Was steckt hinter den chinesisch-russischen Luftwaffenübungen in der Nähe von Alaska?

Der erste dokumentierte Fall, bei dem die chinesische Luftwaffe vor der Küste Alaskas operierte, ist laut Experten Teil von Pekings anhaltender „Grauzonentaktik“. Eine Analyse.
Titelbild
Ein russischer Tu-95-Bomber wird von zwei MIG-29-Jagdflugzeugen begleitet. Zwei Modelle des viermotorigen Langstreckenbombers sowie zwei chinesische Maschinen wurden von der amerikanischen und die kanadischen Luftwaffe vor Alaska abgefangen. (Symbolbild)Foto: Stringer/Getty Images

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Wie das Pentagon kürzlich mitteilte, operierte das chinesische Militär bei einer gemeinsamen Luftwaffenübung mit Russland erstmals in der Nähe der Luftraumüberwachungszone Alaskas. Demnach haben US-amerikanische und kanadische Kampfflugzeuge die vier Flugzeuge abgefangen.

Während das US-Militär den Vorfall als nicht überraschend bezeichnete, sehen Militäranalysten darin einen Versuch Chinas, seine strategische Präsenz im Nordpazifik und am Polarkreis zu verstärken.

Im internationalen Luftraum unterwegs

Das von den USA und Kanada betriebene North American Aerospace Defense Command (NORAD) bestätigte den Vorfall. Bei den abgefangenen Bombern handelte es sich um zwei russische Tu-95 und zwei chinesische H-6.

Die Flugzeuge hätten sich im internationalen Luftraum befunden und seien nicht in den Luftraum der USA oder Kanadas eingedrungen, betonte NORAD. Dennoch würden ausländische militärische Aktivitäten in der Nähe der nordamerikanischen Küste aufmerksam beobachtet.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin versicherte der Öffentlichkeit am 25. Juli 2024, dass das Auftauchen der russischen und chinesischen Flugzeuge „keine Überraschung“ gewesen sei. Man sei auf diesen Vorfall vorbereitet gewesen.

„Wir haben diese Flugzeuge genau beobachtet, sie verfolgt und abgefangen.“ Dies zeige, „dass unsere Streitkräfte jederzeit bereit sind und wir über sehr gute Überwachungsmöglichkeiten verfügen“.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die Operation habe eine gemeinsame Patrouille über der Tschuktschensee, dem Beringmeer und dem nördlichen Pazifik umfasst und es sei zu keiner Verletzung des internationalen Luftraums gekommen.

Ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums versicherte auf einer Pressekonferenz, die Übung richte sich nicht gegen Dritte und sei nicht durch aktuelle globale oder regionale Konflikte beeinflusst.

Militärexperte: Bewusster Akt der Einschüchterung

Su Tzu-Yun, Militäranalyst und Direktor der taiwanischen Denkfabrik Institute for National Defense and Security Research, sieht das anders. Gegenüber der Epoch Times erklärte er, dass die Nähe der Übungen zu Alaska – einer für die US-Raketenabwehr kritischen Region – einen bewussten Akt der Einschüchterung durch China und Russland darstelle.

„Die gemeinsame Stationierung von Bombern ist nicht nur eine klare Demonstration der potenziellen Reichweite Chinas und Russlands, sondern gibt auch Anlass zur Sorge über ihre Absichten“, sagte er.

Su verwies auf das generelle Muster militärischer Allianzen zwischen China und einer Reihe von Ländern und hob die jüngsten Übungen mit Weißrussland in Europa, mit Laos im Indischen Ozean und die Marineübungen mit Russland im Pazifik hervor.

„Zusammengenommen lassen diese Aktivitäten eine klare Strategie erkennen. Die Kommunistische Partei Chinas (KPC) zielt darauf ab, die Vorherrschaft der USA entlang der Verteidigungslinie der ‚ersten Inselkette‘ von Japan und Taiwan bis zum Südchinesischen Meer herauszufordern“, erklärte der Militäranalyst.

Die zunehmende Häufigkeit und Intensität gemeinsamer Militärübungen zwischen Peking und Ländern wie Russland hätten die globalen Spannungen verschärft und zu ernsthafter Besorgnis unter den westlichen Demokratien, insbesondere den Vereinigten Staaten, geführt.

Su sagte, dass die Allianz zwischen der KPC und Russland eine mächtige globale Sicherheitsachse bilde, die auch Nordkorea, den Iran und Vasallenstaaten wie Weißrussland einschließe und ein großes Sicherheitsproblem für die Welt darstelle. „Diese Allianzen unterstreichen die strategische Herausforderung der KPC für maritime Demokratien mit einer kontinentalen Machtbasis“.

Manöver ein Zeichen der Neugewichtung des Kräftevergleichs

Liu Hsiao-Hsiang, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institute for National Defense and Security Research, erklärte gegenüber der Epoch Times, dass die militärischen Aktivitäten der KPC in der Nähe von Alaska auf einer „Grauzonentaktik“ beruhe. Diese ziele darauf ab, die regionale Militärpräsenz zu verstärken und die zunehmende Ungeduld Pekings mit der amerikanischen Politik zu signalisieren.

Frühere gemeinsame Luft- und Seepatrouillen der KPC im Ostchinesischen Meer, im Gelben sowie im Japanischen Meer waren laut Liu vordergründig gegen Japan gerichtet, galten aber letztlich den Vereinigten Staaten. „Diese Manöver sind nicht nur ein regionales Manöver, sondern ein Zeichen für eine umfassendere Strategie zur Neugewichtung des Kräftegleichgewichts in der asiatisch-pazifischen Region“, erläuterte er.

Liu wies zudem auf die strategische Bedeutung des ersten gemeinsamen Fluges chinesischer und russischer Militärflugzeuge in der Nähe Alaskas hin. „Für Russland ist der Luftraum über Alaska und dem Beringmeer von entscheidender militärischer und wirtschaftlicher Bedeutung, vorwiegend wegen der Nähe zu den wichtigen nördlichen Schifffahrtsrouten.“

China sieht sich als wichtiger Akteur arktischer Angelegenheiten

Während chinesische und russische Militärflugzeuge die Tschuktschensee, das Beringmeer und die Küste Alaskas überfliegen, kreuzen ihre Flugrouten nun den Polarkreis nördlich des 66. Dies ist eine Region, der zunehmend strategische Bedeutung beigemessen wird.

Trotz seiner geografischen Entfernung zur Arktis hat sich China als „wichtiger Akteur in arktischen Angelegenheiten“ bezeichnet und dies mit der Veröffentlichung des Weißbuchs „Chinas Arktispolitik“ im Jahr 2018 unterstrichen. In dem 20-seitigen Papier sieht sich China als „wichtiger Stakeholder“ in der Arktis.

Nur zwei Tage vor der gemeinsamen Patrouille von China und Russland stellte das US-Verteidigungsministerium seine „Arktis-Strategie 2024“ vor. Es war die erste Aktualisierung der Politik des Ministeriums für diese Region seit 2019.

Die stellvertretende Verteidigungsministerin Kathleen Hicks betonte die kritische Rolle der Arktis für die nationale Verteidigung und Souveränität, die mit den vertraglichen Verpflichtungen der USA einhergehe. Ziel der Strategie sei es, die Arktis als „sichere und stabile Region“ zu erhalten.

USA: An die Entwicklung militärisch anpassen

Angesichts der Herausforderungen durch Chinas Ambitionen und Russlands Selbstbehauptung in der Arktis konzentriere sich die US-Strategie auf die Stärkung der Verteidigungskapazitäten, die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Verbündeten, die Durchführung regelmäßiger Übungen und die Stärkung regionaler Verteidigungs- und Abschreckungsmechanismen.

Bei der Vorstellung der Strategie betonte Hicks: „Obwohl China kein arktischer Staat ist, strebt es nach mehr Einfluss in der Region, einem besseren Zugang zu ihr und einem größeren Mitspracherecht bei ihrer Verwaltung. Das ist beunruhigend, denn es ist der einzige strategische Konkurrent, der den Willen und zunehmend auch die Mittel hat, die internationale Ordnung neu zu gestalten.“

Sie wies auch auf die wachsende wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit zwischen China und Russland in der Arktis hin. In diesem Zusammenhang unterstrich Hicks die Notwendigkeit für die USA, sich militärisch an diese sich entwickelnde Dynamik anzupassen.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „What Is Behind the China-Russia Military Aircraft Exercises Near Alaska?“. (deutsche Bearbeitung os)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion