Was steckt hinter Finnlands großangelegter Impfaktion gegen „Vogelgrippe“?

Finnland hat als erstes Land der Welt eine Impfkampagne gegen die Vogelgrippe angekündigt. Ab nächster Woche sollen besonders gefährdete Berufsgruppen wie Landwirte und Tierärzte geimpft werden. Die EU-Kommission unterstützt die Aktion, um einem möglichen Ausbruch vorzubeugen, obwohl das Risiko für die Allgemeinbevölkerung derzeit als gering eingeschätzt wird.
Titelbild
Laborproben eines sezierten Schwanes beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Oberschleißheim bei München. Als Vorsorgemaßnahme gegen die Einschleppung des Vogelgrippevirus werden dort zurzeit die Untersuchungen von Wildvogelproben massiv erhöht.Foto: AP Photo/Uwe Lein
Von 27. Juni 2024

Zunächst sorgte die Nachricht am 11. Juni für Schlagzeilen, dass mehrere EU-Länder gemeinsam 665.000 Vogelgrippe-Impfdosen bestellt haben, mit der Option auf 40 Millionen zusätzliche Dosen. Vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Vogelgrippevirus (H5N1) bei Milchviehrindern in den USA hätte eine Gruppe europäischer Länder vorsorglich 665.000 Impfdosen gegen die H5-Viren bestellt, so die Nachrichtenagentur AFP.

Es habe vereinzelt Infektionen bei Menschen gegeben, der Krankheitsverlauf bliebe jedoch mild und Übertragungen von Mensch zu Mensch seien nicht festgestellt worden.

Die Beschaffungsbehörde der EU (Health Emergency Preparedness and Response Authority) habe im Auftrag von 15 Staaten einen entsprechenden Vertrag mit dem britischen Pharmaunternehmen Seqirus unterzeichnet, teilte die EU-Kommission damals mit.

Nun gab Finnland als erstes Land der Welt bekannt, dass es seine Bürger gegen die Vogelgrippe impfen lassen will. Wie die finnische Gesundheitsbehörde am Dienstag, 25. Juni, mitteilte, wird die Impfkampagne nächste Woche beginnen. Die Impfung gegen H5N1 soll vor allem Arbeitern angeboten werden, die mit Tieren in Kontakt kommen. Den Kauf der Impfdosen für Finnland und andere EU-Länder übernahm die EU-Kommission.

EU-Kommission kaufte für 71 Milliarden Euro Impfstoffe ein

Auch in der Corona-Krise kaufte die EU Impfstoffe für ihre Mitgliedstaaten ein. Bis November 2021 waren es laut einem Sonderbericht Verträge in Höhe von 71 Milliarden Euro über den Kauf von bis zu 4,6 Milliarden COVID-19-Impfstoffdosen, die die EU-Kommission im Namen der EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet hatte.

Mit den Verträgen waren Abnahmegarantien verbunden, bei denen die EU-Kommission das Risiko der Entwicklung eines Impfstoffs gemeinsam mit den Impfstoffherstellern trug. Zudem unterstützte sie den Aufbau der erforderlichen Produktionskapazitäten, indem sie Vorauszahlungen aus dem EU-Haushalt leistete.

„Durch verschiedene Maßnahmen hätte die EU dazu beizutragen, die Zeiträume für die Entwicklung von Impfstoffen von 10 bis 15 Jahren auf 12 bis 24 Monate zu verkürzen“, heißt es in dem EU-Sonderbericht.

Jetzt beim Ausbruch der Vogelgrippe in den USA heißt es durch die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides: Die Bedrohung der Bevölkerung durch die Vogelgrippe sei zwar nach wie vor gering. „Aber wir müssen Menschen schützen, die einem höheren Risiko ausgesetzt sind.“ Neben Beschäftigten in der Geflügelindustrie und in der Landwirtschaft sollen sich auch Tierärzte impfen lassen können.

Bis zu 40 Millionen zusätzliche Impfdosen

Die nun vereinbarten Impfstofflieferungen können in den kommenden vier Jahren laut Vertrag um bis zu 40 Millionen zusätzliche Dosen ausgeweitet werden. Deutschland gehört, anders als Finnland und Frankreich, nicht zu den Unterzeichnern des Vertrages. Allerdings bestehe für die EU-Länder auch die Möglichkeit, auf eigene Initiative Impfstoff zu bestellen, heißt es in dem Agenturbericht.

Im März 2023 wurde bekannt, dass sich rund 116,4 Millionen Dosen „Corona-Impfstoff“ in den Beständen des Bundes befinden. Zudem hieß es damals aus dem Bundesgesundheitsministerium, dass eine Lieferung von insgesamt circa 110,6 Millionen „Impfstoffdosen“ mit einem Wert von rund 2,5 Milliarden Euro ausstehe, zu deren Abnahme die Bundesregierung über EU-Verträge verpflichtet sei. Dies teilte die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage mit.

In der aktuellen Agenturnachricht vom 11. Juni betonte EU-Kommissarin Kyriakides: „Wir sind bereit, weitere Maßnahmen zu ergreifen, sollte sich die Situation in Zukunft weiterentwickeln.“

Ebenfalls am 11. Juni meldete die Nachrichtenagentur dpa, dass Indien der WHO die Infektion eines vierjährigen Kindes mit Vogelgrippe gemeldet hat. Es handele sich dabei um den Subtypen Influenza A (H9N2), so die WHO. Dies sei der zweite Fall in Indien, der Erste sei im Jahr 2019 gemeldet worden.

Das Kind war nach WHO-Angaben Ende Januar mit Fieber, Atembeschwerden und Bauchschmerzen zum Kinderarzt gebracht worden. Es kam auf die Intensivstationen eines Krankenhauses, wurde behandelt und nach vier Wochen entlassen. Ein paar Tage später kam es erneut in ein anderes Krankenhaus, wo es intubiert werden musste. Dort wurde ein Abstrich genommen und Influenza A (H9N2) nachgewiesen. Das Kind sei am 1. Mai mit einer Sauerstoffzufuhr aus der Klinik entlassen worden. Das Kind soll Kontakt zu Hühnern gehabt haben.

Übertragung von Mensch zu Mensch höchst selten

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist Berichten der dpa zufolge höchst selten. Eine Vogelgrippeinfektion verlaufe meist harmlos. Die Viren könnten sich aber so verändern, dass sie leichter von Mensch zu Mensch übertragbar seien. Deshalb seien Impfstoffvarianten entwickelt worden, die im Fall einer Pandemie schnell zu verfügbaren Mitteln weiterentwickelt werden können, heißt es in der Meldung. Die WHO rufe die Länder auf, ständig wachsam zu sein und Häufungen von Krankheiten genau zu untersuchen. Gleichzeitig schätze sie das derzeitige Risiko für die Allgemeinbevölkerung durch das jetzige Virus als gering ein.

Übertragungen von Krankheitserregern von Tieren auf den Menschen sind seit Jahrhunderten bekannt. Nahezu zwei Drittel aller bekannten Erreger, die bei Menschen Krankheiten auslösen können, werden vom Tier zum Menschen weitergegeben.



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