Waffenruhe im Gazastreifen? Die Hamas hat sich noch nicht entschieden
Die radikalislamische Hamas steht dem jüngsten Vorschlag über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln nach Angaben eines hochrangigen Vertreters ablehnend gegenüber.
Die Position zu dem Vorschlag sei derzeit „negativ“, es seien jedoch noch Gespräche im Gange, sagte der Hamas-Funktionär Osama Hamdan der Nachrichtenagentur AFP in der Nacht zum Donnerstag. Saher Dschabarin, Mitglied des Hamas-Verhandlungsteams, deutete an, dass noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden sei. Vielmehr gebe es „ein Hin und Her“. In den kommenden Stunden könnte es eine Antwort geben, so die „Times of Israel“.
Israel droht mit Bodenoffensive in Rafah
US-Außenminister Antony Blinken hatte die Hamas zuletzt gedrängt, dem Vorschlag zuzustimmen. „Es ist die Hamas, die den Weg zur Feuerpause blockiert“, sagte Blinken nach Angaben seines Außenamtssprechers Matthew Miller am Mittwoch in Israel.
Blinken sprach von einem „sehr starken Vorschlag“, der auf dem Tisch liege. Die Hamas müsse dem „zustimmen und die Sache zu Ende bringen“.
Die israelische Regierung hat einen raschen Beginn der umstrittenen Offensive in Rafah an der Grenze zu Ägypten angekündigt, sollte es nicht zur Einigung kommen. In der Stadt haben Hunderttausende Zivilisten Schutz gesucht. Blinken sagte in Tel Aviv: „Wir sind entschlossen, eine Waffenruhe zu erzielen, die die Geiseln nach Hause bringt, und zwar jetzt. Und der einzige Grund, warum dies nicht erzielt werden könnte, ist wegen der Hamas.“
Es liege ein Vorschlag auf dem Tisch. „Und wie wir gesagt haben, keine Verzögerungen, keine Ausreden.“ Dem Sender „Channel 12“ zufolge zögert der Hamas-Anführer in Gaza, Al-Sinwar.
Laut Jihia al-Sinwar enthält der Vorschlag eine Reihe von Fallstricken. So gebe es keine Garantie dafür, dass der Krieg beendet wird. Und es handele sich nicht um ein Angebot der ägyptischen Vermittler, sondern um ein israelisches „in amerikanischem Gewand“. Äußerungen von Hamas-Führern im Exil sollten nicht als offizielle Positionen der Hamas betrachtet werden, sagte ein Vertrauter Al-Sinwars dem israelischen TV-Sender.
Al-Sinwar gilt als einer der Architekten des Massakers
Israel vermutet, dass sich Al-Sinwar im Tunnelnetzwerk der Hamas unter dem Gazastreifen aufhält und sich zu seinem eigenen Schutz mit Geiseln umgeben hat. Das unterirdische System stellt in dem seit rund sieben Monaten andauernden Gaza-Krieg eine enorme Herausforderung für Israels Armee dar.
„Die Idee, dass wir den Krieg stoppen, bevor alle seine Ziele erreicht sind, kommt nicht infrage“, sagte Regierungschef Netanjahu.
Er steht unter Druck seiner Koalitionspartner, die jüngst mit einem Ende der Regierung gedroht hatten, sollte der jetzt vorgeschlagene Geisel-Deal umgesetzt und der geplante Einsatz in Rafah abgeblasen werden. Netanjahus politisches Überleben hängt von ihnen ab.
Israel betrachtet Al-Sinwar als einen der Architekten des Massakers vom 7. Oktober vergangenen Jahres im israelischen Grenzgebiet. Es war der Auslöser des Krieges. Israel will nun in Rafah die letzten dort verbliebenen Bataillone der Hamas zerschlagen.
Vorschlag in zwei Stufen
Der Vorschlag sieht nach Angaben des britischen Außenministers David Cameron eine 40-tägige Feuerpause vor sowie die Freilassung von „möglicherweise tausenden palästinensischen Häftlingen“ im Gegenzug für die Freilassung der verbleibenden Geiseln aus Israel.
Wie das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf ägyptische Beamte berichtete, sieht der Vorschlag für ein Abkommen – an dessen Ausarbeitung Israel beteiligt gewesen sei, dem es aber noch zustimmen müsse – zwei Stufen vor.
Die erste Stufe würde demnach die Freilassung von mindestens 20 Geiseln innerhalb einer Feuerpause von drei Wochen im Austausch gegen eine nicht näher bezeichnete Anzahl palästinensischer Häftlinge beinhalten. Die Dauer der Feuerpause könne für jede weitere Geisel um einen Tag verlängert werden, hieß es.
Eine zweite Stufe würde eine zehnwöchige Waffenruhe umfassen, in der sich die Hamas und Israel auf eine umfangreichere Freilassung von Geiseln und eine längere Kampfpause einigen könnten, die bis zu einem Jahr dauern könnte.
Kolumbien bricht wegen Gaza-Krieg Beziehungen zu Israel ab
Unterdessen kündigte Kolumbiens Präsident Gustavo Petro einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel an. Israel habe eine „völkermörderische“ Regierung, sagte Petro zur Begründung bei einer Kundgebung zum Tag der Arbeit in Bogotá.
„Wenn Palästina stirbt, stirbt die Menschheit, und wir werden sie nicht sterben lassen“, sagte der Linkspolitiker vor Tausenden Menschen in Kolumbiens Hauptstadt. Der Abbruch der Beziehungen gelte von heute an.
Der israelische Außenminister Israel Katz bezeichnete Petro in einer Erklärung als „antisemitisch und hasserfüllt“. Er habe beschlossen, „sich auf die Seite der verabscheuungswürdigsten Monster der Menschheit zu stellen, die Babys verbrannten, Kinder ermordeten, Frauen vergewaltigten und unschuldige Zivilisten entführten“, schrieb Katz auf der Plattform X, vormals Twitter, auf Hebräisch und Spanisch.
Der Präsident werde nichts daran ändern, dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern immer herzlich gewesen seien. Petro hatte in den vergangenen Monaten Israel mehrmals scharf kritisiert und mit einem Abbruch der Beziehungen gedroht. (afp/dpa/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion