„Wegen Korruption“: Gericht ordnet Inhaftierung von Istanbuler Bürgermeister an

Der Istanbuler Bürgermeister İmamoğlu muss in Untersuchungshaft. Gegen das Vorgehen gegen den Oppositionspolitiker gibt es seit Tagen Massenproteste.
Titelbild
Istanbuls Bürgermeister Ekrem İmamoğlu während einer Wahlkampf-Kundgebung in Izmir, Türkei, am 8. März 2025.Foto: Berkcan Zengin/Middle East Images/AFP via Getty Images
Epoch Times23. März 2025

Der Istanbuler Bürgermeister und wichtige Kontrahent von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan, Ekrem İmamoğlu, muss in Untersuchungshaft.

Die Entscheidung traf das Caglayan-Gericht in Istanbul, wie ein Anwalt von İmamoğlu der Nachrichtenagentur AFP sagte. İmamoğlu werden in zwei Verfahren Terror- und Korruptionsvorwürfe gemacht. İmamoğlu weist alle Vorwürfe zurück.

Die Festnahme des einflussreichen politischen Gegners von Erdoğan hatte in den vergangenen Tagen Massenproteste in der Türkei ausgelöst: Hunderttausende Menschen gingen auf die Straße.

İmamoğlu: „Ich werde mich niemals beugen“

İmamoğlu gibt sich nach der Verhängung von Untersuchungshaft kämpferisch. „Ich werde mich niemals beugen, alles wird gut“, erklärte er am Sonntag über seine Anwälte im Onlinedienst X. Gegenüber AFP kündigte einer der Rechtsbeistände an, juristisch gegen die Untersuchungshaft ihres Mandanten vorzugehen.

„Wir werden natürlich Haftbeschwerde einlegen“, erklärte der Anwalt. İmamoğlu rief derweil seine Unterstützer auf, „nicht die Hoffnung zu verlieren“ und sich „nicht entmutigen zu lassen“. Weiter schrieb İmamoğlu: „Wir werden, Hand in Hand, diesen Staatsstreich, diesen schwarzen Fleck auf unserer Demokratie, vereiteln.“

Verhöre in der Nacht

Die Anordnung der Untersuchungshaft erfolgte zunächst in Verbindung mit den Korruptionsermittlungen. In beiden Verfahren laufen Ermittlungen gegen 106 Personen. Auch gegen İmamoğlu Berater und viele andere wurde Untersuchungshaft angeordnet.

Oppositionelle wie auch Beobachter werfen der Regierung vor, mit ihrem Vorgehen gegen İmamoğlu einen politischen Konkurrenten ausschalten zu wollen.

İmamoğlu war mit den vielen weiteren Beschuldigten, begleitet von einem großen Polizeiaufgebot, zum Gericht gebracht worden. In der Nacht gab es zwei Verhöre. Auch am Samstagvormittag wurde er fünf Stunden lang wegen des Vorwurfs der „Unterstützung einer terroristischen Organisation“ polizeilich verhört.

Dieser Vorwurf bezieht sich auf mutmaßliche Verbindungen des CHP-Politikers zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

Bei der mehrstündigen Polizeibefragung sagte der Oppositionspolitiker nach Angaben des Rathauses, die „unmoralischen und unbegründeten Vorwürfe“ zielten darauf ab, sein „Ansehen“ und seine „Glaubwürdigkeit“ zu untergraben.

Täglich große Protestkundgebungen

Das Vorgehen gegen ihn habe nicht nur das internationale Ansehen der Türkei beschädigt, sondern auch das Gerechtigkeitsgefühl der türkischen Öffentlichkeit und das Vertrauen in die Wirtschaft, sagte der 53-Jährige demnach weiter.

İmamoğlus Festnahme hat die größten Oppositionsproteste in der Türkei seit den sogenannten Gezi-Protesten des Jahres 2013 ausgelöst.

Trotz des massiven Polizeiaufgebots gingen am Samstag den vierten Abend in Folge tausende Menschen in Istanbul auf die Straße. Auch in der Hauptstadt Ankara und der westtürkischen Stadt Izmir fanden Protestkundgebungen statt.

Damaliger Wahlsieg İmamoğlu gilt als herbe Niederlage für AKP

İmamoğlu Sieg 2019 in Istanbul gilt als eine herbe Niederlage der AKP-Partei Erdoğans, die die Großstadt bis dahin regierte. İmamoğlu gewann in Istanbul 2024 ein weiteres Mal.

Istanbul ist die bevölkerungsreichste Metropole des Landes und sowohl politisch als auch wirtschaftlich von zentraler Bedeutung. Politisch wird die Kontrolle über Istanbul oft als Symbol für den allgemeinen politischen Einfluss im Land gesehen.

In Istanbul begann einst auch Erdoğans Aufstieg, nachdem er 1994 dort die Bürgermeisterwahl gewann.

Während einer Kundgebung für den Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu in Izmir, Türkei, am 8. März 2025. Die Veranstaltung war Teil von Imamoglus landesweiter Tournee im Vorfeld der CHP-Vorwahlen am 23. März. Foto: Berkcan Zengin/Middle East Images/AFP via Getty Images

Der CHP-Vorsitzende Özgür Özel hatte die Festnahme seines Parteifreundes einen „zivilen Putsch“ genannt. Die Partei Erdoğans wehrt sich gegen den Vorwurf und nannte ihn den „Gipfel politischer Unvernunft“.

Nominierung İmamoğlu weiter geplant

Ungeachtet der Vorwürfe will die CHP an der geplanten Nominierung İmamoğlu als Präsidentschaftskandidat der Partei heute festhalten. Bei der landesweiten Abstimmung sind 1,7 Millionen Parteimitglieder der CHP aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.

İmamoğlu ist der einzige Kandidat. Beobachter stufen ihn als aussichtsreichen Herausforderer Erdoğans ein, die Ermittlungen können seine offizielle Kandidatur aber verhindern. Die nächste reguläre Präsidentenwahl soll 2028 stattfinden. (afp/dpa/red)

 



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion