Wechselnde Winde im südchinesischen Meer

Titelbild
Mit Seilen zusammengebundene illegale chinesische Fischerboote in südkoreanischen Gewässern. Sie wurden von Helikoptern und Schlauchbooten der Küstenwache aufgebracht.Foto: Dong-a Ilbo/AFP/Getty Images
Von 21. März 2012

Das bisher alles andere als ruhige südchinesische Meer muss anscheinend erst wieder zur Unbeständigkeit und Gewalt der späten Achtzigerjahre zurückfinden. Allerdings könnten die gegenwärtigen Anstrengungen zum Erhalt der Stabilität und die Einführung vertrauensbildender Maßnahmen schon bald von umweltbezogenen Veränderungen in der Region vereitelt werden.

Mit dem Einzug der globalen Erwärmung im südchinesischen Meer begannen sich auch das grundlegende Wesen und die physikalischen Gegebenheiten der Region neu zu strukturieren. Diese Transformationen fachen das Konfliktpotential der bereits hart rivalisierenden Anliegerstaaten weiter an.

Ein ganzer Schwarm von Konflikten

Die Gewässer, die Inseln und die Naturschätze im südchinesischen Meer waren von den Küstenstaaten Südostasiens schon immer heiß umkämpft. Konflikte wegen sich überschneidender Ansprüche über maritime Zuständigkeitsbereiche und ausschließlicher Wirtschaftszonen (200-Meilen Zonen) sind durch den auf diversen Inseln in der Region wachsenden Nationalismus weiter verkompliziert worden.

Kürzliche Entdeckungen bedeutender natürlicher Ressourcen – darunter Fisch-, Mineralien- und Ölvorkommnisse – haben diese territorialen Ansprüche und Hard-Liner-Positionen nur noch weiter verstärkt. China, Vietnam und Taiwan beanspruchen jeweils das gesamte südchinesische Meer; die Philippinen stellen ebenfalls Ansprüche an einen bedeutenden Teil. Zu diesen in Widerspruch zueinander stehenden Staaten kommt, dass diese Ansprüche sich mit den ausschließlichen Wirtschaftszonen weiterer Staaten überschneiden.

Andere Streitigkeiten kommen hinzu. Vietnam und China sind gerade erst dabei, einen fortwährenden bilateralen Konflikt über ihre territorialen Ansprüche auf die Paracel-Inseln auszutragen. Bereits seit 1974 hat China die Kontrolle über die Inseln. Währenddessen befinden sich die Spratly Inseln in einem multilateralen Streit zwischen China, Vietnam, den Philippinen, Taiwan und Malaysia. Jeder dieser Staaten beansprucht jeweils andere, jedoch sich überlappende Teilgebiete dieser Inseln.

Es konnten gewisse Fortschritte gemacht werden, um zumindest Mechanismen zu etablieren, die die potentiellen Gefahrenherde kontrollieren könnten. Die Declaration of Conduct 2002 ist ein Beispiel hierfür. Andere mehr oder weniger vertrauensbildende Maßnahmen hatten gewissen Erfolg, aber die grundlegenden Ursachen konnten allesamt nicht angeschnitten werden.

Veränderungen in der Umwelt könnten die bereits erreichten Errungenschaften potentiell gefährden. Rogers legt in seinem Report für das Center for a New American Security (CNAS) dar, wie die globale Erwärmung die internationale Politik – und dabei speziell die Ressourcenverteilung – in den Staaten des südchinesischen Meeres beeinflusst. Die Auswirkungen beziehen sich vor allem auf die Fischereirechte, die steigende Nachfrage an alternativen Energien und die immer öfter auftretenden Dürren in der Region.

Wechselnde Gewässer, steigende Gezeiten

Die Staaten des südchinesischen Meeres suchten ihre territorialen Besitzansprüche zum Teil durch kommerzielle Fischereiunternehmungen zu behaupten oder – wie im Fall China – durch die Anfechtung der kommerziellen Aktivitäten anderer Staaten. Dies hat schon zu mehreren Konfrontationen zwischen den Ländern geführt. Eine beunruhigende Entwicklung, wenn man die Potentiale der Marineflotten in der Region in Betracht zieht. So wurden beispielsweise im Jahr 2010 die diplomatischen Beziehungen zwischen China und Japan zeitweise ausgesetzt, nachdem ein chinesisches Fischerboot ein japanisches Patrouillenboot gerammt hatte.

Die Effekte der globalen Erwärmung könnten die Situation sogar noch weiter verkomplizieren. Wenn die Temperaturen im südchinesischen Meer weiterhin ansteigen, wandern große Fischschwärme in die nördlichen – noch umstritteneren – Gewässer hinein. Die Fischereiunternehmen sind gezwungen, den Fischen zu folgen und so sind künftige Konfrontationen zu erwarten; es könnten sogar ernsthafte Konflikte auftauchen.

Hinzu kommt, dass die Fischereierträge bis zum Jahr 2030 um 25 Prozent steigen müssten, um den derzeitigen Pro-Kopf-Verbrauch decken zu können. Die Tatsache, dass der heutige Fischfang, der bereits recht kompliziert und wenig ertragreich ist, schon beinahe zum Ausbruch von Konflikten geführt hat, lässt für die Zukunft nichts Gutes erahnen.

Dürre und Trinkasserverunreinigungen sind zu einem großen Problem in Südostasien geworden. In Vietnam haben Entwicklungsprojekte zu erhöhten Verunreinigungen und verminderten Trinkwasserreserven geführt.

Diese Besorgnisse sind aufgrund des steigenden Meeresspiegels und der auf dem Festland durch die Landwirtschaft verursachten Ablagerungen von Natrium umso dramatischer. Vietnam, das große Anstrengungen in seine exportorientierte Landwirtschaft investierte, kann sich Rückschläge nicht leisten. Der chinesische Stromertrag aus den Wasserkraftwerken ist wegen der Trockenheit Ende 2011 um 30 bis 40 Prozent zurückgegangen. Aus diesem Grund plant China nun, die Anzahl der hydroelektrischen Dämme am Mekong-Fluss zu verdoppeln. Bis zum Jahr 2020 sollen vier neue Dämme gebaut werden.

Trotz heftiger Proteste der flussabwärts gelegenen Länder, speziell Vietnam und Thailand, die auf das Wasser des Mekong angewiesen sind, macht China weiter. Für Vietnam, das bereits um ausreichende Mengen an sauberem Wasser ringt, wären weitere Einschnitte katastrophal. Die Art und Weise, wie China die Bedürfnisse anderer Länder bezüglich des Mekong ignoriert, verheißt nichts Gutes für sein Verhalten im südchinesischen Meer.

Alternative Energien

Wie sich durch Chinas verstärkte Entwicklung hydroelektrischer Energien zeigt, haben die Sorgen über den Klimawandel zu erhöhten Investitionen im Bereich der alternativen Energien in der Region geführt. Obwohl es eine grünere Lösung für die Umwelt ist, wirft dies dennoch ausgeprägte geopolitische Herausforderungen auf.

Nicht zuletzt droht dem Gebiet eine starke Zunahme an nuklearen Anlagen, weil viele Länder bestrebt sind, ihre Abhängigkeit vom Öl zu vermindern. Vietnam plant, bis zum Jahr 2020 fast 1.000 Megawatt (MWs) an Kernkraft, 4.000 Megawatt bis 2025 und 10.000 Megawatt bis zum Jahr 2030 nutzbar zu machen. Indonesien und Thailand sind darauf aus, bis 2020 ähnliche Ziele zu erreichen.

Das wird die Ängste vor einem möglichen militärischen Einsatz von Nuklearprogrammen schüren, besonders in Anbetracht der bereits feindlichen Umgebung und der intensiven Konkurrenz in der Region. Obwohl die Internationale Atomenergiebehörde und regionale Regierungen, die sich der Nichtweitergabe von Kernwaffen verpflichten, dabei helfen könnten, die Spannungen zu reduzieren, könnten Kernreaktoren eine bereits komplizierte Umwelt noch komplizierter machen.

Die Länder der Region haben allen Grund, ihre Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Die Ölförderung im chinesischen Südmeer ist sowohl teuer als auch politisch riskant (wenn auch nicht unmöglich) und das aus dem instabilen Nahen Osten importierte Öl muss durch die schmale und gefährdete Straße von Malakka transportiert werden.

Trotzdem werden alle Nationen der Region weiterhin Jagd auf die Ölreserven im Meer machen – sowohl für den Export als auch für den inländischen Verbrauch, selbst wenn die Nachfrage sinkt. Vietnam könnte die Ölexporte als einen Weg sehen, seinen stagnierenden Agrarsektor auszugleichen. Und da die Wirtschaft in der Region wächst, wird der Bedarf an Energie auch steigen.

Neue Investitionen in alternative Energien werden auch zu steigender Nachfrage an Mineralien führen, die mit dieser Technologie verbunden sind. Die findet man in Hülle und Fülle im südchinesischen Meer. Staaten, die diese Technologien entwickeln, werden um diese Mineralien rivalisieren. Demzufolge wird der Streit um Energie nicht nur um Öl und Gas, sondern auch um die steigende Nachfrage an alternativen Energien gehen.

Und doch ist für das südchinesische Meer noch nicht alles verloren. Wenn sich die Staaten der Region dem Problem kooperativ zuwenden, könnten die Spannungen bei der Rohstoffgewinnung durch Gemeinschaftsunternehmen entschärft werden.
Mit dem Aufkommen der globalen Erderwärmung – als überlegenem nichtstaatlichen Akteur – beginnt die Welt jedoch, die sehr reale Schnittstelle von Klimaveränderung und Geopolitik zu erleben.

Wenn Umweltveränderungen weiterhin zu einer Neugestaltung der Aufteilung von Bodenschätzen im südchinesischen Meer beitragen und die Staaten dazu gezwungen werden, Neue aufzuspüren, wird ein nie dagewesener Kampf um Rohstoffe entstehen.

Derek Bolton ist Mitarbeiter von Foreign Policy In Focus. Mit freundlicher Genehmigung von Foreign Policy in Focus.


Artikel auf Englisch: Shifting Winds in the South China Sea

 



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion