Wer ist Israels neuer Verteidigungsminister? Kritik an Gallants Entlassung

Nachdem Joaw Gallant als Verteidigungsminister entlassen wurde, rückt nun Israel Katz nach. Er selbst war zuvor Außenminister. Gideon Saar nimmt dessen Stelle im Außenministerium ein. Unterdessen kritisiert die Opposition die Entlassung von Gallant.
Israels Außenminister Israel Katz lehnt eine Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt ab.
Israels neuer Verteidigungsminister Israel Katz.Foto: Frank Franklin II/AP/dpa
Epoch Times6. November 2024

Die Kabinettsumbildung in Israel kam überraschend, doch die beiden Neuen sind altbekannte Gesichter: Israel Katz, jetzt Chef des Verteidigungsressorts, war bisher Außenminister. Diesen Posten übernimmt Gideon Saar, bislang Minister ohne Geschäftsbereich.

Katz ist Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treu ergeben, Saar war mal sein Rivale, doch nun könnte er die Regierung festigen.

Der „Bulldozer“

Die israelischen Medien nennen Katz „Bulldozer“ – wegen seiner oft aggressiven und ruppigen Art. Der 69-Jährige erregte als Außenminister weltweit Aufsehen: Ausländische Politiker und internationale Organisationen, die es wagten, Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen zu kritisieren, griff er scharf an.

Ein weiterer diplomatischer Kampf richtete sich gegen das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA). Am Montag ließ Katz den Vereinten Nationen offiziell mitteilen, dass Israel seine Vereinbarungen mit UNRWA aufkündigt.

Für Empörung sorgte er auch, als er im Oktober UN-Generalsekretär António Guterres zur unerwünschten Person in Israel erklärte. Er werde ihm die Einreise ins Land verbieten, schrieb Katz auf X.

Keine militärische Erfahrung

Katz bringt für seine neue Aufgabe als Verteidigungsminister keinerlei militärische Erfahrung mit – anders als sein am Dienstagabend entlassener Vorgänger Joav Gallant. Aber mit der Arbeit im Kabinett kennt Katz sich aus.

Von 2009 bis 2019 war er Verkehrsminister, in den verschiedenen Regierungen Netanjahus war er außerdem für Energie und Finanzen zuständig. Er gehört Netanjahus konservativer Likud-Partei an und zählt seit seinem Einzug 1998 in die Knesset, das israelische Parlament, zu den wichtigsten Politikern der Partei.

Netanjahu ernannte Katz zum Verteidigungsminister, denn das Vertrauen in Gallant sei „erodiert“, erklärte er. Gallant war in den vergangenen Monaten immer wieder wegen des Kriegs im Gazastreifen mit Netanjahu aneinandergeraten. Zum Beispiel wollte er ein Abkommen mit der Hamas schließen, um die Geiseln freizubekommen.

Katz liege wahrscheinlich eher auf einer Linie mit Netanjahu als Gallant, sagt Aviv Buschinsky, ein politischer Kommentator und ehemaliger Stabschef von Netanjahu. „Ich kann mich nicht an einen einzigen Vorfall erinnern, bei dem Katz Netanjahu in irgendeiner Sache widersprochen hätte.“

Der neue Außenminister Saar

Ganz anders Saar, der neue Außenminister. Der 57 Jahre alte frühere Journalist und Anwalt sieht sich selbst als politischen Rebellen. Vor fünf Jahren forderte er Netanjahu als Parteichef heraus. Er unterlag, verließ den Likud und gründete 2020 seine eigene rechte Partei Tikwa Chadascha („Neue Hoffnung“).

Nach dem brutalen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war Saar Mitglied der Notstandsregierung. Er trat jedoch im März zurück, nachdem Netanjahu sich geweigert hatte, ihn ins Kriegskabinett aufzunehmen.

Im September berief Netanjahu Saar als Minister ohne Geschäftsbereich in seine Regierung: ein Zeichen der Versöhnung, aber auch ein Schritt, um seine Mehrheit in der Knesset auszubauen.

Saars Vater wuchs in Argentinien auf, die Mutter stammt aus Usbekistan. Er hat vier Kinder, zwei davon mit seiner zweiten Frau, der bekannten israelischen Journalistin Geula Even. 1999 begann seine politische Karriere als Netanjahus Kabinettssekretär.

2003 wurde er in die Knesset gewählt, stieg zum Innen- und später Bildungsminister auf, immer in Regierungen von Netanjahu. Nachdem er den Likud verlassen hatte, gehörte er 2021 der Regierung von Naftali Bennett als Justizminister an.

Saar genießt das Image eines redlichen Politikers. Er steht weiter rechts als Netanjahu, hat aber nicht dessen Charisma. Er fordert unter anderem, die israelischen Siedlungen im palästinensischen Westjordanland zu annektieren und lehnt einen unabhängigen Palästinenserstaat ab. Im Gegensatz zum bisherigen Verteidigungsminister Gallant gilt er als entschiedener Gegner eines Abkommens mit der radikalislamischen Hamas.

Seine Ideologie sei „die des Likud“, aber er glaube, dass die Partei „unter Netanjahu ihre Werte aufgegeben hat“, sagt die Abgeordnete Scharren Haskel, eine Parteifreundin Saars. „Die Aufnahme von Saar und seiner Partei wird die Koalition stärken und die Regierung stabilisieren“, begründete Netanjahu seine Entscheidung für den neuen Außenminister. Das sei besonders in Zeiten des Krieges von entscheidender Bedeutung. (afp)

Protest gegen Gallants Entlassung

Unterdessen regt sich massiver Widerstand gegen die überraschende Entlassung des hochangesehenen Verteidigungsministers Joaw Gallant durch Regierungschef Benjamin Netanjahu. In seltener Einigkeit verurteilten Oppositionsführer des gesamten politischen Spektrums Gallants Rauswurf am Mittwoch vor Journalisten als „Gefährdung der nationalen Sicherheit in Zeiten des Krieges“.

Zuvor hatten landesweit Tausende Israelis gegen Netanjahus Entscheidung protestiert, Gallant mitten im andauernden Mehrfrontenkrieg gegen ihr Land durch den militärisch unerfahrenen Außenminister Israel Katz zu ersetzen.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Jerusalem warfen die vier wichtigsten Oppositionspolitiker des Landes, Jair Lapid, Benny Gantz, Jair Golan und Avigdor Lieberman, Netanjahu vor, seine eigenen politischen Interessen über die des Landes zu stellen.

Opposition: Auswechslung des Ministers eine „Sicherheitslücke“

Der führende Oppositionspolitiker Benny Gantz, der Netanjahus Regierung im Juni wegen eines fehlenden Nachkriegsplans für den Gazastreifen verlassen hatte, nannte den Zeitpunkt des Schrittes eine „absolute Sicherheitslücke“.

„Was sollen unsere Kämpfer im Libanon heute denken, wenn sie sehen, dass der Verteidigungsminister entlassen wird, nachdem er Einberufungsbefehle erteilt hat?“, fragte Gantz mit Bezug auf eine am Montag ergangene Genehmigung Gallants zur Einberufung von 7000 wehrfähigen, aber bislang vom Armeedienst ausgenommenen Ultraorthodoxen.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion