„Wie geht’s, Kuba?“: Obama auf schwieriger Mission

Kubas Staatschef Raúl Castro lässt sich aber nicht am Flughafen blicken, er schickt Außenminister Bruno Rodríguez. Ein Affront? Den Papst oder Frankreichs Präsidenten François Hollande begrüßte Castro persönlich.
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Barack Obama besucht als erster US-Präsident seit der Revolution 1959 den Karibikstaat, wo sich eines der langlebigsten Sozialismus-Experimente hält.Foto: Michael Reynolds/dpa
Epoch Times21. März 2016
Es regnet fürchterlich, als die Air Force One auf dem Flughafen José Martí aufsetzt.

Barack Obama hält schützend den schwarzen Regenschirm über seine Ehefrau Michelle, dahinter gehen ihre Töchter Sasha und Malia die nasse Gangway herunter. Irgendwie das falsche Wetter für die neue Sonnenschein-Politik.

Um 21.18 Uhr MEZ wird an diesem 20. März 2016 in Kubas Hauptstadt Havanna Geschichte geschrieben. Barack Obama besucht als erster US-Präsident seit der Revolution 1959 den Karibikstaat, wo sich eines der langlebigsten Sozialismus-Experimente hält. Der kubanische Staat bezog lange seinen inneren Zusammenhalt aus dem gemeinsamen Feind, den als imperialistisch gebrandmarkten USA. 

Per Twitter wird sofort nach der Landung eine Mitteilung Obamas an das Volk verbreitet. Er fragt im typischen kubanischen Slang „Que bolá Cuba?“ („Wie geht’s, Kuba?). Das will er bis Dienstag persönlich erfahren, mit Bürgern und Unternehmern ins Gespräch kommen. 

Kubas Staatschef Raúl Castro lässt sich aber nicht am Flughafen blicken, er schickt Außenminister Bruno Rodríguez. Ein Affront? Den Papst oder Frankreichs Präsidenten François Hollande begrüßte Castro persönlich. Aber Hollande traf auch keine Dissidenten, wie Obama es plant. Ein gefundenes Fressen für Donald Trump, den Favoriten auf die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner. Er macht sich etwas über Obama lustig und twittert mit Blick auf Castro: „Er begrüßte den Papst und andere. Kein Respekt.“ 

Auch beim Rundgang der Familie Obama durch die historische Altstadt Havannas regnet es in Strömen, Regenschirme prägen die Szenerie. Alles ist streng abgeriegelt, ein bisschen Jubel der wohl handverlesenen Schaulustigen, Obama winkt. Danach geht es zum Abendessen in ein Privatrestaurant – so wie das Lokal dürfen inzwischen schon 500 000 Kubaner kleine Privatunternehmen betreiben. 

Obama will durch seine Annäherung Reformen in Kuba erwirken, bei Menschenrechten und für mehr Meinungsfreiheit. Der Weg dahin ist weit: Kurz vor der Ankunft wurden Dutzende Dissidenten in Havanna nach einer Demonstration festgenommen. „Es gibt ein Klima der politischen Repression“, kritisiert Elizardo Sánchez, Chef der verbotenen Kubanischen Kommission für Menschenrechte und Nationale Versöhnung (CCDHRN). Viele Dissidenten seien von der Polizei gewarnt worden, ihre Häuser nicht zu verlassen, während Obama sich in Havanna aufhält. Es herrscht ein Klima der Einschüchterung. 

Interessant ist ein pünktlich zu Obamas Ankunft auftauchendes neues Foto von Revolutionsführer Fidel Castro (89). Im Rollstuhl sitzend und mit einem Trainingsanzug bekleidet, diskutiert er mit Venezuelas sozialistischem Präsidenten Nicolás Maduro, der kurz vor Obama in Kuba war. Das Bild ziert den Titel der Zeitung „Juventud Rebelde“. Im Innenteil vier weitere Bilder, nichts zu Obama. Es wird die große Freundschaft mit Venezuela betont. Mit Zehntausenden Ärzten hilft Kuba Venezuela, das Kuba wiederum mit Öllieferungen alimentiert. 

„Ich vertraue der US-Politik nicht, ich habe kein Wort mit denen gewechselt“, sagte der Revolutions-Pensionär im Januar 2015 nach der ersten Annäherung seines Bruders Raúl mit den USA – unter Fidels Ägide wäre diese Politik wohl nicht möglich gewesen. Er befeuerte nach der Revolution 1959 die Feindschaft zu den USA, bezichtigte die CIA, ihn töten zu wollen. Die Stationierung sowjetischer Atomraketen brachte die Welt 1962 an den Rand des Atomkriegs.

Sicher ist es ein historischer Besuch, auch wenn Kuba kein großer Spieler der internationalen Politik ist. Aber zum Ende seiner Amtszeit ist Obama sichtbar bemüht, noch einmal Akzente in Lateinamerika zu setzen. Auch hier geht es um Märkte, Russland und China gewinnen immer mehr Einfluss im einstigen Hinterhof.

Nach Kuba besucht er Argentinien, der neue Präsident Mauricio Macri gilt als interessanter Partner, der mit der US-kritischen Politik der linken Vorgängerin Cristina Kirchner brechen will. 

Es ist unklar, wieviel Freiheit die kubanische Führung zulassen wird – und ob die USA das bereits gelockerte Embargo irgendwann ganz aufheben. Raúl Castro setzt auf kontrollierte Öffnung, vor allem auf mehr Touristen, um die staatlichen Kassen zu füllen. Als erstes US-Unternehmen seit der Revolution hat Starwood nun einen Vertrag über die Öffnung von Hotels abgeschlossen, bald könnten auch Direktflüge zwischen den USA und Kuba folgen.

Vor wenigen Tagen wurde nach Jahrzehnten auch wieder der direkte Postverkehr aufgenommen. Die Kubanerin Ileana Yarza (76) bekam mit dem ersten US-Postflugzeug, das Havanna erreichte, eine Antwort Obamas auf ihr Schreiben, indem sie ihn zu sich eingeladen hatte. Der Präsident ist spürbar bemüht, das Eis zu brechen. Er schrieb Yarza, dass er sich sehr auf Kuba freue. „Und hoffentlich werde ich genug Zeit haben, um mit Ihnen eine Tasse kubanischen Kaffee zu genießen.“ 

(dpa)


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