„Wir wollen freie Wahlen“ – Mehr als 1000 Festnahmen bei einer Kundgebung der Opposition in Moskau
Bei einer Kundgebung der Opposition für freie Kommunalwahlen in Moskau sind am Samstag mehr als tausend Menschen festgenommen worden. Die Polizei sprach von 1074 Festnahmen wegen „verschiedener Vergehen“ während der nicht genehmigten Demonstration. Zuvor hatten Menschenrechtsorganisationen mindestens 800 Festnahmen gemeldet.
Die Proteste richteten sich gegen den Ausschluss von Oppositionskandidaten bei der Kommunalwahl. Einige von ihnen wurden kurz vor der Demonstration in Gewahrsam genommen.
Nach offiziellen Angaben folgten rund 3.500 Menschen trotz eines Demonstrationsverbots der Behörden dem Protestaufruf. Die Polizei führte bereits vor Beginn der Kundgebung dutzende Teilnehmer ab, wie ein AFP-Reporter aus der russischen Hauptstadt berichtete.
Die Polizisten gingen mit großer Härte gegen die Demonstranten vor und setzten auch Schlagstöcke ein. Laut OWD-Info erlitten mehrere Festgenommene Nasenbrüche oder Verletzungen am Kopf.
„Wir wollen freie Wahlen“
Zahlreiche Oppositionskandidaten waren kürzlich wegen angeblicher formaler Mängel von den Kommunalwahlen in Moskau ausgeschlossen worden. Dagegen protestierten vor einer Woche mehr als 20.000 Menschen in der russischen Hauptstadt – es war die größte Demonstration seit Jahren. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin bezeichnete die neue Demonstration am Samstag als „Bedrohung für die Sicherheit“ in Moskau und kündigte ein entschlossenes Vorgehen der Sicherheitskräfte an.
Die Polizei riegelte den Platz vor dem Moskauer Rathaus ab. Dort sollte die Demonstration ursprünglich stattfinden. Die Teilnehmer der Kundgebung wichen daher auf die angrenzenden Straßen aus. „Das ist unsere Stadt“ und „Wir wollen freie Wahlen“, riefen die Demonstranten. „Ich hatte mein ganzes Leben lang Angst, aber genug ist genug“, sagte die Rentnerin Elena Rastowka. „Wenn wir zu Hause bleiben, wird sich nichts ändern.“
„Wir protestieren friedlich, wir haben keine Waffen“, sagte die Demonstrantin Anastassia Sabaliuewa. Er habe zuletzt 2012 eine ähnlich hartes Vorgehen der Sicherheitskräfte in Moskau erlebt, sagte ein anderer Kundgebungsteilnehmer.
Oppositionspolitiker wurden kurz vor der Kundgebung in Gewahrsam genommen
Bereits im Vorfeld der Demonstration hatten die Behörden ihr Vorgehen gegen die Opposition verschärft. Oppositionsführer Alexej Nawalny wurde am Mittwoch zu 30 Tagen Haft verurteilt, weil er zu neuen Protesten aufgerufen hatte.
Oppositionspolitiker wie Ilja Jaschin, Iwan Schdanow, Ljubow Sobol und Dmitri Gudkow wurden kurz vor Beginn der Kundgebung am Samstag in Gewahrsam genommen. Am Freitagabend hatten Polizisten bereits mehrere Wahlkampfbüros von Verbündeten des Kreml-Kritikers Nawalny durchsucht. Dies sei „dreister und unrechtmäßiger Druck auf die Opposition inmitten des Wahlkampfs“, schrieb Jaschin, der bei dem Urnengang im September nicht antreten darf, im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Gudkow forderte die Russen auf, trotz der Repressalien weiter für freie und faire Wahlen zu kämpfen. „Wir reden nicht mehr über unsere Mandate“, sagte er am Freitag. „Wenn wir jetzt verlieren, wird es Wahlen als politisches Instrument nicht mehr geben und der Unterdrückungsapparat wird das Land ins Jahr 1937 zurückwerfen“, fügte er mit Blick auf den Höhepunkt der Stalin-Diktatur hinzu. (afp)
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