Wiederaufbau fast beendet: Am 7. Dezember öffnet die Pariser Kathedrale Notre-Dame
Der Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame grenzt an ein Wunder: Das werden am Tag der Wiedereröffnung in einem Monat vermutlich auch viele denken, die sonst mit Religion und Kirchengebäuden nicht viel anfangen können.
Die Kathedrale solle innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut werden, „schöner als zuvor“, hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Tag nach dem schlimmen Brand gesagt, als die Asche noch nicht erkaltet war.
Manche hielten es für vermessen, so leichthin über ein Meisterwerk der Gotik zu sprechen, deren Dachstuhl gerade komplett abgebrannt war, und deren hinabgestürzter Spitzturm ein gewaltiges Loch in die Kuppel über der Vierung gerissen hatte.
Es sind noch 150 Millionen Euro Spendengelder übrig
Es mag sein Hang zur Megalomanie oder politischer Instinkt gewesen sein: Macron behielt recht. Am 7. Dezember, fünf Jahre und knapp acht Monate nach dem Brand, soll die Kathedrale feierlich wiedereröffnet werden.
Und noch bevor am Marienfest am 8. Dezember eine erste Messe gefeiert werden soll, will der Präsident in der Kathedrale eine Ansprache halten.
Wer Notre-Dame vor dem Brand besucht hat, wird das Bauwerk kaum wiedererkennen: Die Wände sind von Jahrhunderte altem Ruß und Dreck befreit.
Durch die gereinigten Fenster wird mehr Licht fallen denn je und die frischen Farben und das Blattgold der Wandmalereien zum Strahlen bringen. Auch die 2.300 Statuen und 8.000 Orgelpfeifen sind frisch geputzt.
Dass die Renovierung geschafft ist – und auf der „Baustelle des Jahrhunderts“ auch noch der Zeitplan eingehalten wurde – ist vor allem der beispiellosen Spendenbereitschaft zu verdanken, die die Bilder von Notre-Dame in Flammen am 15. April 2019 ausgelöst hatten.
Knapp 850 Millionen Euro kamen zusammen, so viel, dass noch 150 Millionen übrig blieben, die für die ohnehin anstehende Restaurierung der Apsis und der Strebepfeiler verwendet werden. Diese Arbeiten werden auch nach der Wiedereröffnung fortgesetzt. Der Staat hat keine finanziellen Mittel beigesteuert.
Notre-Dame gehört dem Staat
Es zählt zu den Besonderheiten Frankreichs, dass Staat und Religion strenger getrennt sind als anderswo – zugleich aber auch enger verbunden, weil der Staat Eigentümer aller Kirchen und Klöster ist, die vor 1905 gebaut wurden. Damals wurde das Gesetz über die Laizität verabschiedet.
Demnach gehört auch Notre-Dame dem Staat, was erklärt, warum Macron als oberster Bauherr auftrat. Die Leitung des Wiederaufbaus vertraute er zunächst dem ehemaligen Generalstabschef der französischen Streitkräfte, Jean-Louis Georgelin, an, dem er sogar ein Büro im Elysée zur Verfügung stellte. Der General sollte die Wiedereröffnung nicht erleben, er kam 2023 ums Leben.
Die katholische Kirche weigert sich kurz nach dem Brand, finanzielle Mittel für die Sanierung einer katholischen Kirche bereitzustellen. Vom Päpstlichen Kulturrat in Rom hieß es dazu nur lapidar, Notre-Dame gehöre dem Staat und der habe genug Geld.
Historischer Wiederaufbau und Macron zeitgenössische Fenster
Macron hätte Notre-Dame allzu gerne seinen Stempel aufgedrückt, etwa durch einen Spitzturm eines zeitgenössischen Architekten. Dies hätte ihn in eine Reihe gestellt mit seinen Vorgängern François Mitterrand, der die neue Nationalbibliothek errichten ließ, oder mit Jacques Chirac, der Paris ein Museum für außereuropäische Kunst vermachte.
Die Charta von Venedig, die festlegt, dass ein historisches Bauwerk nach einem Unglück originalgetreu wieder aufgebaut werden soll, verhinderte dies. Aber Macron setzte zumindest durch, dass ein Teil der – inzwischen gereinigten und wieder eingebauten – Fenster aus dem 19. Jahrhundert durch Werke zeitgenössischer Künstler ersetzt werden.
Debatte um künftiges Eintrittsgeld
Dies war nur eine der Debatten über Notre-Dame, die die Gemüter bewegte. Kürzlich brachte Kulturministerin Rachida Dati die katholische Kirche in Frankreich gegen sich auf, als sie vorschlug, dass Besucher künftig Eintritt zahlen sollten.
Mit einer Gebühr von fünf Euro könnten jährlich 75 Millionen Euro für die Restaurierung anderer Kirchen eingenommen werden, rechnete sie vor.
Die Diözese hielt ihr entgegen, dass es zur Mission der Kirche zähle, „jede und jeden bedingungslos willkommen zu heißen“. Bisher sei in Notre-Dame nicht zwischen Pilgern und Touristen unterschieden worden.
Dies dürfte sich aber ohnehin ändern, da Besucher sich künftig auf einer Website für ein bestimmtes Zeitfenster anmelden sollen. Diese soll Anfang Dezember zugänglich sein. Gottesdienstbesucher hingegen sollen weiterhin ohne Anmeldung eingelassen werden, sofern Plätze vorhanden sind.
Eröffnungsfeiern bis Pfingsten
Die Eröffnungsfeierlichkeiten werden sich bis Pfingsten am 8. Juni hinziehen – mit drei Messen täglich, zahlreichen Pilgergruppen und Konzerten.
Dabei wird auch der Chor der Bauleute auftreten, zu dem sich mehr als 80 Menschen zusammengefunden haben: Sie haben in den vergangenen fünf Jahren für die Renovierung der Kathedrale gearbeitet und wollen ihr Werk auf diese Weise feierlich beschließen. (afp/red)
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