Wiener Verfassungsschutzchef nach islamistischem Anschlag suspendiert
Nach dem Bekanntwerden weiterer Behördenpannen im Zusammenhang mit dem islamistischen Anschlag in Wien hat die österreichische Regierung personelle Konsequenzen gezogen.
Der Leiter des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), Erich Zwettler, wurde am Freitag vom Dienst suspendiert, wie der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl bei einer Pressekonferenz in Wien mitteilte. Die österreichische Regierung ordnete zudem die Schließung zweier radikalislamischer Moscheen in Wien an, die der Täter besucht hatte.
Der Islamist hatte am Montagabend in Wien auf Barbesucher und Restaurant-Angestellte geschossen und dabei vier Menschen getötet, darunter eine Deutsche. Der Angreifer verletzte zudem 22 weitere Menschen, bevor er von Polizisten erschossen wurde. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich.
Innenminister Nehammer gesteht Versäumnisse ein
Innenminister Karl Nehammer gestand am Freitag weitere Versäumnisse der Behörden vor dem Anschlag ein. Es habe „offensichtliche und unserer Ansicht nach nicht tolerierbare Fehler“ gegeben, erklärte er. Demnach hatte der Attentäter offenbar Kontakt zu Personen, die auf dem Radar des deutschen Verfassungsschutzes standen. Ein entsprechender Hinweis der deutschen Behörden blieb in Österreich demnach folgenlos.
Im Zusammenhang mit dem Anschlag durchsuchte das Bundeskriminalamt (BKA) am Freitagmorgen auch in mehreren deutschen Städten Wohnungen und Geschäfte. Wie das BKA mitteilte, sollen sich der zwei der vier Menschen, bei denen durchsucht wurde, im Juli mit dem Attentäter in Wien getroffen haben.
Versuchter Munitionskauf des Attentäters in der Slowakei
Nehammer hatte bereits am Mittwoch eingeräumt, dass der slowakische Geheimdienst vor dem Anschlag die österreichischen Behörden über einen versuchten Munitionskauf des Täters informiert hatte.
Der Leiter des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz wurde nun nach Angaben von Polizeipräsident Pürstl auf eigenen Wunsch vom Dienst suspendiert. Der Behördenchef habe sich zu dem Schritt entschieden, um einer „ordnungsgemäßen Untersuchung und Aufklärung“ nicht im Wege zu stehen, sagte Pürstl.
Schließung zweier Moscheen: Ort der Radikalisierung
Die Regierung ordnete am Freitag zudem die Schließung der Melit-Ibrahim-Moschee im Wiener Bezirk Ottakring und der Tewhid-Moschee in Wien-Meidling an. Der 20-jährige Attentäter habe die beiden Moscheen vor dem Anschlag wiederholt besucht, erklärten Nehammer und Kultusministerin Susanne Raab am Freitag in Wien.
Laut Raab gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass die Besuche der Moscheen die Radikalisierung des Angreifers förderten. Nur eines der beiden Gotteshäuser ist offiziell als Moschee registriert.
Kommentar der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) bestätigte am Freitag die Schließung einer offiziell registrierten Moschee. Die Anordnung erfolge „in Absprache mit den zuständigen Behörden“. Der Islamverband begründete den Schritt damit, dass die Moschee gegen „religiöse Leitlinien“ verstoßen habe.
„Freiheit ist ein kostbares Gut in unserem Land, das wir vor Missbräuchen schützen müssen, auch wenn sie aus unseren Reihen kommen“, erklärte IGGÖ-Präsident Ümit Vural. Die Islamische Glaubensgemeinschaft vertritt landesweit 360 Moscheen.
Seit dem Anschlag vor vier Tagen wurden insgesamt 16 Verdächtige festgenommen. Wie die Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur AFP am Freitag mitteilte, wurden sechs von ihnen inzwischen wieder freigelassen. Acht Festgenommene zwischen 16 und 24 Jahren werden hingegen dringend verdächtigt, dem Täter im Vorfeld des Anschlags geholfen zu haben. (afp)
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