Wahl in Polen: Es wird ein knappes Rennen erwartet
In Polen hat die Parlamentswahl begonnen. Gut 29 Millionen Wahlberechtigte sind an diesem Sonntag dazu aufgerufen, über die Verteilung der 460 Abgeordnetenmandate im Sejm sowie über die 100 Sitze im Senat, der weniger bedeutenden zweiten Kammer des Parlaments, abzustimmen. Erste Nachwahlbefragungen werden nach Schließung der Wahllokale um 21:00 Uhr erwartet.
Die Regierungspartei PiS führte in den Umfragen zuletzt mit 32 bis 34 Prozent, die oppositionelle Bürgerplattform des pro-europäischen Ex-Regierungschefs Donald Tusk lag knapp dahinter.
Den Umfragen zufolge wären sowohl die PiS als auch die Bürgerplattform bei einem Wahlsieg auf Koalitionspartner angewiesen. Für die PiS wäre ein Bündnis mit der Konförderationspartei denkbar, die aber ein Ende der Ukraine-Hilfen fordert. Somit steht für die Ukraine viel auf dem Spiel, bislang war Warschau einer der wichtigsten Verbündeten bei ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg.
Zudem führt die PiS-Regierung seit Jahren einen Machtkampf mit Brüssel vor allem wegen ihrer Justizreform, die von Kritikern als Angriff auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verurteilt wird. Die Wahl entscheidet somit auch darüber, ob der Konfrontationskurs gegen Brüssel weitergeht oder nicht.
Umfragen sehen PiS knapp vor Tusks KO
Die wichtigste politische Trennlinie verläuft zwischen der seit 2015 regierenden nationalkonservativen PiS und der liberalen und linken Opposition, deren größte Partei die liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) ist.
Laut Umfragen dürfte die Partei Prawo i Sprawiedliwosc (PiS, deutsch „Recht und Gerechtigkeit“) zwar stärkste Kraft bleiben, die absolute Mehrheit von 231 der 460 Abgeordnetenmandate aber verfehlen. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wäre dann zur Bildung einer Regierung auf die rechte Konfederacja angewiesen.
Zwar lehnte die Konfederacja im Wahlkampf eine Koalition mit der PiS ab. Viele Polen betrachten dies aber als taktischen Schritt und nehmen an, dass sich Abgeordnete der Konfederacja mit Regierungsposten ins Lager der PiS locken lassen – oder dass die Ultrarechten am Ende eine Minderheitsregierung der PiS tolerieren werden.
Ein Machtwechsel ist nicht ausgeschlossen. Den Umfragen zufolge liegt die liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) des früheren Regierungschefs Donald Tusk an zweiter Stelle dicht hinter der PiS.
Sie könnte im Falle eines Wahlsiegs mit dem Linksbündnis Lewica und dem christlich-konservativen Dritten Weg eine Koalition bilden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Dritte Weg, der aus einem Zusammenschluss zweier Parteien besteht, die für solche Wahlbündnisse gültige Acht-Prozent-Hürde nimmt und ins Parlament einzieht. In Umfragen liegt die Formation bei gut zehn Prozent.
Referendum zur Aufnahme von Flüchtlingen
Parallel zur Parlamentswahl stimmen die Polen in einem Referendum über vier Fragen ab. Eine davon befasst sich mit dem EU-Asylkompromiss. Dieser sieht vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen. Die PiS-Regierung lehnt das ab.
Die konkrete Frage beim polnischen Referendum wird lauten: „Unterstützen Sie die Aufnahme von Tausenden illegalen Einwanderern aus dem Nahen Osten und Afrika nach dem von der europäischen Bürokratie auferlegten Mechanismus der verpflichtenden Aufnahme?“
Der Ausgang der Volksabstimmung hat keinen Einfluss auf den Entscheidungsprozess. Die anderen Fragen befassen sich mit der Privatisierung staatlicher Unternehmen, dem Renteneintrittsalter und der Barriere an Polens Grenze zu Belarus.
Erste Prognosen werden nach Schließung der Wahllokale um 21 Uhr erwartet. Hochrechnungen sind in Polen nicht üblich. Die Wahlkommission rechnet damit, dass das offizielle Endergebnis am Dienstag vorliegt. (dpa/red)
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