Welthungerhilfe geht vor Geberkonferenz mit Klingelbeutel rum
Die Welthungerhilfe hat von der internationalen Geberkonferenz für die Opfer des Erdbebens in Syrien und der Türkei eine langfristige und nachhaltige Unterstützung der betroffenen Menschen gefordert. Die Geberkonferenz in Brüssel müsse „ein starkes Zeichen senden und langfristige Unterstützung bringen, damit wir diese humanitäre Dauerkrise für die Menschen endlich beenden können“, forderte Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe, am Montag (20. März).
Organisiert wird das Treffen von der Europäischen Union in Abstimmung mit den Vereinten Nationen. Schweden, das derzeit den Vorsitz im EU-Ministerrat hat, hofft auf möglichst hohe Finanzzusagen, um den Opfern der Erdbeben in der Türkei und Syrien zu helfen.
Bei den Beben am 6. Februar mit einer Stärke von bis zu 7,8 kamen nach Behördenangaben mehr als 50.000 Menschen in den beiden Ländern ums Leben, Hunderttausende sind weiter obdachlos. Deutschland stellte für die betroffene Region im türkisch-syrischen Grenzgebiet bisher 108 Millionen Euro zur Verfügung.
Langfristige Investitionen für Wiederaufbau
Es würden dringend neue Gelder benötigt, die flexibel eingesetzt werden könnten, um nicht nur die akute Notlage, sondern auch strukturelle Defizite lindern und die regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken zu können, erklärte die Welthungerhilfe. Dafür seien langfristige Investitionen in den Wiederaufbau unter Einbindung von lokalen Akteuren zwingend nötig.
Das schwere Erdbeben habe insbesondere die katastrophale Lage von Millionen Menschen in Syrien verschlimmert, die bereits durch den jahrelangen Bürgerkrieg ihre Existenzgrundlage verloren hätten. Nach UN-Angaben seien mehr als 15 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Unterstützung angewiesen.
Knapp sechs Wochen nach dem verheerenden Beben sei die Not in der Türkei und Syrien noch immer hoch. Während die Unterstützung in der Türkei viele Betroffene nach wenigen Tagen erreicht habe, hätten die Opfer in Syrien zu lange auf Hilfe warten müssen. Gleichzeitig gingen die militärischen Angriffe in Nordwestsyrien unvermindert weiter. „Menschen, die alles verloren haben, müssen auch noch Schutz vor Luftangriffen suchen“, prangerte Mogge an.
Die Mitarbeiter der Welthungerhilfe berichteten aus der Region, „dass die Menschen nach zwölf Jahren Bürgerkrieg jetzt am Ende ihrer Kräfte sind und sich von der Weltgemeinschaft vergessen fühlen“. Sie sähen keine Hoffnung oder Perspektiven mehr.
Forderungen auch aus deutscher Politik
Auch deutsche Außenpolitiker haben die internationale Gemeinschaft zu einem deutlich stärkeren Engagement für die Region aufgerufen. Dafür müsse sich auch die Bundesregierung einsetzen, sagte der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Schwabe, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Die internationale humanitäre Hilfe sei „auch in dieser tragischen Krise unterfinanziert“.
Die Geberkonferenz müsse mehr „substanzielle Hilfe“ bringen. Deutschland sei der zweitgrößte Geber in Syrien und habe dazu beigetragen, „dass für die Menschen vor Ort in den ersten Tagen nach dem Beben überhaupt Hilfe ankam“, so der SPD-Politiker. Er erwarte, „dass die Bundesregierung mit Nachdruck für mehr Anstrengungen aller Geberländer werben wird“.
Auch die Grünen erwarten sich eine „gemeinsame großzügige Spende“, wie deren Sprecherin für Innen- und Religionspolitik, Lamya Kaddor, dem RND sagte. „Dabei ist vor allem in Hinblick auf in Syrien betroffene Gebiete äußerst wichtig, die Hilfen unabhängig vom syrischen Regime für die Opfer im Nordwesten Syriens zu organisieren“, so Kaddor.
Bereits in der Vergangenheit habe der syrische Machthaber Assad internationale Hilfe missbraucht oder nicht an die Notleidenden weitergeleitet. „Die Geberkonferenz darf durch ihre Hilfen nicht zu einer Normalisierung des Regimes in Damaskus führen“, forderte die Grünen-Politikerin.
Die Unionsfraktion forderte einen zweigleisigen Kurs im Umgang mit Assad. „Humanitäre Hilfe muss im speziellen Fall Syriens von Sanktionen ausgenommen bleiben“, sagte ihr außenpolitischer Sprecher, Jürgen Hardt (CDU), dem RND. „Ebenso wichtig wie die Hilfe selbst ist eine Garantie, dass die Hilfen und Mittel für den Wiederaufbau auch ausschließlich hierfür verwendet werden. Die Regierungen und Autoritäten vor Ort müssen dies garantieren und Transparenz walten lassen“, forderte er.
EU will möglichst „erhebliche Zusagen“ erreichen
Ausrichter der Geberkonferenz sind die schwedische EU-Ratspräsidentschaft sowie die EU-Kommission. Ziel der EU und ihrer Mitgliedstaaten ist es, angesichts der verheerenden Erdbeben und den großen Schäden möglichst „erhebliche Zusagen“ für weitere Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen in der Türkei zu erreichen, erklärte die Kommission vorab.
Zudem gehe es um Hilfe, Wiederaufbau und Sanierung in Syrien. Die Konferenz stehe EU-Mitgliedstaaten, Kandidatenländern sowie potenziellen Kandidatenländern offen, außerdem Nachbar- und Partnerländern, G20-Mitgliedern – außer Russland – und den Mitgliedstaaten der Golfkooperation sowie den Vereinten Nationen, internationalen Organisationen, humanitären Akteuren sowie internationalen und europäischen Finanzinstitutionen. (AFP/dts/mf)
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