Wahlen in Ungarn: Orbán oder Europa?
Wähler in Ungarn stehen vor der Frage: Wollen sie Viktor Orbán oder Europa? Zumindest hat die Opposition dies auf ihre Fahne geschrieben und tut alles, um dem Westen näherzukommen. Auch rufen sie zu den Waffen und wollen Soldaten in die Ukraine schicken. Doch die ungarischen Wähler wollen keine Experimente in der Krise, meint der Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft – Orbán steht trotz seiner pro-russischen Haltung gut in den Umfragen.
Seit 2010 versucht die Opposition in Ungarn Viktor Orbáns Partei Fidesz zu besiegen. Nun treten sie alle gemeinsam gegen Orbán an und kommen in den Umfragen der regierenden Partei gefährlich nahe. Die Fidesz steht nach einer Hochrechnung von „Politico“ bei 50 Prozent, die Oppositionsallianz bei 43 – das hat in den letzten zwölf Jahren keine Partei alleine geschafft.
Opposition will Orbán stürzen: „Orbán oder Europa?“
Doch wer sind die Herausforderer von Orbán? Die Oppositionsallianz, Egységben Magyarországért (Deutsch: Vereint für Ungarn), besteht aus allen Spektren der politischen Farbkulisse von tiefrot (MSZP, Sozialistische Partei Ungarns) und grün (LMP, Grüne Partei Ungarns) bis hin zu radikal rot-weiß-grün (Jobbik, Rechte Jugendgemeinschaft).
Ihr einziges Ziel scheint der Sturz von Orbán zu sein. Für die Allianz essenziell: „Orbán oder Europa? Mit Orbán wird Ungarn Europa und damit das 21. Jahrhundert verlieren“, schreiben sie in ihrem Programm.
Sie wollen die Rechtsstaatlichkeit wieder herstellen und die „Verbrechen der letzten zwölf Jahre“ aufklären. „Wir wollen eine gerechte Gesellschaft, ein europäisches Leben, ein gemeinsames Heimatland.“
Orbáns Regierung hat die Steuerlast von Familien und jungen Leuten gesenkt, die Rente erhöht und den Mindestlohn um 20 Prozent angehoben – diese sollen beibehalten werden und „noch gerechter“ gehandhabt werden. „Wir werden das System der Familienförderung beibehalten und gerechter gestalten“, sieht das Programm vor. Die Familienbeihilfe soll verdoppelt und nachhaltig gestaltet werden.
Das politische Programm ist ehrgeizig und soll letztlich die Verhältnisse umkehren, die unter Orbán Einzug gehalten hatten, schreibt die „SZ“. Systemische Korruption soll verhindert, Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz wiederhergestellt werden.
Auch in der deutschen Berichterstattung wird das Bild des angeblich „bösen Rechtspopulisten“ Orbán gepflegt, sagt Dr. Gerhard Papke, Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft.
Dass Ungarn seit Jahren zu den wachstumsstärksten Volkswirtschaften in Europa gehört, spiele dabei keine Rolle, äußerte Papke in einem Interview mit der Epoch Times. „Viele Wähler erinnern sich noch genau der sozialistischen Vorgängerregierung bis 2010, die Ungarn praktisch in den Staatsbankrott führte. Die Folge waren Massenarbeitslosigkeit und die Verarmung weiter Bevölkerungsteile. Heute gibt es in Ungarn nahezu Vollbeschäftigung“, so Papke.
Orbán ist „Hauptgegner des Brüsseler Zentralismus“
Heute wird Orbán von der „politischen Linke[n] als Hauptgegner des Brüsseler Zentralismus bekämpft“, deshalb wird andererseits „das Wahlbündnis der ungarischen Oppositionsparteien auch gerne als Chance zur Erneuerung der ungarischen Demokratie verkauft“, meint Papke.
Dabei blende man komplett aus, dass zu diesem Bündnis auch die rechtsradikale Partei „Jobbik“ gehört. Sie soll sich seit einiger Zeit gemäßigt haben, aber, wie Papke warnt, „nach wie vor üble Antisemiten in ihrer Führungsriege“ haben.
Die aus sechs Parteien bestehende Allianz tritt mit einer gemeinsamen Liste an und wird pro Wahlkreis nur einen Kandidaten aufstellen. Für das Amt des Premierministers wurde Péter Márki-Zay in einer Vorwahl in der zweiten Runde ausgewählt.
Márki-Zay steht nun vor der Herausforderung, den Oppositionsblock aus sechs Parteien zusammenzuhalten. Vor Kurzem hat er in einem Interview offengelassen, ob er nach der Wahl eine neue Partei gründen würde. „Ich kündige jetzt keine Neugründung einer Partei an. Im Moment arbeite ich daran, dass das Bündnis Viktor Orbán besiegt. Danach haben wir genug Zeit, eine neue Partei zu gründen“, sagte er.
Auf die Frage, ob so ein Mega-Bündnis aus sechs Parteien überhaupt fähig ist, zu regieren, antwortet der ehemalige Landtagsvizepräsident von Nordrhein-Westfalen Papke, dass sich viele ungarische Wähler genau diese Frage stellen. Die Oppositionsparteien würden nur mit ihren eigenen Forderungen unterwegs sein und kein gemeinsames Wahlprogramm haben.
Orbán: „Im russisch-ukrainischen Krieg steht Ungarn auf der Seite Ungarns“
Bei der Ukraine-Krise habe Viktor Orbán aus Sicht der Ungarn auch genau die richtige Linie verfolgt, schreibt Papke. „Ein eindeutiges Bekenntnis zum westlichen Bündnis, doch gleichzeitig ein klares Nein zu allen Versuchen, Ungarn oder die NATO insgesamt in den Ukraine-Krieg hineinzuziehen.“
Die Ungarn würden die Sanktionen gegen Russland mittragen, seien aber strikt gegen „ein umfassendes Energie-Embargo, wie es in Deutschland diskutiert wird“, so der Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft.
Dies würde auch zu den guten Werten in den Umfragen beitragen, „weil die Wähler sich im Zweifel lieber an die Führung halten, die sie kennen, als sich auf Experimente einzulassen“.
Orbán hat wiederholt betont, dass „Ungarn auf der Seite Ungarns steht“. Das Land hilft den Bedürftigen, „will aber seine eigenen nationalen Interessen durchsetzen und verteidigen“, sagte der Premier beim Staatsradio „Kossuth“.
Zur möglichen Schließung des Luftraums erklärte Orbán, dass dies zwar ein netter Ausdruck sei, aber in Wirklichkeit einen Luftraumkrieg bedeute. Diejenigen, die eine Schließung des Luftraums wollen, würden in Wirklichkeit sagen, dass Ungarn am Krieg teilnehmen sollte.
Er stellte auch klar, dass es für Ungarn beim möglichen Energie-Embargo nicht darum gehe, ob man ein bisschen mehr für Gas oder Öl bezahlt, „sondern darum, ob es überhaupt kommt oder nicht“. Die Frage, die Ungarn dabei berücksichtigen muss, ist, ob die Wirtschaft zum Stillstand kommt oder nicht. Er warnt: „Würden wir der Forderung der Ukrainer nachkommen, würde dies bedeuten, dass ungarische Fabriken schließen müssten und die Arbeitslosigkeit steigen würde.“
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