Was bei der Europawahl zu erwarten ist

Mehr als 350 Millionen Menschen sind am Sonntag aufgerufen, ein neues EU-Parlament zu wählen. Meinungsforscher haben ihre Prognosen bereits abgegeben.
In weniger als einer Woche ist Europawahl. Aber was wird da eigentlich gewählt?
EU-Parlament.Foto: dpa
Von 9. Juni 2024

Von 6. bis 9. Juni findet die Europawahl statt. Dabei wählen die Bürgerinnen und Bürger aller 27 Mitgliedstaaten ihre Vertreter für eine fünfjährige Amtszeit in das Europäische Parlament. Das Europäische Parlament ist das wichtigste gesetzgebende Organ der EU und eine ihrer sieben Institutionen.

Die Hauptaufgabe des EU-Parlaments besteht darin, gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union, Gesetze für Europa zu verabschieden. Diese basieren auf Vorschlägen der Europäischen Kommission, welche wiederum die Exekutive der EU ist.

Das Europäische Parlament setzt sich aus Vertretern aller EU-Mitgliedstaaten zusammen und wird direkt von den Bürgern aller EU-Länder gewählt.

Der EU-Rat setzt sich aus den Ministern der einzelnen Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten zusammen. Er hat vor allem die Aufgabe, Gesetze zu verabschieden und die Politik zu koordinieren. Die Minister treffen sich in zehn verschiedenen Zusammensetzungen, je nachdem, welche Politik gerade diskutiert wird.

Sieben Fraktionen und Vorhersagen

Im derzeitigen Europäischen Parlament gibt es sieben Fraktionen. Keine von ihnen verfügt über die absolute Mehrheit.

Derzeit halten die beiden größten Fraktionen, die Europäische Volkspartei (EVP) und die Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D), über 177 beziehungsweise 140 Sitze, wie aus einem Bericht des Congressional Research Service hervorgeht.

Die drittgrößte Fraktion im EU-Parlament ist die zentristische Fraktion Renew Europe, die 102 Sitze hat.

Die Parteien Europäische Konservative, die Reformisten (EKR) und die Identität und Demokratie (ID) verfügen über 68 und 58 Sitze. Während zwei linke Fraktionen, die Grünen/Europäische Freie Allianz (Grüne/EFA) und Die Linke (GUE/NGL) 72 und 37 Sitze halten.

Europe Elects, ein überparteiliches Meinungsforschungsinstitut, prognostiziert, dass die EVP und zwei rechte Fraktionen insgesamt 19 Sitze mehr gewinnen werden. Während die Mitte, die Mitte-Links-Fraktionen und die Grünen insgesamt 35 Sitze verlieren dürften. Insgesamt stehen 720 Sitze zur Wahl. Die Anzahl der Sitze der Fraktion Die Linke wird den Prognosen zufolge unverändert bleiben. Die Unabhängigen jedoch, die keiner Fraktion angehören, werden 30 Sitze hinzugewinnen, so Europe Elects.

Konservative und Ruck nach Rechts

Der European Council on Foreign Relations machte im Januar eine Vorhersage auf der Grundlage von Meinungsumfragen in allen EU-Mitgliedstaaten und eines statistischen Modells. Dabei hieß es, die drei größten Fraktionen im Parlament, die EVP, die Mitte-Links-Fraktion der Sozialisten und Demokraten (S&D) und die zentristische Fraktion Renew Europe, werden wahrscheinlich Sitze verlieren. Die EVP wird demnach die größte Fraktion im Parlament bleiben.

Nach Angaben des Europäischen Rats für Auswärtige Beziehungen werden die größten Gewinner die rechtsgerichteten Fraktionen ECR und ID sein. Laut Schätzungen des Rats werden sie zusammen 58 Sitze hinzugewinnen.

Die ungarische Konservative Partei Fidesz, deren EU-Parlamentarier derzeit nicht Mitglied sind, werden laut Denkfabrik voraussichtlich 14 Sitze gewinnen. Sollten sich die im Juni gewählten Fidesz-Mitglieder dazu entschließen, der ECR-Fraktion beizutreten, würden die beiden rechtsgerichteten Fraktionen – ECR und ID – zusammen mehr Sitze erhalten als die EVP, die größte Fraktion, oder die S&D, die zweitgrößte Fraktion, so der Thinktank.

Laut Eurobarometer, einem Meinungsforschungsinstitut der EU, sind die Europäerinnen und Europäer mehr an dieser Parlamentswahl interessiert als an den vorherigen Wahlen im Jahr 2019 und sogar im Herbst 2023.

In der im Frühjahr durchgeführten Umfrage gaben 60 Prozent der Befragten an, dass sie sich für die Europawahl 2024 interessieren würden. 71 Prozent würden wahrscheinlich wählen, sollte die Wahl innerhalb einer Woche stattfinden, so Eurobarometer.

Die Europawahlen sind die größten transnationalen Wahlen der Welt. Die Wahltage gehen von Donnerstag bis Sonntag. Jedes Land entscheidet selbst, wann und wie es die Wahl organisiert, aber einige gemeinsame Regeln gelten in allen EU-Ländern.

Politisches Spektrum

Das derzeitige EU-Parlament, das 2019 gewählt wurde, besteht aus 705 Mitgliedern. Aufgrund der demografischen Veränderungen in den EU-Ländern wird das neu zu wählende Parlament jedoch 720 Sitze haben.

„Nach den Wahlen erhalten Frankreich, Spanien und die Niederlande jeweils zwei zusätzliche Sitze. Österreich, Dänemark, Belgien, Polen, Finnland, die Slowakei, Irland, Slowenien und Lettland erhalten jeweils einen zusätzlichen Sitz“, teilte das EU-Parlament in einer Erklärung mit.

Die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) sind nach ihrer politischen Zugehörigkeit und nicht nach ihrer Staatsangehörigkeit geordnet, heißt es auf der Website des Parlaments.

Die EU verlangt, dass sich mindestens 23 Abgeordnete, die mindestens ein Viertel der EU-Länder vertreten, zu einer Fraktion zusammenschließen. Es gibt auch unabhängige Abgeordnete, die sich keiner Fraktion angeschlossen haben.

Abgeordnete, die einer Fraktion angehören, können laut Parlament nicht gezwungen werden, auf eine bestimmte Weise abzustimmen.

EU-Präsidentschaft

Der Präsident der Europäischen Kommission, der Exekutive der EU, wird aus den Spitzenkandidaten ausgewählt, die von jeder der sieben Fraktionen im Europäischen Parlament nominiert werden.

Nach den Wahlen nominieren alle 27 EU-Mitgliedstaaten einen Kandidaten, dessen europäische politische Partei bei den Wahlen die meisten Sitze erhält. Das Parlament muss diesen Kandidaten dann mit einer absoluten Mehrheit bestätigen. Erhält der Kandidat nicht genügend Stimmen, müssen die Länder einen anderen Kandidaten benennen.

Die EKR und die ID-Parteien haben beschlossen, ihre Spitzenkandidaten für die Präsidentschaft der Kommission nicht zu nominieren. Die EKR erklärte in einer Stellungnahme: Die Reformisten hätten das System der Spitzenkandidaten nie befürwortet und dass das System „nie geeignet war“.

Ursula von der Leyen, die amtierende Präsidentin der EU-Kommission, gehört der EVP an, die über die meisten Sitze im Parlament verfügt. Sie wurde auch von der EVP als Spitzenkandidatin für eine zweite Amtszeit nominiert. Ihre Kandidatur wird allerdings nur dann in Betracht gezogen, wenn die EVP erneut die meisten Sitze gewinnt.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „What to Expect in European Parliamentary Elections“. (deutsche Bearbeitung zk)

 



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