Wachsende Nervosität vor Parlamentsabstimmung über Brexit-Vertrag
Vor der historischen Abstimmung des britischen Parlaments über das Brexit-Abkommen wächst innerhalb der Regierung die Nervosität: Premierministerin Theresa May warnte am Sonntag, eine Ablehnung des Vertrags wäre ein „Bruch des Vertrauens in unsere Demokratie“. Wirtschaftsminister Greg Clark warnte vor den „verheerenden“ Konsequenzen auch für künftige Generationen, sollte der mit der EU ausgehandelte Vertrag im Parlament durchfallen.
May erinnerte in einem Beitrag für den „Sunday Express“ daran, dass beim Referendum im Juni 2016 eine Mehrheit der Briten für den Austritt aus der EU gestimmt hatte. Das mühsam mit Brüssel ausgehandelte Abkommen abzulehnen, das einen geordneten Austritt ermögliche, würde das Vertrauen der Briten in die demokratischen Institutionen auf „katastrophale und nicht zu entschuldigende“ Weise erschüttern.
„Deshalb ist meine Botschaft an das Parlament an diesem Wochenende einfach: Es ist Zeit, die Spielchen zu beenden und das zu tun, was richtig für unser Land ist“, schrieb May. Ähnlich hatte sich bereits zuvor Clark geäußert. „Ich hoffe, dass die Abgeordneten in den kommenden Tagen aufhören, das Geschehen vom Spielfeldrand aus zu kritisieren und stattdessen Verantwortung für die Zukunft des Landes übernehmen“, sagte er der Zeitung, „Welt“.
Das britische Parlament stimmt am Dienstag über das Austrittsabkommen mit der EU ab. Eine Ablehnung gilt als sehr wahrscheinlich. May warnte, in dem Fall drohe Ende März ein ungeregelter EU-Austritt mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft – oder aber kein Brexit.
Nach Informationen der „Sunday Times“ plant eine Gruppe von Rebellen in Mays konservativer Partei und bei Labour bereits, die Parlamentsregeln für den Fall einer Abstimmungsniederlage so zu verändern, dass ihre eigenen Anträge Vorrang vor den Plänen der Regierung bekämen. Der Regierung drohe damit der Verlust ihrer Regierungsfähigkeit, schreibt das Blatt.
Das Parlament hatte May bereits in der vergangenen Woche zwei empfindliche Niederlagen bereitet. Unter anderem verpflichtete es die Premierministerin, im Falle einer Ablehnung des Vertrages binnen drei Sitzungstagen Alternativen vorzulegen.
Laut einem Bericht der Zeitung „The Observer“ will Labour im Fall einer Ablehnung des Austrittsvertrags umgehend ein Misstrauensvotum gegen May beantragen. Noch am Mittwoch könne die Abstimmung darüber erfolgen, meldete das Blatt unter Berufung auf Labour-Abgeordnete.
Sollte May bei einem Misstrauensvotum durchfallen, hätte das Unterhaus 14 Tage Zeit, eine neue Regierungsmehrheit zustande zu bringen. Andernfalls gibt es Neuwahlen. Sollte Labour die Wahl gewinnen, werde der für den 29. März geplante Brexit wegen neuer Verhandlungen mit Brüssel wahrscheinlich verschoben, sagte Corbyn dem BBC-Fernsehen.
Um den Vertrag doch noch durch das Parlament zu bekommen, bemüht sich May um „Zusicherungen“ in letzter Minute aus Brüssel – vor allem in der umstrittenen Auffanglösung für Nordirland. Der sogenannte Backstop soll eine harte Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland vermeiden, falls nach einer 21-monatigen Übergangsfrist immer noch keine Lösung gefunden ist. In dem Fall würde Nordirland auf einigen Gebieten enger mit der EU verbunden bleiben als das restliche Großbritannien. Die Regelung ist in Großbritannien sehr umstritten.
Ein britischer Regierungssprecher versicherte vergangene Woche, die Zusicherungen zur zeitlichen Befristung des Backstop würden „kurz vor der Abstimmung“ eingehen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bekräftigte jedoch, dass es sich dabei allenfalls um „Klarstellungen“ handeln könnte. Nachverhandlungen des Abkommens schloss er erneut aus.
(afp)
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