Wegen KI: Erste Universität schafft Bachelorarbeiten ab
Dass die Arbeitswelt durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) einer Revolution ausgesetzt sein wird oder es bereits ist, zeichnet sich klar ab: Viele Jobs werden wegfallen, noch mehr sich verändern, andere werden mehr Zulauf erfahren, neue Berufe entstehen. 14 Millionen Berufsbilder werden so wie heute nicht mehr existieren, prognostiziert „Business Insider“. Außerdem werden sich 23 Prozent der weltweiten Arbeitsplätze in den nächsten fünf Jahren massiv verändern. Das ergab eine Erhebung des Weltwirtschaftsforums, der „The Future of Jobs Report 2023“. Das wird durch den Einsatz von KI und durch technische Neuerungen in Text-, Bild- und Sprachverarbeitungstechnologien passieren.
Betroffen von den Veränderungen werden vorwiegend die „Schreibtischtäter sein“, während Handwerksberufen und solchen mit sozialen Interaktionen ein Aufwind bevorsteht.
Aber auch der Weg in den Job wird sich ändern, möglicherweise sogar die gesamte, vor allem akademische Ausbildungswelt. Der Wandel ist bereits in vollem Gange. Bildungseinrichtungen und Hochschulen müssen sich zunehmend mit dem Einsatz „generativer KI“ auseinandersetzen.
KI auf dem Vormarsch in die Universitäten
Wer ChatGPT selbst dazu befragt, was generative KI ist, bekommt folgende Antwort: „Generative KI erstellt eigenständig neue Inhalte wie Texte, Bilder oder Musik, basierend auf den Mustern und Informationen, die sie aus ihren Trainingsdaten gelernt hat.“
Mit der richtigen Fragestellung kann man sich inzwischen per Knopf beziehungsweise Tastendruck in sekundenschnelle Referate, Zusammenfassungen, ja ganze Bachelorarbeiten oder andere wissenschaftliche Texte oder Analysen generieren lassen, für die man früher lange Recherchen, eigene Gedanken und Schlussfolgerungen zusammenbringen und vor allem viel Zeit aufwenden musste.
Prag reagiert auf technologische Entwicklung
Die Wirtschaftsuniversität in Prag hat für neue Studenten nun die Bachelorarbeiten abgeschafft. Damit will die Betriebswirtschaftsfakultät der Uni der Entwicklung vorgreifen. Denn in Zeiten von KI ergebe das Anfertigen von Bachelorarbeiten kaum noch Sinn. Deswegen soll es Bachelorarbeiten dort nicht mehr geben, erklärt der Dekan der Fakultät, Jiří Hnilica, gegenüber dem Magazin „Forbes“ das Vorhaben. Für alle, die in diesem akademischen Jahr ihr Studium beginnen, wird das Schreiben und Abgeben einer Bachelorarbeit somit hinfällig.
Statt KI und Plagiaten: Ganz weg mit dem Bachelor
„Im Moment ist es zwar noch wahrscheinlicher, dass ein Student seine Arbeit von einer professionellen Agentur und nicht von KI erledigen lässt“, so der Dekan. Von diesen Agenturen gebe es jede Menge: „Das Aufkommen der KI war für uns ein weiterer Anstoß, das System zu verändern“, erklärt Hnilica das Vorhaben und die weiteren Pläne nach diesem ungewöhnlichen Schritt: „Wir werden den Abschluss des Bachelorstudiums auf eine praktische Art und Weise konzipieren, die viel weniger Raum für Plagiate lässt und von der die Studenten viel mehr nützliche Erfahrungen in ihr Leben mitnehmen werden.“
Dazu, was diese Neukonzeption konkret beinhaltet, gibt es bislang noch keine Informationen.
Mit KI arbeiten statt dagegen
Auch in einer weiteren tschechischen Universität, an der TU Liberec, ist die Entscheidung gefallen, den Einsatz von KI-Tools nicht nur explizit zu erlauben, sondern sogar zu fördern. Hier steht der Einsatz von KI inzwischen sogar auf dem Lehrplan, insbesondere wie man effektiv und verantwortungsvoll mit den neuen Technologien arbeitet.
Unter anderem sollen Richtlinien vermittelt werden wie beispielsweise, dass diejenigen, die die KI nutzen, um Inhalte zu erstellen, auch die Verantwortung für die Richtigkeit der Ergebnisse übernehmen müssen, inklusive einer Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte.
Da in Tschechien die Bachelorarbeit nicht als zwingende Voraussetzung für den Abschluss eines Bachelorstudiengangs festgelegt ist, ist eine solche Änderung von Hochschulcurricula rechtlich unkompliziert möglich.
Bedeutung von Bildung und Leistung auf dem Prüfstein
Weltweit müssen – auch ungeachtet von unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen – Hochschulen, Schulen und andere Bildungseinrichtungen angesichts von KI-Tools wie ChatGPT und Co Wege im Umgang mit den neuen technischen Möglichkeiten finden.
Während in Prag jetzt also erstmals und kurzerhand die Bachelorarbeiten abgeschafft werden, plädiert Robert Lepenies, Präsident der Karlshochschule in Karlsruhe, für eine Integration des Einsatzes von KI in das universitäre Lern- und Lehrgeschehen.
Das Rütteln am universitären Elfenbeinturm
Er stellt in einem Interview mit dem Computertechnik-Magazin „c’t“ in den Raum, dass in der Lehre Begriffe wie „Bildung“ und „Leistung“ neu definiert werden müssten, „wenn KI-Systeme wie GPT-3 und ChatGPT ganze Studienarbeiten in Sekunden verfassen können“.
Seine Lösung: Die Künstliche Intelligenz soll in den Seminarbetrieb eingebunden werden. Zumal es nicht wie aktuell noch auf Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften beschränkt bleiben wird, dass KIs wissenschaftliche Texte produzieren können.
Schon bald werden weitere Wissenschaftsfelder und alle Formen von Bildung betroffen sein, prognostiziert Lepenies: „Konkret bedeutet das, dass es schwierig sein wird, Seminararbeiten zu bewerten. KI rüttelt uns hier wach und lässt uns fragen: Ist unsere Sicht darauf, was ‚Bildung‘ und ‚Leistung‘ bedeuten, noch zeitgemäß?“
Einbetten statt verbieten: ChatGPT als „Hochschulassistent“
Er plädiert eher für das Nutzen von KI als Sparringspartner, nach ihm ist GPT-3 ein potenziell sehr intelligenter und anregender Feedback-Partner, auch im universitären Betrieb. „Je klüger man die Frage stellt und dem Modell Feedback gibt, desto intelligenter sind auch die Antworten.“
Wie jede technologische Entwicklung sei auch die der KI ambivalent. Auch Wikipedia oder die Autokorrektur in der Textverarbeitung würden zu Recht infrage stellen, was man heute als gebildeter Menschen wissen und können muss. Bei KI, die wesentlich mehr kann als diese vorherigen technischen Entwicklungen, „müssen wir lernen, die Ergebnisse der Maschine richtig einzuordnen und zu bewerten sowie Interpretationen und eigene Urteile dazu zu entwickeln“.
Laut Lepenies ist die Hochschule der richtige Ort, um diese grundlegenden Fähigkeiten – auch den Umgang mit KI – zu erlernen.
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