Wichtiger Partner in der Flüchtlingspolitik: 68,8 Millionen Euro Entwicklungshilfe für Uganda
Eine erkennbare Herausforderung für das Bundesentwicklungsministerium stellt die Zusammenarbeit mit einigen afrikanischen Ländern dar. Eines davon ist Uganda. Auf der einen Seite stehen bedeutende Leistungen auf dem Gebiet der Flüchtlingspolitik, auf der anderen wird der Druck auf die LGBTQ*-Community immer stärker.
Wie die „Welt“ berichtet, wurde der bekannte LGBTQ*-Aktivist Steven Kabuye am 3. Januar in Kampala Opfer einer Messerattacke. Ein Motorradfahrer griff den Gründer der Organisation „Coloured Voice Truth LGBTQ“ in offenkundiger Mordabsicht an. Der Laptop, den Kabuye mit sich geführt hatte, wurde nicht gestohlen. Eine Notoperation konnte den Aktivisten in letzter Minute retten.
Die Polizei des Landes zeigte keinen erkennbaren Verfolgungswillen hinsichtlich der Straftat. Ein Sprecher spekulierte öffentlich, Kabuye könne sich die Verletzungen auch „selbst zugezogen“ haben. Außerdem gab es eine Wohnungsdurchsuchung, im Zuge derer einem Mitbewohner eine anale Zwangsuntersuchung angedroht worden sein soll.
Kabuye gilt als öffentlicher Kritiker des erst im Mai 2023 verschärften Gesetzes gegen praktizierte Homosexualität in Uganda. Für „besonders schwere“ Fälle von Homosexualität ist dort die Todesstrafe vorgesehen, für „Förderung“ bis zu 20 Jahre Haft. Das Vermieten von Wohnungen an Homosexuelle ist verboten.
Kein Einzelfall in Afrika – Durchsetzung der Gesetze allerdings unterschiedlich
Uganda steht mit Gesetzen dieser Art in Afrika nicht allein da. Allerdings sind die angedrohten Strafen in dem Land besonders hoch. Im Unterschied zu vielen Ländern, in denen ausgelebte Homosexualität zwar auf dem Papier verboten ist, aber faktisch nicht verfolgt wird, kommen die Gesetze in Uganda auch zur Anwendung.
Das Bundesministerium ist sich der Situation bewusst. Am 29. Mai des Vorjahres heißt es in einer Erklärung von Ministerin Svenja Schulze, das soeben verschärfte Anti-Homosexualität-Gesetz „verletzt grundlegende Menschenrechte, zu denen sich Uganda verpflichtet hat und die in der Charta der Afrikanischen Union verankert sind“.
Neben der „eklatanten Verachtung der Menschenwürde“ habe das Gesetz „auch Auswirkungen auf die Arbeit internationaler Partner vor Ort, die wir nun gemeinsam prüfen müssen“, heißt es weiter. Dabei sei es Schulze „wichtig, auf Stimmen der ugandischen Zivilgesellschaft zu hören“. Man wolle den Austausch mit Betroffenen fortsetzen. Zudem wolle man sich „über unsere Zusammenarbeit weiter für Menschenrechte und eine inklusive Entwicklung einsetzen“.
Bundesministerium sagte 68,8 Millionen Euro für gemeinsame Projekte zu
Inwieweit die Gesetzeslage Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Uganda seit 2023 hat, ist noch ungewiss. Im Juni des Vorjahres hat sich neben dem Bund auch noch der Freistaat Sachsen um gemeinsame Projekte zur Entwicklung in dem ostafrikanischen Land bemüht.
Im Jahr 2022 hat der Bund dem Land Uganda unterdessen 68,8 Millionen Euro für entwicklungspolitische Zusammenarbeit neu zugesagt. Der Website des Bundesentwicklungsministeriums zufolge ist Uganda im vergangenen Jahrzehnt zu einer stabilisierenden politischen Kraft in Ostafrika geworden.
Die Zusammenarbeit erstreckt sich vor allem auf die „Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme“, um Hunger zu bekämpfen. Dazu kommen „gute Regierungsführung, Zivilgesellschaftsförderung und Flüchtlingshilfe“ sowie „Erneuerbare Energien und Energiewende“.
In enger Kooperation mit der Privatwirtschaft wolle man zudem Beschäftigungsperspektiven für die Bevölkerung schaffen. Dazu gehörten praxisorientierte berufliche Aus- und Weiterbildung vor allem für kleinere und mittlere Betriebe und die Förderung von Start-ups. Im Rahmen der „feministischen Entwicklungspolitik“ wolle man auch der Ausbildung und beruflichen Integration junger Frauen einen Fokus widmen.
Viel Korruption – aber auch mehr Stabilität
Als „große Herausforderungen“ benennt das Ministerium eine „weit verbreitete Korruption“ und ein „hohes Bevölkerungswachstum“. Tatsächlich lagen die Bezüge der Parlamentarier in Uganda schon 2019 zwischen 3.500 und 7.000 Euro monatlich – was in etwa dem Hundertfachen des Durchschnittsverdienstes entsprach.
Die Geburtenrate ist unterdessen bereits seit Mitte der 1980er-Jahre rückläufig. Von damals mehr als sieben Geburten pro Frau in gebärfähigem Alter sank sie auf zuletzt 4,7. Bis 2032 wird mit einem weiteren Rückgang auf 3,5 gerechnet. Mit 196 Einwohnern pro Quadratmetern ist die Bevölkerungsdichte in Uganda geringer als in Deutschland.
Die demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen in dem ostafrikanischen Land offenbaren weiterhin ein Optimierungspotenzial. Allerdings hat sich das Land in der Regierungszeit von Präsident Yoweri Kaguta Museveni insgesamt stärker in Richtung Stabilität orientiert.
LGBTQ*-Gesetze werden kaum zum Bruch mit Uganda führen
Aus Sicht Deutschlands und der EU dürfte die Rolle Ugandas in der Flüchtlingspolitik von entscheidender Bedeutung sein. Das Land verfolgt eine Politik der „offenen Tür“ gegenüber Schutzsuchenden. Geflüchteten ist es erlaubt zu arbeiten und sie genießen ein hohes Maß an Bewegungsfreiheit.
Der Siedlungsansatz, der in der ugandischen Flüchtlingspolitik gilt, unterscheidet sich von Lager- oder Haftmodellen, wie sie in vielen anderen Ländern üblich sind. Dazu kommt, dass die Regierung die Selbstversorgung in dieses Siedlungsmodell integriert. Der Ansatz trägt potenziell dazu bei, Fluchtbewegungen in Richtung Europa einzudämmen. Allerdings stößt das Modell auch auf Grenzen.
Bedeutsam ist Uganda auch im Bereich der Terrorismusbekämpfung. Neben der radikalen christlichen Lord’s Resistance Army (LRA) hatten zuletzt auch Terrormilizen wie der Islamische Staat (IS) versucht, ihren Einfluss in der Region zu erweitern.
Es ist kaum damit zu rechnen, dass die LGBTQ*-Gesetzgebung zu einem Bruch des Westens im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit mit Uganda führen wird. Ein Rückzug Deutschlands würde anderen Ländern ermöglichen, ihren Einfluss im Land auszuweiten. Neben China, den Golfstaaten oder der Türkei bemüht sich auch Russland um eine stärkere Präsenz in Afrika.
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