbaren Energien von BayWa. Foto: Francois Walschaerts/AFP via Getty Images

„Abschaltorgien“ beenden

Klaus Josef Lutz, Chef des Agrar- und Energiekonzerns BayWa, fürchtet angesichts der Energiepolitik der Regierung eine Massenflucht von Industriefirmen ins Ausland. „Wir reden über die Existenz unseres Landes, die Ampel setzt sie auf’s Spiel“, warnt er in der „Bild“. Lutz, der gleichzeitig Präsident der IHK Bayern ist, kritisiert: „Die Bundesregierung sagt nicht die Wahrheit im Hinblick auf die Versorgung. Erneuerbare Energien, Fracking, Kernkraft – wir müssen jetzt alle Register ziehen und alles nutzen, was es gibt, und vor allem ausbauen, so schnell es geht.“

General-Amnestie gefordert

Der Ärzteverband Hippokratischer Eid fordert eine „General-Amnestie für alle wegen Masken- oder Impfunfähigkeitsattesten verfolgten Ärzten“. Nach der ärztlichen Muster-Berufsordnung seien alle Ärzte verpflichtet, für sie erkennbaren Schaden vom Patienten fernzuhalten. „Ärzte müssen ihre Patienten schützen und dürfen sich nicht zu Handlangern des Staates machen.“ Neben der Rehabilitation der Mediziner fordert der Ärzteverband die Entlassung aller Staatsanwälte und Richter, die sich an der Verfolgung der Ärzte beteiligt haben – sei es durch den Erlass von Durchsuchungsbefehlen oder durch Verhängung von Haft- oder Geldstrafen.

Doppelt so teuer

Die schwimmenden LNG-Terminals, die Deutschlands Gasengpass vermindern sollen, werden teurer als geplant. Einige davon müssen länger gechartert werden. Ursprünglich rechnete das Bundeskabinett mit 2,94 Milliarden Euro, derzeit nun mit etwa 6,56 Milliarden Euro. Fünf Flüssiggasanlagen sind geplant – die Terminals in Brunsbüttel sowie ein privates Projekt in Lubmin – sollen zum Jahreswechsel einsatzbereit sein. Einer der Faktoren hinter der Preisexplosion ist der Umstand, dass die LNG-Terminals für die Dauer von 15 Jahren gechartert werden müssen.

Chlor und Wilhelmshaven

Das Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven wird als „schleichender Chemieunfall“ (Deutsche Umwelthilfe) bezeichnet. Das dortige Terminal, das Spezialschiff „Höegh Esperanza“, versetzt das tiefgekühlte Flüssiggas wieder in den gasförmigen Zustand und speist es in das deutsche Gasnetz ein. Das Schiff war weltweit das einzige, was verfügbar ist – für 120.000 Euro pro Tag. Und es war nur deshalb verfügbar, weil australische Behörden den Betrieb verboten haben – es hat ein Chlor-Problem. Chlor wird als Biozid eingesetzt, um die Anlage von Muscheln und Seepocken freizuhalten. Aus dem Chlor können 20 bis 30 verschiedene Verbindungen entstehen, vor allem bromhaltige seien gefährlich, erklärt der BUND. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wurde im LNG-Beschleunigungsgesetz durch verschiedene Ausnahmeregelungen gestrichen.

Neubauten stehen in einem Neubaugebiet in der Region Hannover. (Archivbild)

Das Baukindergeld wird Ende 2022 auslaufen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Letzte Chance auf Baukindergeld

Das Förderprogramm für Baukindergeld läuft aus, Anträge können bei der KfW nur noch bis zum 31. Dezember 2022 gestellt werden. Bis zum Jahresende sind noch rund 180 Millionen Euro verfügbar. 12.000 Euro pro Kind können Familien erhalten, die zwischen dem 1.1.2018 und dem 31.3.2021 einen notariell beglaubigten Kaufvertrag unterschrieben oder eine Baugenehmigung erhalten haben und bis zum Jahresende im neuen Wohneigentum einziehen beziehungsweise schon eingezogen sind. Der ursprünglich bis Ende 2023 datierte Zuschuss endet damit also schon ein Jahr früher, als geplant. Das Programm wurde um mehr als 18 Millionen Euro gekürzt.

Auch nachts soll die Sonne Energie liefern

Die Europäische Raumfahrt Agentur (ESA) will Energie aus dem Weltall auf die Erde übertragen. Weltraumgestützte Solarenergie soll so funktionieren: In einer geostationären Umlaufbahn wird mittels Technik Sonnenenergie absorbiert und in Mikrowellen mit einer geringen Leistungsdichte umgewandelt. Diese könnte an Empfänger auf der Erde geschickt werden, die sie in elektrischen Strom wandeln. In München demonstrierte die ESA, dass das prinzipiell funktioniert – über eine Strecke von 36 Metern. Die Energie wurde benutzt, um alkoholfreies Bier zu kühlen, ein Stadtmodell zu beleuchten und per Elektrolyse ein wenig grünen Wasserstoff zu erzeugen. China ist schon etwas weiter, sie schafften jüngst 55 Meter, den Rekord der drahtlosen Übertragung hält das US-Militär – derzeit mit einem Kilometer.

10.000 neue Stellen

Seit Start der Ampel-Regierung steigt die Anzahl der Stellen in Ministerien und Behörden deutlich. Weitere 4.769 Stellen sollen nächste Woche beschlossen werden. Die Ampel-Regierung habe „jedes Maß verloren“, kritisierte Friedrich Merz (CDU). Zudem verwies er auf „einen Schuldenstand historischen Ausmaßes“. Auch Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion, kritisierte die Personalpolitik: „Die Bürger leiden unter gigantischen Mehrkosten, manche Betriebe stehen vor der Insolvenz und die ‚Ampel‘ bläht die Ministerien auf – das passt nicht zusammen.“

Parken in Berlin. Foto: iStock

Ziemlich oft falsch geparkt

Nach 174 Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr binnen eines Jahres war Schluss. Einem Autofahrer wurde die Fahrerlaubnis entzogen, nachdem er 159-mal falsch geparkt und 15-mal zu schnell unterwegs war. Das Berliner Landesamt begründete sein Vorgehen mit „charakterlichen Mängeln“ des Fahrers. Eine Klage des Mannes gegen den Beschluss wurde vom Gericht abgewiesen. Er sei offensichtlich nicht willens, „im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffene bloße Ordnungsvorschriften zu beachten“.

„Verfassungsrechtlich bedenklich“

Wer mit Öl oder Erdgas heizt, dem greift der Staat seit 2021 zusätzlich in die Tasche und kassiert eine CO₂-Abgabe. Bisher musste die der Mieter alleine tragen. Nach dem Willen der Ampel-Koalition wird das ab dem kommenden Jahr anders. Dann müssen sich auch die Vermieter beteiligen. Wer dann wie viel bezahlt, hängt vom energetischen Zustand des jeweiligen Hauses ab. Die Regierung spricht von einer „fairen Aufteilung“ der Kosten. Der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland kritisiert das kürzlich verabschiedete Gesetz scharf und will vor Gericht ziehen.

2. Booster nach wenigen Wochen wirkungslos

Die Schutzwirkung der Corona-Impfungen lässt mehr oder weniger schnell nach oder verkehrt sich sogar ins Negative. Eine israelische Untersuchung ergab, dass der Antikörperspiegel nach der zweiten Booster-Impfung mit dem Corona-Impfstoff von BioNTech/Pfizer nach etwa vier Monaten wieder ähnliche Werte erreicht wie nach der dritten Dosis. So sei der immunologische Schutz nach der vierten Dosis „viel geringer“ und habe „13 Wochen nach der Impfung vollständig nachgelassen.“ Sie stellten fest, dass die Wirksamkeit der vierten Dosis in den ersten fünf Wochen nach der Verabreichung bei nur 52 Prozent lag. Nach 15 bis 26 Wochen fiel sie auf negative 2 Prozent. Das heißt, dass sich Geimpfte tendenziell häufiger infizierten als Ungeimpfte.

„Spektakulärer Rückgang“: Erzeugerpreise sinken

Erstmals haben deutsche Hersteller ihre Erzeugerpreise gesenkt – um 4,2 Prozent. Verglichen mit den Preisen im Vorjahr ergibt sich eine Teuerungsrate von rund 34,5 Prozent. Ökonomen sehen darin einen Vorboten, dass die Inflation ihren Höhepunkt langsam erreicht haben könnte. Die Erzeugerpreise gelten als ein Indikator für die Entwicklung der Verbraucherpreise.

Polizeibeamte stoppen am 17. November 2022 Autos am Eingang des ostpolnischen Dorfes Przewodow, wo vor zwei Tagen zwei Männer bei einem Raketeneinschlag nahe der Grenze zur kriegszerstörten Ukraine getötet wurden. Foto: Wojtek Radwanski/AFP via Getty Images

Einen „kühlen Kopf“ bewahren

Knapp eine Woche nach dem Einschlag einer S-300-Rakete im grenznahen Dorf Przewodуw hat Deutschland dem NATO-Partner Polen Unterstützung angeboten. Ein Patriot-Abwehrsystem der Bundeswehr soll die polnische Luftabwehr unterstützen, kündigte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht an. Gleichzeitig betonte sie, es sei erforderlich, einen „allzeit kühlen Kopf“ zu bewahren. Es sei „unsere oberste Verantwortung, dass die NATO keine Kriegspartei wird“. Bundeskanzler Olaf Scholz hielt zudem eine Grundsatzrede in Prag für den „Aufbau einer europäischen Luftverteidigung“.

Fasanentaube wiederentdeckt

Seit 140 Jahren galt der Vogel als ausgestorben, nun wurde er wiedergefunden: die Schwarzstirn-Fasanentaube (Otidiphaps insularis). Auf der Fergusson-Insel fanden Forscher des Projekts „Search for Lost Birds“ die Vögel mittels Kamerafallen. Sie brachten ihre Kameras nach Hinweisen von Einheimischen auf dem Kamm eines Berges in 975 Metern Höhe und dichter Vegetation an. Darüber entdeckten sie gleich zwei der Vögel. Fergusson ist eine vulkanische, unerschlossene Insel von knapp 1.500 Quadratkilometern vor der Ostküste Papua-Neuguineas.

Bremsen ab Januar

Strom- und Gaspreisbremse sollen rückwirkend ab Januar gelten, entschied die Bundesregierung am 22. November. Mit der Gaspreisbremse wird für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen der Gaspreis von März 2023 bis April 2024 auf zwölf Cent brutto pro Kilowattstunde begrenzt. Der Strompreis wird für den gleichen Empfängerkreis (Stromverbrauch von bis zu 30.000 Kilowattstunden) bei 40 Cent inklusive aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte gedeckelt. Beides gilt für je 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs. Vertreter der Stadtwerke bezweifeln die Umsetzbarkeit vor März. „Wir kennen Stand heute noch keine Vorschriften, wir kennen die Regeln, die wir umsetzen sollen, noch nicht“, warnte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer beim Verband Kommunaler Unternehmer.



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